Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Insel des Sturms

Insel des Sturms

Titel: Insel des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
Vom Netzwerk:
ablenken – damit er vergisst, mir das Fell über die Ohren zu ziehen dafür, dass ich einfach abgehauen bin.«
    »Nun, ich …« Nein, dachte sie, sie glaubte nicht, dass sie es, während ihr bereits schwindlig war, jetzt auch noch mit Aidan Gallagher würde aufnehmen können. »Ich muss wirklich weiterarbeiten. Da sind echt Berge von Notizen durchzugehen.«
    Darcy sah sie fragend an. »Sie arbeiten anscheinend gerne, hab ich Recht?«
    »Ja.« Wer hätte das gedacht. »Das, was ich im Augenblick tue, macht mir sogar Spaß.«
    »Mir wäre jede Entschuldigung recht, um nie wieder arbeiten zu müssen.« Ihr leuchtender, wenngleich kritischer Blick wanderte über das Cottage, den Garten und die lange Hügelkette, die sich bis zum Horizont erstreckte. »Und ganz allein hier draußen würde ich sowieso vor Langeweile eingehen.«

    »Oh, nein, hier ist es herrlich. Die Ruhe. Die Aussicht. Einfach alles da.«
    Darcy zuckte mit den Schultern. »Tja, schließlich können Sie auch jederzeit nach Chicago zurück.«
    Judes Lächeln schwand. »Ja … richtig.«
    »Eines Tages werde ich auch dahin kommen.« Darcy lehnte sich gegen ihren Wagen. »In all die großen Städte Amerikas. All die großen Städte in der ganzen Welt. Und wenn ich dort aufkreuze, dann im großen Stil!« Lachend schüttelte sie ihre schwarze Mähne. »Aber jetzt sause ich lieber wieder zurück, bevor Aidan sich irgendeine schreckliche Strafe für mein Abhauen ausdenkt.«
    »Hoffentlich kommen Sie wieder, wenn Sie mal etwas mehr Zeit haben.«
    Mit einem letzten strahlenden Blick in ihre Richtung kletterte Darcy in ihr Auto. »Gott sei Dank habe ich heute Abend frei. Dann komme ich nachher mit Brenna, und wir überlegen uns, was für einen Unfug wir anstellen können. Ein bisschen Unfug täte Ihnen sicher gut!«
    Jude öffnete den Mund, ohne eine Ahnung zu haben, was sie darauf antworten sollte; doch dann wurde sie ihrer Überlegungen enthoben, da Darcy bereits, wie sonst Brenna, den Motor aufheulen ließ und mit quietschenden Reifen achtlos aus der Einfahrt auf die Straße donnerte.

9
    Häufig gibt es drei junge Mädchen, schrieb Jude und knabberte gleichzeitig an einem Keks. Jedes von ihnen repräsentiert eine bestimmte Facette der traditionellen Rolle der Frau. In einigen Geschichten sind zwei böse und eine gut, wie im Märchen vom Aschenputtel, in anderen sind sie
Schwestern oder gute Freundinnen, arm und verwaist oder in der Rolle der Pflegerinnen eines kränklichen Elternteils, und manchmal besitzen eine oder mehrere der weiblichen Personen einer Geschichte mystische Fähigkeiten.
    In beinahe sämtlichen Legenden sind die jungen Mädchen unbeschreiblich schön. Tugend, das heißt, Jungfräulichkeit, ist unerlässlich, was darauf schließen lässt, dass sexuelle Enthaltsamkeit einen wichtigen Baustein bei der Entstehung einer Legende darstellt.
    Unschuld, das Streben nach einem höheren Ziel, finanzielle Armut, körperliche Schönheit. Diese Elemente wiederholen sich in einer ganzen Reihe von Erzählungen, die über die Generationen hinweg zu Legenden wurden. Die positive oder negative Einmischung seitens irgendwelcher überirdischer Wesen ist ein weiteres häufig anzutreffendes Element. Dem oder den normal Sterblichen in der Geschichte wird entweder eine moralische Lektion erteilt oder aber eine Belohnung für selbstloses Verhalten in Aussicht gestellt.
    Beinahe ebenso günstig wirken sich Schönheit oder Unschuld einer Sterblichen aus.
    Jude lehnte sich zurück und schloss müde die Augen. Aha, sagte sie sich. Da sie weder schön noch tugendhaft jungfräulich war, da sie weder besondere Kräfte noch Fähigkeiten besaß, sah es nicht so aus, als würde sie mit einem Mal zur Hauptfigur in einem Märchen mit Happy End.
    Nicht, dass sie das anstrebte. Bereits der Gedanke, plötzlich den Bewohnern eines Feenhügels oder eines Himmelsschlosses oder aber einer gleich ob bösen oder guten Hexe gegenüberzustehen, erschütterte sie in ihren Grundfesten.
    Brachte sie derart aus dem Gleichgewicht, gestand sie sich widerwillig ein, dass sie sich bereits einbildete, Juwelen könnten sich in Blumen verwandeln. Sie ließ ihre Hand in die Hosentasche gleiten, zog den schimmernden Stein hervor und sah ihn sich zum x-ten Male an.

    Sicher war es nichts weiter als ein Stückchen sehr hübsch geschliffenes Glas, das im Licht der Sonne funkelte. Trotzdem nichts weiter als Glas.
    Es war eine Sache zu akzeptieren, dass sie das Cottage mit einem dreihundert Jahre alten

Weitere Kostenlose Bücher