Insel meiner Traeume
überhaupt nichts.
Unerwartet beschrieb der Fluss eine Kurve. Davon überrascht, wurde Joanna zum Ufer geschleudert, scharfkantige
Steine streiften ihren Körper. Sie zuckte zusammen, zwang sich, das Seil loszulassen und schwamm zur Flussmitte. Zumindest hoffte sie, dieses Ziel anzusteuern.
»Alles in Ordnung?«
Alex’ Stimme erschien ihr wie ein heller Lichtstrahl in der Dunkelheit. So stark, so beruhigend, so nahe...
»Ja!«, rief sie. »Wie weit ist es denn noch?«
»Ziemlich weit. Bald werden wir rasten.«
Nach der nächsten Kurve blinzelte sie und glaubte, die Augen würden ihr einen Streich spielen. Plötzlich schimmerte das Dunkel - grün.
Alex schwamm zu einem kleinen Felsvorsprung und zog sie mit sich. Dahinter war die Höhlenwand mit fächerförmigen, schimmernden Flechten bewachsen.
»Unglaublich!«, staunte Joanna. Die Unterarme auf den Felsen gelegt, trat sie Wasser und sah sich um. Schmale silberne Rinnsale flossen an der Felswand herab und ließen Tropfen in den Fluss fallen. Außer diesem rhythmischen Plätschern und den rauschenden Wellen war nichts zu hören.
Joannas Stimme, sogar ihr Atem erschienen ihr wie ein unbefugter Eindringling.
»Anscheinend findet das Leben immer und überall einen Weg«, sagte Alex leise. »Ich nehme an, diese Flechten sind irgendwie mit den Geschöpfen verwandt, die im Teich der Seufzer hausen.« Für eine kleine Weile erweckte er den Eindruck, nichts anderes würde ihn beschäftigen als das Geheimnis der winzigen leuchtenden Organismen.
»Hast du jemals erwogen, die Laufbahn eines Gelehrten statt eines Kriegers zu wählen?«
»Wie kommst du darauf?«, fragte er verwundert.
»Nun, du interessierst dich für so viele Dinge und...« Ihr Lächeln wirkte ein bisschen zerknirscht. »Und du bist so geduldig.« Auch seine Sanftmut hätte sie erwähnen können, die in seltsamem Gegensatz zu seiner körperlichen Kraft und der harten militärischen Ausbildung stand - und die ihr von Anfang an das Gefühl vermittelt hatte, sie wäre beschützt und geborgen. Sogar jetzt, in dieser gefährlichen Situation, befreite er sie von Angst und Schrecken.
»Daran habe ich gedacht«, gab er zu. »Doch diese Möglichkeit hat sich nie geboten. Außerdem gefällt mir das Leben, zu dem mich das Schicksal bestimmt hat.«
»Vielleicht kannst du eines Tages beides miteinander verbinden.«
»Ja - wenn Akoras Zukunft gesichert ist.« Nach einem kurzen Schweigen entschied er: »Jetzt müssen wir weiterschwimmen. Das nächste Teilstück ist etwas problematisch, weil sich die Höhlendecke zur Wasserfläche hinabsenkt. Nirgendwo kann man Atem holen.«
Krampfhaft presste sie die Lippen zusammen. Das Dunkel war schon schlimm genug. Aber ohne Luft... »Wie lang ist diese Strecke?«
»Lang genug, sodass du glauben wirst, du schaffst es nicht. Trotzdem wirst du es überstehen.« Er drückte sie fest an sich, dann ließ er sie wieder los. »Füll deine Lungen mit Luft, halt sie an - atme aus... Und jetzt wiederholst du diese Übung...« Noch drei Mal befahl er ihr, ein- und auszuatmen, und jedes Mal gelang es ihr, die Luft etwas länger anzuhalten. Schließlich nickte er zufrieden, schenkte ihr ein Lächeln, und sie folgte ihm in die Mitte des Flusses.
Wieder dichtes Dunkel, so schwarz wie zuvor - und diesmal von der Erkenntnis beklemmender Gefangenschaft belastet... Unmöglich, emporzutauchen, süße Luft einzusaugen ... Ihre Lungen fühlten sich wie Steine an, so schwer, dass sie glaubte, sie würden sie nach unten ziehen. Nein, daran durfte sie nicht denken. Sie konzentrierte sich auf ihre Schwimmzüge, denn sie musste mit Alex’ Tempo mithalten.
An dieser engen Stelle strömte der Fluss etwas langsamer dahin. Umso zügiger schwamm Alex durch die Finsternis -sicher nicht so rasant, wie er es vermocht hätte, wäre er allein gewesen, aber viel schneller als zuvor. Und das verriet, welch ein weiter, beschwerlicher Weg vor ihr lag.
Mit jeder Sekunde wuchs das qualvolle Bedürfnis zu atmen. Sie klammerte sich an das seidene Seil, vertraute auf das Ende der Tortur und verließ sich auf Alex, der sie beide in Sicherheit bringen würde. Bald würde ihnen himmlische Luft ins Gesicht wehen... Obwohl sie sich mit solchen Gedanken zu ermutigen suchte, brannten ihre Lungen. Und wann immer sie die Arme zu einem Schwimmzug hob, fürchtete sie, es würde der letzte sein.
Endlich - noch länger hätte sie nicht durchgehalten -wurde sie nach oben gezogen, und die ersehnte, segensreiche Luft drang in
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