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Insel meiner Traeume

Titel: Insel meiner Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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mussten. Da das akoranische Volk in mehreren tausend Jahren reichliche Erfahrungen in der Seemannskunst gesammelt hatte, konnte jedes Besatzungsmitglied die Ladung mit geschlossenen Augen sichern. Die Leute von der Nestor waren besonders tüchtig, und sie hatten die kostbare Fracht mit äußerster Sorgfalt behandelt. Trotzdem wollten sie nichts dem Zufall überlassen.
    Genauso dachte auch Alex. Ehe das letzte Messer auf dem Tisch lag, verließ er den Raum - nicht überstürzt, sondern mit langen, geschmeidigen Schritten. Während einige Männer mit Öllampen neben ihm standen, hob er die Falltür hoch und stieg die Leiter hinab.
    Im dunklen Laderaum wartete er, bis ihm eine der Lampen gereicht wurde. Dann hielt er sie empor und schaute sich aufmerksam um.
    Allem Anschein nach standen die Kanonen an denselben Stellen wie zuvor, ebenso die Materialkisten. Dennoch bezweifelte er nicht, dass er ein verdächtiges Geräusch gehört hatte. Er entfernte sich von der Leiter, und mehrere Männer folgten ihm, die er nicht beachtete, weil er sich auf seine Umgebung konzentrierte. Schließlich blieb er reglos stehen. Nur sein Blick wanderte langsam umher und suchte den Raum ab. Würde er irgendetwas Ungewöhnliches entdecken?
    In der Tat - eine plötzliche Bewegung an der gegenüberliegenden Wand. Blitzschnell lief er darauf zu und packte eine schlanke Gestalt, die mit dem Schott zu verschmelzen suchte. Ins Lampenlicht gezerrt, sah der blinde Passagier wie ein verwahrloster Junge aus. Dafür hielt Alex ihn allerdings nur ein paar Sekunden lang. Dieses Trugbild verflog sofort, sobald er das zerzauste honigfarbene Haar und die großen Augen betrachtete.
    Entsetzt runzelte er die Stirn. Nein, das war unmöglich, denn es widersprach allem, was er über eine wohlgeordnete Welt wusste. Aber das entgeisterte Staunen wich dem beunruhigenden Gefühl einer unausweichlichen Tatsache. Er neigte nicht zum Aberglauben, den die akoranische Kultur verpönte. Dennoch gehörte zu seiner Philosophie die Akzeptanz gewisser unabwendbarer Dinge, die das Leben beeinflussten. Der Mensch kontrollierte sein Dasein in hohem Maße. Nichtsdestoweniger existierte die Macht des Schicksals. Nur ein Narr würde das bestreiten.
    Und Alex war kein Narr, sondern ein Krieger und Anführer. Mit eiserner Selbstdisziplin hatte er seine hervorragenden Fähigkeiten auf Schlachtfeldern und in anderen gefährlichen Situationen bewiesen und alles geleistet, was man vorweisen musste, um den Titel eines Archos zu verdienen. Viele Meilen war er marschiert und geschwommen und auf Berge geklettert, hatte gekämpft und jede erdenkliche Mühsal ertragen - ohne Wasser, ohne Essen, ohne Schlaf und ohne Klagen. Niemals hatte er seinen Gefühlen gestattet, seine Handlungsweise zu beherrschen.
    Bis jetzt. Der wilde Fluch, den er hervorstieß, ließ seine Männer zurückzucken. Ohne ihre Verwirrung zu beachten, verließ er den Laderaum und zog das Mädchen mit sich.
    »Von allen verrückten, idiotischen, gefährlichen Ideen...« Mit jedem Schritt durch den Korridor wuchs sein Zorn.
    Nicht zum ersten Mal bestätigte sich seine Ansicht, die Engländer würden viel zu nachsichtig mit ihren Frauen umgehen. Oder gab es eine andere Erklärung, warum eine junge Dame aus guter Familie, die in der Sicherheit eines komfortablen Heims leben könnte, als blinder Passagier auf ein Schiff schlich? Ganz zu schweigen von der Frage, warum sie ein Königreich ansteuerte, wo man - wie jeder wusste -Ausländer nicht willkommen hieß...
    »Was hat sich Ihr Bruder eigentlich gedacht? Schlimm genug, dass er überhaupt zu dieser Reise aufgebrochen ist! Zumindest hätte er Vorkehrungen treffen müssen, um Sie vor Ihrem eigenen Leichtsinn zu schützen, Lady!«
    Oh ja, auf Akora befolgte man genau die richtigen Regeln. Dort kannten die Frauen ihren Platz im Leben, und daran hielten sie unerschütterlich fest. Obwohl der Vanax und Alex einige Neuerungen anstrebten - an der gesellschaftlichen Position der Akoranerinnen würde sich zum Glück nichts ändern.
    Vor der Kapitänskajüte angekommen, stieß er die Tür auf und schob Lady Joanna hindurch. Sie schwankte und stürzte beinahe, aber sie fand ihr Gleichgewicht sofort wieder. Auf die Tischkante gestützt, drehte sie sich um und starrte ihn an. Im sanften Lampenschein wirkte sie sehr jung und verletzlich, aber auch sehr entschlossen. »Haben Sie mir etwa eine Wahl gelassen, Sir? Das Außenministerium unternahm nichts. Und Sie wollten nicht einmal mit mir

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