Insel des Sturms
William hätte einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten gebraucht.« Brenna drückte Jude das Weinglas in die Hand und wandte sich eilig ab, damit der Wein, der über den Rand schwappte, als Jude laut zu lachen begann, nicht auf ihre Haare traf.
»Seine Studenten nennen ihn nicht bei seinem Namen, Powers, sondern immer nur den Sauertopf. Ich hieß niemals Powers, denn als moderne, berufstätige Frau habe ich natürlich meinen eigenen Namen trotz Heirat behalten; so hatte ich wenigstens bei der Scheidung nicht noch das Problem mit der Rückbenennung. Tja … was sagte ich gerade?«
»Wie zivilisiert der Sauertopf gewesen ist.«
»O ja! William beschloss, fünf bis sieben Jahre zu warten. Und dann hätten wir, unter günstigen Umständen, erneut über das Thema diskutiert. Wenn wir uns entschlossen hätten, ein Kind zu bekommen, hätten wir die angemessene Tagesmutter und den passenden Kindergarten gesucht, und sobald wir das Geschlecht des Kindes gewusst hätten, hätten wir festgelegt, welche Schulen und welches College es einmal besuchen soll.«
»Welches College?« Darcy drehte sich verwundert um. »Bevor das Baby auf der Welt gewesen wäre?«
»William war immer sehr zukunftsorientiert.«
»Und das bei einem Mann, dessen Hirn anscheinend in den Lenden sitzt?«
»Wahrscheinlich ist er nicht so schlimm, wie es bei mir klingt.« Jude runzelte die Stirn. »Könnte sein… mit Allyson ist er glücklich.« Zu ihrem Entsetzen wallten hinter ihren Lidern Tränen auf. »Mit mir war er es leider nicht.«
»Dieser elendige Schweinehund!« Voller Mitgefühl verließ Darcy ihren Platz vor dem Schrank, setzte sich neben Jude aufs Bett und zog sie in den Arm. »Er hätte dich gar nicht verdient.«
»Nicht für eine Minute«, pflichtete Brenna ihrer Freundin bei und tätschelte Jude begütigend das Knie. »Dieser staubtrockene, treulose Bastard! Du bist hundertmal besser als jede Allyson.«
»Sie ist weißblond«, erklärte Jude mit einem Schniefen. »Und hat Beine bis zu den Ohren.«
»Wetten, dass ihre Haare gefärbt sind«, erklärte Darcy spitz. »Und du hast ebenfalls wunderbare Beine. Prächtige Beine. Ich kann den Blick kaum davon losreißen.«
»Wirklich?« Jude wischte sich mit einer Hand über die Nase.
»Sie sind echt phänomenal.« Brenna strich über eine von Judes Waden. »Wahrscheinlich geht er allabendlich voll des Bedauerns, dass er dich verloren hat, ins Bett.«
»Verdammt«, brach es aus Jude heraus. »Er war ein langweiliger Hurensohn. Allyson kann ihn geschenkt haben!«
»Wahrscheinlich ist er noch nicht einmal besonders toll im Bett.«
Auf diese Feststellung von Darcy brach Jude in geradezu vergnügtes Schnauben aus. »Nun, ich für meinen Teil habe zumindest nie die Engel singen hören, wenn er mit mir geschlafen hat. Das ist einfach super!« Sie rieb sich mit den Handrücken über die tränenfeuchten Wangen. »Nie zuvor
hatte ich Freundinnen, die mich einfach besucht, sich mit mir betrunken und meine Kleider durch die Gegend geworfen haben.«
Darcy zog sie liebevoll an ihre Brust. »Keine Angst, das hier ist sicher nicht das letzte Mal, dass wir dich derart überfallen.«
Irgendwann während der dritten Flasche Wein erzählte ihnen Jude, was sie auf dem alten Friedhof erlebt hatte – oder erlebt zu haben meinte.
»So etwas ist erblich«, antwortete Darcy und nickte wissend. »Die alte Maude hatte ebenfalls seherische Fähigkeiten, und sie hat auch oft Gespräche mit den Elfen und Feen geführt.«
»Gibt’s doch gar nicht!«
Darcy zog eine ihrer elegant gezupften Brauen in die Höhe. »Das sagt nun eine Frau, die uns soeben von ihrer Begegnung mit dem Feenprinzen berichtet hat.«
»Nein, falsch! Ich habe nur erzählt, dass ich zweimal diesem seltsamen Mann begegnet bin. Oder es mir zumindest eingebildet habe. Am Ende habe ich einen Hirntumor?«
Bei diesen Worten verzog Brenna spöttisch das Gesicht. »Unsinn. Du bist gesund wie ein Pferd.«
»Wenn nicht, das heißt, wenn es keine körperliche Ursache für mein Erlebnis gibt, dann bin ich wohl ganz einfach verrückt. Schließlich bin ich Psychologin«, erinnerte sie ihre Gäste. »Tja, ich war eine, und zwar bestenfalls eine mittelmäßige; aber trotzdem weiß ich genug über derartige Dinge, um die Symptome einer ernsten geistigen Störung zu erkennen.«
»Weshalb solltest du an einer geistigen Störung leiden?«, erkundigte Brenna sich. »So, wie ich es sehe, bist du eine durch und durch vernünftige Person. Meine Ma
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