Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
Stunde damit, im Internet einen günstigen Handwerker zu finden, der alles konnte. Eine ortsansässige Firma namens Handy Hubbies erfüllte die Anforderungen. Doch der Mann, der sich kurz darauf am Telefon meldete, erklärte ihr, dass auch sie das Fliesen den Profis überließen und dass er ihr erst Ende der Woche einen Kostenvoranschlag schicken könne.
Sie fragte sich, worin genau die Mitarbeiter der Firma handwerklich geschickt sein mochten, und machte mit einem der Männer einen Termin ab. Er sollte einen Blick auf die fälligen Reparaturen in Wandas Haus werfen. Sie einigten sich auf den Donnerstag und eine Uhrzeit. Kein anderer ihrer Telefonanrufe war so erfolgreich.
Tracy schaltete den Computer aus und starrte aus dem Fenster. Irgendwann zwischen dem netten kleinen Besuch der Egans und ihrer enttäuschenden Computersitzung war die Sonne untergegangen. Sie schenkte sich ein Glas Wein ein und stellte die Nachrichten an. Zwei Stunden später wachte sie auf, als im Fernsehen eine Realityshow lief. Ein britisches Kindermädchen versuchte einem Pärchen beizubringen, einen Jungen zu erziehen, der aussah wie ein jüngerer Bay. Und sie hatte alles verschlafen, was dazu geführt hatte.
Sie erschauderte. Langsam erhob sie sich und stand dann in der Tür. Die ganze Nacht lag noch vor ihr. Obwohl die Fenster weit offen waren, roch es im Haus nach Farbe. Sie fragte sich, wohin sie sollte, um alldem zu entkommen. Früher hatte ihr ein bisschen Shopping immer dabei geholfen, Stress abzubauen. Doch heutzutage konnte sie sich nicht einmal eine Kinokarte gönnen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.
Auf der anderen Seite des Weges ging ein Mann in Richtung der Brücke, die in die Stadt führte. Es war Ken Gray, und es war nicht das erste Mal, dass sie ihn abends die Straße entlanggehen sah. Sie fragte sich, was da los war. Andererseits: Wenn sie mit Wanda verheiratet wäre, würde sie wohl auch so oft verschwinden, wie es ging.
Was auch immer dahintersteckte – sie hatte jetzt die einmalige Gelegenheit, sich bei Kens Frau zu entschuldigen. Sie hatte Wanda nicht gesagt, dass es ihr leidtat, sie in all das, was im Park geschehen war, hineingezogen zu haben. Wanda hatte nur helfen wollen, Herbs Familie zu finden. Und sie hatte mehr oder weniger recht gehabt, was Tracys Mangel an Benehmen betraf. So ungern Tracy es auch eingestand, so hatte sie doch ein klitzekleines Problem mit der Art, mit anderen Menschen zu sprechen.
Einen Termin mit den Handy Hubbies gemacht zu haben war eine willkommene Entschuldigung. Sie konnte rübergehen, Wanda erzählen, dass die Handwerker kommen würden. Dabei könnte sie fallen lassen, dass sie zwar nicht das Geld hatte, um sich Handwerker für ihr eigenes Haus zu leisten, aber selbstverständlich dafür sorgen würde, dass man sich um Wandas Probleme kümmerte. Dann würde sie sich kurz bei ihr entschuldigen und anschließend, so schnell es ging, verschwinden.
Sie spielte alles in Gedanken durch, entschied, dass es funktionieren könnte, und machte sich dann ein bisschen zurecht.
Als sie ein paar Minuten später das Haus verließ, hatte eine leichte Brise die Luft abgekühlt, und die typischen nächtlichen Geräusche hatten begonnen. Sie hoffte, dass das tiefe, laute Krächzen aus Richtung der Bucht ein Frosch mit Bronchitis war und kein Alligator. Sie wusste, dass es in der Gegend Alligatoren gab, und hatte sogar schon welche aus der Ferne gesehen, ehe sie in die andere Richtung gestürzt war. Doch sie konnte nur mit Floridas wilder Tierwelt leben, wenn sie nicht darüber nachdenken musste.
Als sie Wandas Haus erreichte, pochte sie laut an die Tür, wartete und klopfte noch einmal. Sie wollte gerade wieder nach Hause gehen, als sie glaubte, ein „Herein!“ von Wanda gehört zu haben. Sie machte die Tür auf und folgte dem Klang von Wandas Stimme in ein Zimmer, das in einem lebhaften Lila gestrichen war. Die Kissen auf den Rattanmöbeln aus den Sechzigerjahren waren mit einem derart schrillen Stoff bezogen, dass einem die Augen wehtaten. Wanda lag ausgestreckt auf dem Sofa und hatte eine Hand auf ihren Bauch gelegt. Als sie Tracy erblickte, stand sie auf und warf ihr den Telefonhörer praktisch entgegen.
„Sprechen Sie mit ihm.“ Die verdutzte Tracy schnappte sich den Hörer, ehe er auf dem Boden landete, und Wanda lief – kalkweiß im Gesicht und stöhnend – aus dem Zimmer. Einen Moment später hörte Tracy, wie eine Tür ins Schloss fiel – und dann die unmissverständlichen
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