Insel der Versuchung
Wachen gezählt. Ryder, Sie werden sich um die Wachen kümmern und die Tore entriegeln, ehe Sie für die Ablenkung sorgen.“
Ryder grinste. „Sieht so aus, als wäre ich ein viel beschäftigter Mann.“
„Erhalte ich etwa keine Gelegenheit, den Helden zu spielen?“ beschwerte sich Thorne.
Allgemeines Gelächter erklang, denn Thornes Abenteuerlust war allseits bekannt.
Hawk lächelte kurz, wurde aber sofort wieder ernst. „Es wird genug Gelegenheit für Heldentaten geben, Thorne, denn du wirst heimlich, still und leise das Lager abgebrochen haben und direkt vor den Toren mit einem halben Dutzend Männern und einem Pferd für Ryder warten. Leighton und Caro sollten zu diesem Zeitpunkt schon mit Isabella dort sein. Da du gut bewaffnet bist, wirst du dafür verantwortlich sein, ihre Flucht zu decken und zurückzuschießen, falls es nötig ist.“
„Es wird mir ein Vergnügen sein.“ Caro sah, wie Thornes Augen begeistert funkelten.
„Aber nur, wenn es wirklich unumgänglich ist“, ermahnte Hawk ihn. „Sir Gawain will nicht, dass wir Saful oder seine Leute umbringen, es sei denn, wir haben keine andere Wahl. Schießen ist nur das letzte Mittel.“
„Natürlich.“
„Dann reiten alle zum Nordpass“, fuhr Hawk fort. „Ich werde mit frischen Pferden auf der anderen Seite warten. Für den Fall, dass man euch folgt, werde ich eine Ladung Schießpulver dahaben, um im Notfall einen Erdrutsch auszulösen und den Pass zu versperren.“
Ryder nickte langsam. Offenbar war er zufrieden.
„Gibt es noch weitere Fragen?“ erkundigte sich Max. „Irgendwelche Verbesserungsvorschläge? Meinungen zur genauen Zeitabstimmung und der Abfolge der Ereignisse?“
Eine Weile herrschte nachdenkliches Schweigen, während alle den Plan im Geiste durchgingen und auf Schwachstellen prüften.
Als sie Max’ Blick spürte, schaute Caro von der Karte vor sich auf und sah ihn an.
Er betrachtete sie stirnrunzelnd.
Sie fragte sich, was er wohl denken mochte, aber der Ausdruck seiner blauen Augen war unergründlich.
Trotzdem hatte sie das starke Gefühl, dass ihm der Plan nicht so sehr gefiel, obwohl er ihn zum großen Teil selbst entworfen hatte.
... donnernde Explosionen ... der Schrei eines Pferdes ... grässliche Schmerzen ... unfähig, aufzustehen ...
Vorne Caro, die ihr Pferd herumreißt ...zu ihm kommt...
Ihre Hand, ihm entgegengestreckt... eine Gewehrsalve ... ihr Kopf... ihr Gesicht... das Blut...
Caro, die zu Boden sinkt...
Lieber Gott, nein ... bitte, nein ...
Max erwachte keuchend und mit klopfendem Herzen.
Verwirrt schaute er sich um, während er die entsetzlich vertraute Panik spürte.
In dem dunklen Zelt war alles still, bis auf das ruhige Atmen von einem halben Dutzend schlafender Männer. Allesamt Wächter. Kein Anzeichen von Caro, denn sie war im Frauenzelt ...
Er legte sich zurück, zitterte immer noch unter dem Eindruck des Albtraums.
Sein Traum war anders gewesen, denn an Stelle von Philip war es diesmal Caro, die umgekehrt war, um ihn zu retten. Caro, die vor seinen Augen starb.
Er hatte sie sterben sehen, als sie ihr Leben für seines opferte.
Lieber Gott, nein...
Sie brachen im Morgengrauen des nächsten Tages das Lager ab, um die kühlste Zeit des Tages zum Reiten zu nutzen, aber nach nur wenigen Stunden brannte die grelle Sonne schon wieder auf sie herab. Gegen Mittag erstreckte sich eine öde Fläche gelblich grauer Wüste vor ihnen, die unter einem azurblauen Himmel brütete.
Caro wusste, dass dies nur die Ausläufer der Sahara waren, und der Sommer war lange vorüber, doch die grausame Hitze war nahezu unerträglich. Sie war froh über die Schleier, die ihr Gesicht gegen die gnadenlose Sonne und den aufgewirbelten Sand schützten.
Das wasserlose Gelände, nur ab und zu von einem struppigen Domgebüsch durchbrochen, schien erbärmlich und bar jeden Lebens - bis Caros Pferd einer Schlange zu nahe kam, die sich halb im Sand vergraben hatte.
Erschreckt scheute ihre Stute mit einem schrillen Wiehern, ehe sie herumwirbelte und dabei ihre Reiterin abwarf. Caro landete auf dem Boden und war einen Moment benommen von dem harten Aufprall.
Die Schlange war nicht groß, aber nur einen knappen Fuß von ihr entfernt und starrte sie aus glänzenden schwarzen Augen an, während sie sich bereit machte, zuzustoßen.
Vor Furcht konnte Caro sich nicht vom Fleck rühren, selbst als sie das Donnern von Hufen hörte und die Erde unter ihr zu beben schien. Die Hufe tauchten in ihrem Gesichtsfeld auf, im
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