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Insel des Sturms

Insel des Sturms

Titel: Insel des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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Hündin oder sie?

     
    Sie fühlte sich ländlich-rustikal. Als sie, Blumen für das Grab einer Vorfahrin in den Händen, zusammen mit der gelben Kumpanin über die Hügel schlenderte, stellte sich Jude vor, der Gang wäre ein Teil ihrer allwöchentlichen Routine. Sie wäre eine irische Landbewohnerin mit ihrer treuen Hündin und erweise einer entfernten Cousine die ihr gebührende Ehre.
    Es wäre etwas, das sie sich tatsächlich zur Gewohnheit machen würde – nun, wenn sie tatsächlich einen Hund hätte und wirklich hier leben würde…
    Draußen an der frischen Luft zu sein hatte etwas Beruhigendes; zu beobachten, wie ihre Begleiterin durch die Gegend trottete und alles beschnupperte, in den blühenden Hecken, am kühnen Flug und Flöten eines Vogels all die Anzeichen von Frühlingserwachen zu entdecken.
    Die Klippen erhoben sich stumm und majestätisch über dem gleichmäßig rauschenden Meer.
    Sie näherte sich der kleinen Kapelle mit dem Spitzdach, als plötzlich die Sonne durch die Wolken brach und sich gülden über die Felsen und das Gras ergoss. Die drei steinernen Kreuze warfen ihre Schatten auf den tiefen Brunnen, der auch heute noch heiliges Wasser in sich barg.
    Pilger hatten sich an diesem Ort gewaschen, stand in ihrem Reiseführer. Und wie viele von ihnen hatten wohl heimlich etwas von dem Wasser für heidnische Götter auf die Erde gegossen und heimliche Wünsche gemurmelt.
    Weshalb auch sollte man ein Risiko eingehen, dachte sie mit einem zustimmenden Nicken. Bestimmt hätte sie selbst sich ebenfalls an sämtliche höheren Mächte gleichzeitig gewandt.
    Es war ein friedlicher, bewegender Ort, ein Abbild dessen, was Leben und Tod verband.
    Die Luft wirkte wärmer, trotz der frischen Brise beinahe wie im Sommer, und der süße, wilde Duft der Blumen breitete
sich über das Gras und die Verstorbenen. Jude hörte das Summen von Bienen und den klaren, melodischen Singsang verschiedener Vögel.
    Das Gras wuchs hoch und grün auf dem nicht ganz ebenen Grund. Eine Hand voll kleiner, rauer Steine markierte die alten, halb versunkenen Gräber ebenso wie die in ihrer Mitte befindliche einzige Ruhestätte aus jüngerer Zeit. Die alte Maude hatte unbedingt auf diesem Hügel begraben werden wollen, von dem aus man über das hübsche, kleine Ardmore, das leuchtend blaue Meer und die endlose wogende Kette grüner Hügel bis hinüber zu den im Dunst aufragenden Bergen sah.
    Auf einer Art steinernem Regal in der Ruine der Kapelle stand ein mit dunkelroten Blumen gefüllter Plastiktopf. Der Anblick dieses Straußes rührte Jude ans Herz.
    So oft vergaßen die Menschen diejenigen, die nicht mehr unter ihnen weilten. Hier jedoch erinnerte man sich und ehrte die Toten mit Blumengrüßen.
    ›Maude Alice Fitzgerald‹ stand auf dem schlichten Grabstein. ›Eine weise Frau‹ hatte man unter dem Namen und den Daten ihres langen, langen Lebens eingeritzt.
    Ein seltsamer Grabspruch, dachte Jude, als sie vor dem kleinen Hügel niederkniete. Es lag bereits ein winziger Strauß Veilchen dort, der gerade zu welken begann. Jude legte ihr Gebinde daneben und hockte sich auf die Fersen.
    »Ich bin Jude«, sagte sie leise. »Die Enkelin deiner Cousine Agnes. Die aus Amerika. Und wohne eine Zeit lang in deinem Cottage. Es ist wirklich allerliebst. Schade, dass wir uns nie begegnet sind – aber Oma hat oft von der Zeit gesprochen, in der ihr beiden zusammen in dem Cottage gelebt habt. Wie froh du für sie warst, als sie heiratete und nach Amerika ging. Aber du bist hier geblieben, hier in deinem Zuhause.«
    »Sie war eine gute Frau.«

    Erschreckt hob Jude den Kopf und sah in ein glattes, junges Gesicht mit zwei leuchtend blauen Augen. Die schwarzen Haare fielen ihm beinah bis auf die Schultern, und sein Mund war zu einem liebenswerten Lächeln verzogen, als er ein wenig näher trat und Jude über das Grab hinweg anblickte.
    »Ich habe Sie nicht kommen gehört, habe gedacht, ich wäre allein.«
    »An heiligen Orten wie diesem bewegt man sich immer leiser als gewöhnlich, und ich wollte Ihnen keine Angst machen.«
    »Nein!« Dabei hatte er sie halb zu Tode erschreckt, gestand sie sich betroffen ein. »Es war nur die Überraschung.« Jude schob sich die vom Wind gelösten, um ihr Gesicht tanzenden Strähnen hinters Ohr. »Sie kannten Maude?«
    »Sicher kannte ich die alte Maude. Wie gesagt, sie war eine gute Frau und hat ein erfülltes Leben gehabt. Es ist gut, dass Sie ihr Blumen bringen, denn sie hat Blumen sehr gemocht.«
    »Sie

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