Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Insel des Todes

Insel des Todes

Titel: Insel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
unserer Rechten dehnte sich das
Korallenmeer.
    Wir saßen alle drei vorn im
Wagen. Champlin chauffierte. Er hatte uns am Flughafen abgeholt, war freundlich
gewesen, doch ohne Aufdringlichkeit. Er war ein kräftiger Mann, etwa
mittelgroß, die wuchtigen, breiten Schultern ließen ihn beinahe untersetzt
wirken. Ich schätzte ihn auf Mitte Vierzig. Das kurzgeschnittene, gelockte
schwarze Haar hatte sich bereits sehr gelichtet und bedeckte nur noch seinen
Hinterkopf in der ursprünglichen Fülle. Die ganze Zeit hatte er nur höchst
selten die dicke schwarze Zigarre aus dem Mund genommen.
    Betty wies auf eine Insel, die
in einer Entfernung von etwa sieben Kilometern der Küste vorgelagert war, und
rief mir etwas Unverständliches zu.
    »Bitte ?« schrie ich gegen den rauschenden Wind.
    Sie beugte sich zu mir herüber
und legte ihre Lippen an mein Ohr.
    »Ich sagte, das ist Magnetic Island .«
    »Oh ?« brüllte ich.
    »Jedes Jahr findet ein
Wettschwimmen von Townsville zu dieser Insel statt«,
schrie sie. »Die Leute müssen wegen der Haie in Käfigen schwimmen, die von
Booten gezogen werden .«
    Ich nickte und neigte mich meinerseits
an ihr Ohr. »Ich glaube, da mache ich dieses Jahr nicht mit«, erklärte ich.
    Zehn Minuten später hielt das
Kabriolett vor einem großen, gemütlichen Haus im Kolonialstil, das auf drei
Seiten von breiten Veranden umgeben war. Es erhob sich auf dem Gipfel eines
Hügels mit dem Blick aufs Meer.
    Ich stieg aus dem Wagen, und
Betty folgte mir. Champlin fuhr das Fahrzeug um das Haus herum zu der großen
Garage auf der Rückseite.
    »Hübsch, nicht ?« meinte Betty im Konversationston. »Leila schrieb Jack
Romney, er solle ein Haus für uns mieten. Zufällig fuhren die Besitzer dieses
Anwesens gerade um die Zeit zu einem dreimonatigen Urlaub nach Europa.
Hausangestellte waren zwar nicht zu kriegen, aber dafür kommen jeden Tag zwei
Frauen ins Haus — die eine kocht, die andere macht sauber — , so daß eigentlich alles ganz bequem ist. Ambrose sorgt dafür, daß der Alkohol
nicht versiegt. Nur manchmal versäumt er es, wenn er ich gerade einer anderen
Beschäftigung hingibt .«
    »Er schreibt wohl ?« fragte ich.
    Sie hob spöttisch die Brauen.
»Mr. Boyd, Sie belieben zu scherzen. Ambroses andere >Beschäftigung<
heißt Sonja, eine Estin, die vor ungefähr fünf Jahren mit ihren Eltern hierher
ausgewandert ist. Beide Eltern sind inzwischen gestorben, und ihr Bruder
arbeitet in einem Bergwerk in Westaustralien. Meiner bescheidenen Ansicht nach
ist Sonja im Lauf der letzten Jahre Stufe um Stufe gesunken .«
    Betty schüttelte den Kopf. »Als
sie ganz unten gelandet war, fehlte nur noch ein Mensch wie Ambrose — und da
war er schon. Ich weiß nicht, wie er es macht, aber er spürt Mädchen ihres
Kalibers überall auf. Kommen Sie, gehen wir hinein. Mal sehen, wer da ist«,
schlug sie vor. »Meistens macht jeder, was er will, ohne die anderen erst lange
um ihre Meinung zu fragen .« Ihre Stimme senkte sich ein
wenig. »Oder zumindest war das so üblich, bis der Unfall geschah. Jetzt sitzen
wir meistens alle herum und warten darauf, daß der Coroner endlich sein Urteil
spricht. Manchmal kommt’s mir vor wie eine Szene aus einem von Ambroses Stücken .«
    Wir schritten über die Veranda
vor dem Haus, dann durch die dämmerige Kühle eines großen Vorsaals und betraten
das weiträumige Wohnzimmer, das mehr nach den Gesichtspunkten der
Bequemlichkeit und Gemütlichkeit eingerichtet war als nach denen des Stils. An
der Wand gegenüber der Tür befand sich eine Bartheke ,
die von Hockern umgeben war. Als wir näher kamen, sah ich, daß der einzige
Gast, der lässig auf dem letzten Hocker an der Wand saß, ein junges Mädchen
war. Der Barmixer, eine rundliche Gestalt, machte sich mit einer ganzen
Sammlung von Flaschen verschiedener Größe und einem sauber polierten Mixbecher
zu schaffen.
    »Sonja«, sagte Betty, als wir
vor dem Mädchen standen. »Das ist Mr. Boyd .«
    Einen Augenblick raubte mir die
Überraschung die Sprache, als ich sah, wie jung das Mädchen noch war, höchstens
achtzehn. Sie trug eine hautenge Jacke und dazu eine schwarze Strumpfhose. Der
Anzug war über und über mit Flecken besät und unterstrich ihre schmale,
jungenhafte Figur mit den kleinen festen Brüsten. Dann sah sie mich an, und als
ich ihr Gesicht erblickte, erhöhte ich meine erste Schätzung um fünf Jahre. Es
war ein hartes, trotziges Gesicht, scharf geschnitten, ohne jede Weichheit.
Ihre Augen hatten die gleiche

Weitere Kostenlose Bücher