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Insel des Sturms

Insel des Sturms

Titel: Insel des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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stammen aus ihrem Garten.«
    »Ja.« Sein Lächeln wurde breiter. »Das macht sie umso schöner.« Er legte seine Hand auf den Kopf der reglos neben ihm sitzenden Hündin. Jude entdeckte an einem seiner Finger einen Ring mit einem dunkelblauen Stein, der in der schweren Silberfassung glänzte. »Sie haben sich Zeit damit gelassen, endlich an den Ort Ihrer Herkunft zu kommen!«
    Sie runzelte die Stirn und blinzelte gegen die plötzlich blendend helle Sonne. »Oh, Sie meinen, bis ich nach Irland gekommen bin. Da haben Sie ganz sicher Recht.«
    »Dies ist ein Ort, an dem man in sein eigenes Herz blicken und erkennen kann, was einem am wichtigsten im Leben ist.« Seine Augen blitzten wie zwei Stücke Kobalt. Intensiv, ja geradezu hypnotisch. »Und dann musst du dich entscheiden«, erklärte er ihr ruhig. »Aber entscheide dich richtig,
Jude Frances, denn diese Entscheidung wird auch andere betreffen.«
    Der Duft der Blumen, des Grases und der Erde war derart betörend, dass sie sich wie betrunken fühlte. Im hellen Licht der Sonne nahm sie nichts als brennende, verschwommene Facetten wahr. Plötzlich umtoste sie der Wind mit einer ungeahnten Kraft.
    Sie hätte geschworen, Pfeifenklänge zu hören, lieblich helle Töne, die mit dem Wind vorbeitanzten. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.« Benommen hob sie eine Hand an ihren Kopf und schloss matt die Augen.
    »Irgendwann wirst du es verstehen.«
    »Ich habe Sie schon mal gesehen. Im Regen.« Schwindlig, ihr war so entsetzlich schwindlig. »Auf dem Hügel mit dem runden Turm.«
    »Das stimmt. Wir hatten dich erwartet.«
    »Mich erwartet? Wer?«
    Der Wind verebbte ebenso urplötzlich, wie er aufgekommen war, und die Musik verklang. Jude schüttelte den Kopf.
    »Tut mir Leid. Was haben Sie gesagt?«
    Doch als sie die Augen wieder öffnete, war sie allein mit den stummen Toten und dem großen gelben Hund.

5
    Aidan hatte nicht nur keine Lust zum Erledigen des Papierkrams, nein, er hasste diese Arbeit.
    Trotzdem brachte er an drei Tagen pro Woche, ob Regen oder Sonnenschein, eine Stunde oder mehr an seinem großen Schreibtisch zu und plagte sich mit Bestellungen, Inventurverzeichnissen, Gehaltslisten und Gewinnrechnungen ab.
    Es war ihm eine beständige Erleichterung, dass es Gewinne
gab. Bevor der Pub in seine Hände übergegangen war, hatte er sich nie allzu viele Gedanken um das liebe Geld gemacht. Wahrscheinlich war dies einer der Gründe dafür, dass seine Eltern ihn als neuen Besitzer auserkoren hatten. Während seiner jahrelangen Reisen hatte es ihm stets genügt, von der Hand in den Mund zu leben. Zu sehen, dass er irgendwie über die Runden kam. Nie hatte er auch nur einen Penny auf irgendeine Bank getragen oder das Bedürfnis verspürt, etwas zu sparen.
    Verantwortungsgefühl war ein Fremdwort für ihn gewesen.
    Schließlich hatte er es während seiner Kindheit und der Jugendjahre, selbstverständlich auch dank Eigeninitiative, immer mehr als gut gehabt. Aber gelegentlich Staub zu wischen, andere zu bedienen und dabei fröhlich zu singen war etwas vollkommen anderes als zu kalkulieren, wie viel Bier bestellt werden musste, wie viel zerbrochenes Geschirr – danke, Schwester Darcy – das Geschäft verkraftete, lange Zahlenreihen in dicke Bücher einzutragen und die fälligen Steuern zu berechnen.
    Jedes Mal, wenn er über den Büchern saß, bekam er Kopfschmerzen, denn er liebte diese Arbeit ebenso, wie wenn der Zahnarzt einen seiner Backenzähne zog – doch er hatte gelernt, den Papierkram trotzdem zu bewältigen.
    Und gerade wegen dieser Mühen, so wurde ihm klar, bedeutete ihm der Pub mehr als je zuvor. Ja, Eltern waren kluge Wesen. Und seine kannten ihren Sohn.
    Die Telefongespräche mit den Lieferanten, während derer er unnachgiebig die besten Preise auszuhandeln verstand, gefielen ihm sogar halbwegs. Er empfand sie ein wenig wie den Handel auf dem sonntäglichen Pferdemarkt. Außerdem stellte er fest, besaß er tatsächlich Geschick für ein bisschen Pokern.
    Erfreulicherweise waren die Musiker aus Dublin, Waterford
oder gar aus entfernten Orten wie Clare und Galway nicht nur bereit, im Gallagher’s zu spielen, sondern obendrein mit Vergnügen dabei. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass er in den vier Jahren, seit er den Pub übernommen hatte, den Ruf des Etablissements als Ort guter Musik nicht nur hatte festigen, sondern gar ausbauen können.
    Und er ging davon aus, dass die kommende Sommersaison, wenn die Touristenströme einträfen, besser liefe als jemals

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