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Insel des Sturms

Insel des Sturms

Titel: Insel des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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nicht weniger kostbares Wunder erachtete.
    »Warum rieche ich noch keinen Speck?«, wollte Darcy wissen, als sie hereingeschlendert kam.
    »Jude hat keinen im Haus«, erklärte Aidan ihr.
    Jude strahlte, als Darcy sich eine Tasse Kaffee einschenkte. »Nächstes Mal ist welcher da!«
     
    Das Gefühl der warmen, leisen Freude blieb noch den ganzen Tag. Während des Frühstücks schmiedeten sie und Darcy Pläne, gemeinsam zum Einkaufen nach Dublin zu fahren, erhielt sie eine sonntägliche Einladung zum Essen bei Brennas Familie und vereinbarte einen weiteren Geschichten-Erzähl-Termin mit Aidan.
    Sie wurde nicht gebeten, am Abend in den Pub zu kommen. Man ging – was für sie viel schöner war – ganz selbstverständlich davon aus, dass sie nach ihrer Arbeit erschien. War man Teil von einem Kreis, dachte sie frohgemut, brauchte man keine Einladung.
    In der Küche roch es nach Bratkartoffeln und Kaffee. Das Windspiel vor der Tür sang in der leichten Brise, und als sie sich erhob, um sich Kaffee nachzuschenken, erblickte sie Betty, die draußen auf den mit Wildblumen übersäten Hügeln hinter einem Haken schlagenden Kaninchen herrannte.
    Jude prägte sich alle diese Dinge gründlich ein, um sich, wenn sie einmal wieder traurig oder einsam wäre, an der Erinnerung dieser glücklichen Augenblicke zu erfreuen.
    Später, als sie allein war und zu ihrer Arbeit zurückkehrte, kam es ihr vor, als hätte das kleine Cottage all die Wärme, all die positive Energie des Vormittags gespeichert, und so schrieb sie in ihr Tagebuch:
     
    Seltsamerweise war mir nie klar, dass ich genau diese Dinge gewollt habe. Ein Zuhause. Einen Ort, an den Menschen, die ich mag und die mich mögen, kommen, wann sie wollen. An dem sie sich behaglich und ungezwungen fühlen. Vielleicht habe ich, als ich so überstürzt nach Irland reiste, gar nicht die Einsamkeit gesucht, sondern das, was ich während der letzten paar Stunden erlebte: Gesellschaft, Gelächter, Ungezwungenheit und, ja, und Romantik.
    Eigentlich logisch – denn ich habe den Wunsch danach
nie wirklich zugelassen. Und jetzt sind auf einmal all diese Dinge da mir in den Schoß gefallen.
    Das ist ja wohl auch so etwas wie Magie. Eine ebenso kraftvolle Magie wie die, bei der es um Feen, Zaubersprüche und geflügelte Pferde geht. Hier werde ich akzeptiert, nicht wegen der Dinge, die ich tue, wegen meiner Herkunft oder wegen der Schule, die ich besucht habe – sondern einfach, weil ich Jude bin, oder, was vielleicht noch wichtiger ist: weil ich die bin, die zu sein ich mir endlich erlaube.
    Am Sonntag bei den O’Tooles werde ich weder schüchtern noch übermäßig zurückhaltend sein, sondern mich ganz einfach amüsieren. Wenn ich mit Darcy einkaufen gehe, werde ich mir irgendetwas Extravagantes, vollkommen Nutzloses zulegen. Und es wird mir Spaß machen.
    Und wenn Aidan nächstes Mal hierher kommt, mache ich ihn vielleicht zu meinem Liebhaber. Einfach, weil ich ihn begehre. Weil er bisher unbekannte Gefühle in mir weckt. Zügellose, durch und durch weibliche Gefühle.
    Und weil es mir, verdammt noch mal, sicher gefällt, o ja!
     
    Mit einem zufriedenen Nicken schloss sie die Datei und wandte sich ihrer Arbeit zu. Sie überflog den Bildschirm ihres Laptops, sichtete die Notizen, glitt allmählich in die Routine aus Forschung und Analyse und war tief in die Studie einer Geschichte vom Wechselbalg eines Kleinbauern vertieft, als das Telefon klingelte.
    In Gedanken an das Dilemma des Bauern, griff sie nach dem Hörer. »Ja? Hallo?«
    »Jude. Störe ich dich bei der Arbeit?«
    Jude blickte blinzelnd auf den Bildschirm und konzentrierte sich, wenn auch gezwungenermaßen, auf die Stimme ihrer Mutter. »Nein, ich sitze gerade an nichts Wichtigem. Hallo, Mutter. Wie geht’s?«
    »Sehr gut.« Linda Murrays Stimme war wohlklingend,
kultiviert und zugleich ein wenig kühl. »Dein Vater und ich wollen das Semesterende nutzen für ein paar Tage New York: Dort gibt es gerade eine Ausstellung im Whitney Museum und ein interessantes Stück am Broadway.«
    »Das ist schön.« Bei dem Gedanken, wie sehr ihre Eltern die Gesellschaft des jeweils anderen genossen, lächelte sie leicht. Die beiden waren einander im Geiste tatsächlich sehr verwandt. »Das wird euch sicher Spaß machen.«
    »Davon bin ich überzeugt. Wenn du Lust hast, das heißt, wenn du inzwischen vom Landleben genug hast, triff uns doch einfach dort!«
    Ihre Eltern hatten tatsächlich sehr vieles gemein. Und sie selbst hatte zu

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