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Insel meiner Sehnsucht Roman

Insel meiner Sehnsucht Roman

Titel: Insel meiner Sehnsucht Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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nicht. Mit all ihren Geheimnissen folgte die Natur unabänderlichen Wegen, ohne Rücksicht auf die Sorgen all der lächerlichen Sterblichen.
    Ich liebe Royce, dachte Kassandra. Warum sollte sie auch nicht? Schon lange liebte sie ihn, wahrscheinlich seit jenem ersten Morgen in London. Inzwischen war ihr Geist nie zur Ruhe gekommen, und ihr Herz schon gar nicht.
    Doch das machte keinen Unterschied.
    Liebe, Zuneigung, Lust – keines dieser Gefühle würde sie von ihrem Kurs abbringen, den sie einschlagen musste.
    Aber sie liebte ihn, und sie hütete diese Erkenntnis, in der sie einen sonderbaren Trost fand, wie einen kostbaren Schatz.
    Deilos' Nachricht … Verborgen in einem Blumentopf mit Lilien, von einem kleinen Jungen überreicht … Er hatte gewartet, bis sie durch den Hof gegangen war, und sie schüchtern angesprochen.
    »Das soll ich Ihnen geben, Prinzessin.« Unsicher er zu ihr auf, als wäre sie eine Erscheinung und er könnte nicht fassen, dass er wirklich mit ihr sprach.
    Sie nahm den Topf entgegen und roch an den Lilien. Diese Blumen hatte sie niemals gemocht. »Von wem hast du diesen Auftrag erhalten?«
    »Das weiß ich nicht, Prinzessin, der Mann hat seinen Namen nicht genannt.«
    Prüfend schaute sie ihn an, über die Pflanzen hinweg, deren Blütenblätter – so weiß wie Fischbäuche – sich an den Rändern bereits bräunlich färbten. »Wie sah er aus?«
    Der Junge dachte nach. »Alt. Nicht so alt wie mein Vater. Mit schmalem Gesicht. Aber groß und stark.«
    Deilos – oder tausend andere Akoraner. Wie viele würden ihr Lilien schicken? Sie dankte dem Jungen und schickte ihn weg. In ihrer Suite inspizierte sie den Blumentopf etwas genauer.
    Und da fand sie in der dunklen Erde den Zettel mit der beklemmenden Drohung. Deilos erwartete sie vor Sonnenuntergang, und sie sollte den Treffpunkt allein aufsuchen. »Kommen Sie, oder ich entfessele das Griechische Feuer. Unzählige Menschen würden sterben.«
    Nein. Gewiss nicht unzählige … Aber an diesem schönen Sommertag würde der Tod in Ilius eintreffen. Deutlich genug hatte sie es gesehen …
    Sie hob ihre Nichte hoch und drückte den warmen, weichen kleinen Körper an sich. Schläfrig legte Amelia den Kopf auf Kassandras Schulter und gluckste leise.
    »Wie schön wäre es, wenn du ein eigenes Kind hättest …«, bemerkte Joanna.
    Einen schwarzhaarigen Jungen, der auf steinernen Mauern am Meer spielte …
    »Für dich war es wundervoll, in Hawkforte aufzuwachsen, nicht wahr?«, fragte Kassandra.
    »Oh ja«, stimmte Joanna zu. »Sogar nach dem Tod meiner Eltern.«
    »Trotzdem hast du dein Heim verlassen.«
    »Weil ich keine Wahl hatte. Solange Royce vermisst wurde, war nichts anderes wichtig.«
    »Aber irgendwann muss es einen Augenblick gegeben haben, wo du vor deinem Plan zurückgeschreckt bist, nach Akora zu reisen …« Sofort bereute Kassandra ihre Worte. Es stand ihr nicht zu, ein so persönliches Thema anzuschneiden.
    Darüber schien Joanna anders zu denken. Ohne Zögern nickte sie. »Davon träume ich immer noch«, gestand sie und lachte leise. »Ich stehe am Kai von Southwark, an derselben Stelle, wo ich auch diesmal an Bord gegangen bin. Vor mir ragt ein akoranisches Kriegsschiff empor, mit einem gewaltigen Stierkopf, der in der Dunkelheit schimmert. Die Jungen, die in meinem Auftrag die Wachtposten ablenkten, tun ihr Bestes. Und dann ist es so weit, ich muss handeln. Aber ich zaudere, kann meine Beine nicht bewegen, bin völlig verwirrt …«
    »Und?«, drängte Kassandra. Nun wollte sie auch das Ende der Geschichte hören.
    »Nichts. Ich erwache. Bis vor kurzem lag dann Alex neben mir … Worauf es ankommt – ich weiß, dass es ein Traum ist. Nicht, dass ich meine Schwäche überwunden habe. Meinen ganzen Mut nahm ich zusammen, rannte zu dem Schiff und sprang nach oben.« In Erinnerungen versunken, betrachtete Joanna ihre Hände. »Manchmal, wenn ich aus diesem Traum hochschrecke, spüre ich immer noch den Strick, an dem ich mich zu der Luke hochzog. So hart und rau an meiner Haut. Dann habe ich das Gefühl, ich würde alles noch einmal erleben.«
    »Echos«, murmelte Kassandra. »Von ihrem Widerhall ist die Schöpfung erfüllt – Echos von längst vergangenen Ereignissen – von denen, die geschehen werden …«
    »Fühlst du sie?«
    »Hin und wieder«, gab Kassandra zu. Amelias seidenweiches Haar streichelte ihre Wange. »Was für ein liebes Kind …«
    In diesem Moment erwachte Amelia, bewegte sich unruhig, schrie aber nicht.

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