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Insel des Todes

Insel des Todes

Titel: Insel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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um
sich. Beinahe hätte sie mein Kinn erwischt, wenn ich nicht im letzten
Augenblick noch den Kopf zurückgeworfen hätte. Ambrose zog wieder an ihrem Arm,
so daß sie noch weiter über die Theke rutschte. Ihr Kopf hing auf der anderen
Seite nach unten, ihr kleines, rundes Hinterteil ragte in die Luft. Dann machte
er sich mit methodischer Genauigkeit daran, ihr eine Tracht Prügel zu
verabreichen, die es in sich hatte. Er tat seine Arbeit gründlich, ohne auf
ihre Schreie und den Schwall unflätiger Worte zu achten, mit denen sie ihn
bedachte. Schließlich stieß er sie über die Theke zurück an den Platz, wo sie
gesessen hatte.
    »So, meine kleine Orchidee,
mach jetzt einen kleinen Spaziergang«, sagte er liebenswürdig.
    »Du — «, der Rest folgte in
ihrer Muttersprache.
    »Dann back meinetwegen einen
Kuchen !« befahl Ambrose. »Laß uns allein! Wir sind
zivilisierte Menschen, die niemals versuchen, einander vor Zeugen die Augen
auszukratzen. Geh jetzt, meine temperamentvolle, kleine Blume, sonst wird Papa
böse !«
    Einen Augenblick verdrängte
Angst die Wut in ihrem Blick, als sie vor seinem liebenswürdigen Lächeln zurückwich.
Dann wandte sie den Kopf und spuckte mit voller Überlegung unmittelbar zu
Bettys Füßen auf den Boden, ehe sie durch das Zimmer zu dem großen Vorsaal
schlurfte.
    Ambrose glaubte offensichtlich,
er sei mir eine Erklärung schuldig. Kaum hatte Sonja den Raum verlassen, als er
bedächtig zu reden begann.
    »Ich habe fünfzehn Jahre lang
in New York gelebt«, sagte er in einem Ton wie ein ehemaliger Sträfling, der
sich ans Zuchthaus erinnert. »Aber einmal kommt der Zeitpunkt, Danny, da kann
man diese überzüchteten Puppen aus Manhattan nicht mehr sehen. Plötzlich bildet
sich eine Allergie gegen diese Treibhauspflänzchen heraus, die nichts
Natürliches mehr an sich haben .«
    Er stützte seine Ellbogen auf
die Theke und fuhr brütend fort: »Ich hab’ sie alle gehabt, Danny. Die Gänse
aus der High Society, die in ihren Luxusetagen mit Dachterrassen wohnen und
einen für gemein halten, weil man den niedlichen, kleinen Pudel aus dem
Schlafzimmer wirft, der doch sowieso ein solches Hundeleben führen muß.«
    »Selbst wenn ich Augen und
Ohren schließe, spüre ich, wie der Schmutz an mir klebt«, unterbrach Betty mit
bitterer Stimme. »Red von etwas anderem, Ambrose, ich bitte dich .«
    »Wenn du nicht zuhören willst,
kannst du ja gehen«, versetzte er ungerührt.
    »Ich sehe nach, ob dein Zimmer
in Ordnung ist, Danny«, erklärte sie. »Wenn Sonja daran vorbeigegangen ist und
die Tür offenstand, müssen wir auf jeden Fall noch einmal gründlich lüften .«
    Ihre Absätze klapperten über
den Boden, als sie hinauslief.
    »Also, wie gesagt«, nahm
Ambrose den Faden wieder auf, als sei nichts geschehen. »Ich hab’ sie alle
gehabt, und auf einmal stellt man fest, daß es in ganz Manhattan keinen Ort
mehr gibt, wo man etwas Neues erleben kann. Man hat die Nase restlos voll von
diesen eleganten, hochgezüchteten Frauen, die nichts als Kleider im Kopf haben
und deren Gerede ebenso überspannt ist wie ihr Getue. Für sie ist Erotik ein
Spiel — wie Bridge etwa — , man kann geschickt
spielen, manchmal, wenn der Partner nicht so genau aufpaßt, auch ein bißchen
schwindeln. In vieler Hinsicht ist es sogar dem Bridge vorzuziehen, denn eine
Partie ist rasch gespielt, und man kann sich später trotzdem noch stundenlang
darüber unterhalten .«
    Er schüttelte langsam den Kopf.
    »Für mich kam der Tag der Erkenntnis,
kurz nachdem ich in Greenwich Village eine kleine
Südamerikanerin aufgetan hatte. Sie wußte für jeden Tag des Jahres eine andere
Art der Liebe und wollte ein Buch darüber schreiben, nur konnte sie keinen
Maler auftreiben, der genug Zeit hatte, um ihre Ausführungen zu illustrieren.
Am Ende der ersten Woche übergab ich meinen Wohnungsschlüssel einem alten
Feind, und der Bursche glaubte doch tatsächlich, ich hätte ihm einen Gefallen
getan .«
    »Sie brauchen mir wegen Sonja
nichts zu erklären, Ambrose«, warf ich ein. »Mein Fall ist sie sowieso nicht,
darauf können Sie sich verlassen .«
    »Wenn Sie jetzt einen Wunsch
äußern könnten, Danny«, sagte er ernsthaft, »was würden Sie sich dann wünschen ?«
    »Einen Wodka Martini«,
versetzte ich wie aus der Pistole geschossen. »Diese Bar beschäftigt
entschieden den faulsten und redseligsten Mixer !«
    Er bereitete meinen Drink mit
besonderer Schnelligkeit und stellte das Glas vor mich hin.
    »Tut mir leid«,

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