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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Ceely meint. Schließlich hat er einem betrogenen Ehemann als außergerichtlichen Vergleich einen Schuldschein angeboten.
Oder behauptet er jetzt, ich sei nicht mit Annemarie verheiratet und hätte ihn unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erpresst? Wenn ich Annemarie meine Frau nenne, dann ist sie das nach herkömmlichem Recht auch, sofern ich nicht schon eine Frau habe, und das habe ich nicht. So viel verstehe ich immerhin vom Recht.«
    »Leider wissen wir nicht, was er unter Eid ausgesagt hat«, sagte Dick gequält.
    »Als Erstes müssen wir Annemarie Latour finden. Sie kann meine Version vor Gericht bestätigen.«
    »Du darfst nicht in eigener Sache aussagen, Richard«, sagte Vetter James leise. »Der Angeklagte hat zu schweigen. Er darf zu seiner Verteidigung lediglich Leumundszeugen beibringen und sich einen Anwalt nehmen, der die Zeugen der Anklage ins Kreuzverhör nimmt - wenn er sich einen leisten kann. Sein Anwalt kann ihn weder zur Sache befragen noch neue Beweise vorlegen. Und was die Frau betrifft - sie ist verschwunden. Eigentlich sollte sie als Mitangeklagte im Frauentrakt von Newgate sitzen, aber dort ist sie nicht. Ihre Zimmer in Clifton wurden geräumt, und niemand scheint zu wissen, wohin sie verschwunden ist.«
    »Was ist das für ein seltsames Land«, sagte Richard. »Wir lernen die Gesetze, die hier herrschen, erst kennen, wenn wir von ihnen betroffen sind. Darf mein Anwalt den Geschworenen wenigstens eine eidliche Aussage vorlesen?«
    »Nein. Du darfst nur reden, wenn der Richter dir eine Frage stellt, und dann darfst du nur die Frage beantworten.«
    »Können wir Annemarie nicht über Mrs Barton ausfindig machen?«
    »Es gibt gar keine Mrs Barton.«
    Willy schluchzte laut auf.
    »Nicht doch, Willy«, sagte Richard leise. »Bitte.«
    »Das ist ja furchtbar!«, rief Dick.
    »Wir wissen also nicht, wie Ceely gerichtlich gegen mich vorgehen will, wer seine Zeugen sind und was sie aussagen werden«, fasste Richard ruhig zusammen. »Und der Prozess findet in Gloucester statt, vierzig Meilen von hier.«

    »So sieht es aus«, sagte Vetter James.
    Richard saß eine Weile schweigend da und kaute auf seiner Lippe. Er wirkte eher nachdenklich als beunruhigt. Dann zuckte er die Achseln. »Das ist alles noch weit weg«, sagte er. »Bis dahin habe ich ein paar dringende Bedürfnisse. Ich brauche Lappen, um meine Fußfesseln zu polstern, Lappen, um mich zu waschen, und Lappen, um mir den Hintern abzuwischen.« Er machte eine Grimasse. »Letztere werde ich unter dem Wasserrohr waschen und notfalls feucht benutzen. Unsere bedauernswerten Mithäftlinge haben zwar kaum noch die Kraft zum Stehlen, doch wenn ich die Lappen zum Trocknen aufhänge, sind sie wahrscheinlich bald verschwunden. Ich werde einen der Wärter bezahlen müssen, damit er mir die Haare abschneidet. Ich brauche Seife, alle paar Tage etwas Wäsche zum Wechseln - Hemden, Strümpfe, Unterhosen - und saubere Lappen, jede Menge saubere Lappen. Und Geld für Dünnbier. Ich wette, das Wasser da drüben kommt aus der Leitung von Pugsley’s Well und ist ungenießbar. Hier sind so viele krank.« Er holte tief Luft. »Ich weiß, dass ich euch Geld koste, aber ich schwöre euch, sobald ich frei bin, fange ich an, es euch zurückzuzahlen.«
    Vetter James öffnete die Holzkiste. »Ich habe bereits an Lappen gedacht«, sagte er und kramte sie hervor. »Pass auf die Kiste auf, so gut es geht. Setz dich drauf oder mach’s wie Dick und binde sie an deinem großen Zeh fest. Der Wärter hat sie natürlich gründlich durchsucht, bevor er mich hereinließ.« Er kicherte. »Keine Feilen oder Metallsägen, das war seine einzige Sorge. Ich finde es zwar befremdlich, aber ein Rasiermesser und eine Schere darfst du haben. Offenbar kümmert es die Wärter nicht, ob ihr euch die Kehlen durchschneidet. Außerdem ein Streichriemen und ein Wetzstein.« Er nahm die Schere heraus und reichte sie Dick. »Fang an zu schneiden, Vetter.«
    »Ich soll Richard die Haare abschneiden?«, rief Dick entsetzt. »Das kann ich nicht.«
    »Du musst. An Orten wie diesem wimmelt es von Ungeziefer aller Art. Kurze Haare bieten zwar keinen völligen Schutz, aber sie dämmen die Plage zumindest ein. Ich habe auch einen Kamm mit
ganz feinen Zähnen mitgebracht, Richard. Schneide auch deine Körperhaare oder zupfe sie aus.«
    »Ich habe nur sehr wenige, deshalb wird Schneiden genügen.« Vetter James durchsuchte die Kiste weiter. Er packte einen schweren, sperrigen Gegenstand und zog ihn mühsam

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