Insel des Sturms
deshalb habe ich dich überhaupt bekommen.«
Jude schlang ihre Arme um seinen starken Nacken und schmiegte sich an seine Brust. »Nie zuvor hat mich jemand berührt wie du. Ich dachte nicht, dass dazu jemals jemand Lust hätte.«
»Ich will sogar schon wieder.« Er nagte sanft an ihrem Hals. »Warum gehen wir nicht runter, trinken unseren Wein und essen eine Dosensuppe oder so? Dann kommen wir zurück und fangen noch einmal von vorne an.«
»Das ist eine fantastische Idee!« Sie zwang sich, gelassen zu bleiben, als sie aus dem Bett stieg, um sich etwas anzuziehen. Schließlich hatte er sie nun in ihrer ganzen nackten Pracht gesehen, sodass es einfach närrisch wäre, fiele sie plötzlich in ihre alte Schüchternheit zurück.
Trotzdem war sie erleichtert, als sie wieder das von ihm
geborgte Hemd und ihre Hose trug. Als sie jedoch nach einem Haarband griff, legte Aidan ihr eine seiner Hände auf die Schulter, sodass sie erschreckt zusammenfuhr.
»Warum bindest du dein Haar immer zurück?«
»Weil es mich sonst stört.«
»Ich mag es, wenn es dir wild über die Schultern fällt.« Er spielte mit einer ihrer Strähnen. »So wirkt es, als wäre es ständig in Aufruhr, und außerdem wird die wunderbar schimmernde Farbe durch die Fülle vorteilhaft betont.«
»Es ist ganz einfach braun.« Sie hatte ihre Haarfarbe immer als ebenso originell empfunden wie die Farbe von Baumrinde.
»Genau wie das Fell von einem Nerz.« Er küsste die Spitze ihrer Nase. »Was sollen wir nur mit dir machen, Jude Frances, dass du endlich die Scheuklappen ablegst und dich zum ersten Mal so siehst, wie du wirklich bist? Vermutlich wirst du dann furchtbar eingebildet. Aber jetzt lass deine Haare bitte, wie sie sind«, fügte er nach einem Augenblick hinzu und zerrte sie zur Tür. »Schließlich bin ich derjenige, der dich ständig anschauen muss.«
Sie fühlte sich zu geschmeichelt, um noch etwas zu sagen, aber unten in der Küche behauptete sie sich. »Du hast das Frühstück gemacht, also bin ich für das Abendessen zuständig«, verkündete sie und reichte ihm die Weinflasche. »Allerdings bin ich keine tolle Köchin, sodass du dich mit einem recht uneleganten Mahl begnügen musst.«
»Und was könnte das sein?«
»Dosensuppe und überbackenes Käsesandwich.«
»Klingt, als wäre es genau das Richtige für einen verregneten Abend wie diesen.« Er nahm den Wein und setzte sich gemütlich an den Tisch. »Außerdem wird mir noch das Vergnügen zuteil, dich dabei zu beobachten, wie du es anrichtest.«
»Als ich diese Küche zum ersten Mal sah, fand ich sie irgendwie
liebreizend.« Sie trat an den Herd und entfachte das Feuer mit einer Leichtigkeit, die Aidan überraschte. »Dann wurde mir klar, dass es weder einen Geschirrspüler noch eine Mikrowelle, weder einen elektrischen Dosenöffner noch eine Kaffeemaschine gab.«
Lachend nahm sie eine Dose aus dem Schrank und bearbeitete sie mit dem kleinen mechanischen Öffner aus der Schublade. »Ehrlich gesagt, war ich einigermaßen perplex. Aber inzwischen habe ich in dieser Küche mehr und mit größerer Begeisterung gekocht als je zuvor in meiner Wohnung in Chicago. Und mein dortiger Kochbereich ist vom Allerfeinsten. Ein hypermoderner Herd, natürlich mit Cerankochfeld, und ein super Kühlschrank mit verschiedenen Gefrierfächern.«
Während sie sprach, gab sie die Suppe in den Topf und steckte auf der Suche nach Käse und Butter den Kopf in den Eisschrank. »Natürlich habe ich bisher nichts Kompliziertes ausprobiert. Ich sammele noch Mut, ehe ich mich an selbst gebackenes Brot wage. Das wirkt relativ einfach, und wenn ich dabei auch nur halbwegs Erfolg habe, zaubere ich vielleicht sogar irgendwann einmal einen Kuchen.«
»Würdest du das denn gerne?«
»Ich glaube, ja.« Sie strich Butter auf das Brot und blickte lächelnd über die Schulter. »Aber wenn man noch ein Lehrling ist, erscheint es wie eine ziemliche Herausforderung.«
»Probieren geht über Studieren.«
»Ich weiß. Aber ich hasse es, in irgendwelchen Dingen danebenzuhauen.« Kopfschüttelnd erhitzte sie ein wenig Fett in einer Pfanne. »Leider ist das mein Problem. Deshalb habe ich viele Dinge, zu denen ich Lust hätte, nie versucht. Ich schaffe es immer, mich davon zu überzeugen, dass es sowieso nicht klappt – also lasse ich es sein. Das liegt daran, dass ich das stets linkische Kind zweier perfekter Eltern bin.«
Sie legte die Brote in die Pfanne und freute sich über das leise Zischen. »Aber ich mache
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