Insel der Versuchung
Risiko gehen wir ein? Man gelangt oft an einen Punkt bei einer Aktion, an dem die Kosten als zu hoch angesehen werden müssen.“
„Es könnte uns tatsächlich in diesem Fall teuer zu stehen kommen“, pflichtete Ryder ihm stirnrunzelnd bei. „Dorthin zu gelangen, ist die eine Schwierigkeit. Isabella sicher wieder herauszubringen, dann über die kargen, unwirtlichen Berge und Hunderte Meilen durch ausgedörrte Wüste, ist die andere. Besonders, da ich daran zweifle, dass der Berber sie ohne Gegenwehr aufgeben wird. Es ist gut möglich, dass wir uns den Weg aus der Festung und zur Küste freikämpfen müssen.“
Max runzelte ebenfalls die Stirn, als er sich Caro in einen Zweikampf verwickelt vorstellte.
„Du hast doch nicht wirklich vor, dich an dieser Aktion zu beteiligen?“ fragte er sie. „Es gibt keinen Grund, dass du dein Leben in einer zweifellos gefährlichen Unternehmung aufs Spiel setzt.“
Ohne Vorwarnung hob Caro ihren Degen und schlug mit der Klinge zischend durch die Luft, ehe sie die stumpfe Spitze Max an die Kehle drückte.
„Mein Leben gehört mir“, entgegnete sie scharf, „und für niemanden außer Isabella würde ich es lieber riskieren.“
Die beiden anderen Männer verstummten verblüfft, und Max erstarrte. Er glaubte nicht, dass er sich in Gefahr befand, aber er konnte die Wut und die Verbitterung in ihren Augen sehen.
„Caro, meine Liebe“, murmelte Sir Gawain. „Ich bin sicher, Mr. Leighton weiß nicht um Ihre Fertigkeiten, noch ist ihm bewusst, wie tief Ihre Freundschaft zu Lady Isabella ist. Sie müssen ihm dafür nicht den Kopf abreißen.“
Sie knirschte mit den Zähnen und stieß eine knappe Entschuldigung hervor, ehe sie den Degen auf den Tisch warf. „Es sollte besser kein Zweifel daran bestehen, dass ich mit an die Barbarenküste komme. Wenn endlich die Entscheidung gefallen sein wird, unser weiteres Vorgehen zu planen, dann lassen Sie es mich bitte wissen.“
Sie drehte sich auf dem Absatz herum und marschierte aus dem Zimmer.
Ryder räusperte sich umständlich und brach damit die Spannung. Belustigt schaute er Max an. „Es wäre unklug, Caras Fähigkeiten zu unterschätzen, bloß weil sie eine Frau ist, mein Freund. Oder sie offen herauszufordern, selbst wenn es aus Sorge um ihre Sicherheit geschieht. Sie werden schon noch merken, dass sie es hasst, in Watte gepackt zu werden.“
Max’ trockenes Lächeln war selbstironisch. „Das kann ich sehen. Wenn Sie mich bitte entschuldigen, meine Herren, ich denke, ich sollte meinen Fehler besser wieder gutmachen.“
Doch als er in den Ställen ankam, war Caro bereits aufgesessen. Als sie an ihm vorbei und durch die Burgtore galoppierte, stieg Max auf seinen Hengst und ritt ihr nach.
Er blieb in Sichtweite hinter ihr, während sie sich nach Norden wandte, in Richtung der beiden Berggipfel der Insel. Schließlich verlangsamte sie ihr Tempo - aus Rücksicht auf ihr erschöpftes Pferd, wie Max annahm. Er folgte in diskretem Abstand, obwohl Caro vermutlich wusste, dass er ihr auf den Fersen war.
Nach beinahe zwanzig Minuten erlaubte sie ihm, zu ihr aufzuschließen. Max setzte an, etwas zu sagen, aber Caro schüttelte unversöhnlich den Kopf, weigerte sich, ihn auch nur anzusehen. Schweigend ritten sie mehrere Meilen an ordentlichen Feldern, silbergrauen Olivenhainen und gepflegten Weinbergen vorüber, ehe das Gelände steiler wurde und der Weg bergauf führte.
Nachdem sie, wie er schätzte, mehr als die Hälfte der Insellänge zurückgelegt hatten, wurde die Landschaft plötzlich wilder. Als Caro den Weg verließ und einen überwucherten Pfad einschlug, konnte Max Wacholder und Pinien riechen und das Geräusch fließenden Wassers aus einiger Entfernung hören.
Nach einer Weile kamen sie aus einem Wäldchen aus Steineichen und Pinien auf eine wunderschöne Lichtung. In der Mitte zwischen zwei bewaldeten Berghängen lag ein kleiner blauer See, der wie ein Saphir im Sonnenlicht schimmerte. Ein schmaler silberweißer Wasserfall ergoss sich von dem westlichen Berg in die blauen Tiefen, aus denen ein zarter Sprühnebel aufstieg, der sich über die Myrtebüsche und den wilden Oleander legte, die das Ufer säumten. In den schattigen Felsspalten wuchsen Orchideen, wetteiferten mit Famen und Alpenveilchen um die Vorherrschaft.
Diese ruhige Pracht überstieg alles, was Max bisher gesehen hatte.
Caro ließ ihr Pferd anhalten und schaute sich einen Augenblick lang bewundernd um, ehe sie absaß. „Komm, ich möchte dir etwas
Weitere Kostenlose Bücher