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Insel meiner Traeume

Titel: Insel meiner Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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ländlicher Pubs versammelten - anscheinend verspürten sie alle den unwiderstehlichen Drang, sich vom weiblichen Geschlecht abzusondern. Das fand sie ziemlich eigenartig, weil sie den Frauen schließlich nachstellten. Zweifellos steckte eine gewisse Logik dahinter, die ihr jedoch schleierhaft blieb.
    Wenigstens teilweise wurde sie für die Einsamkeit entschädigt. Der Himmel war klar, der Wind günstig, und das Schiff kam schnell voran. Bald würde es sein Ziel erreichen. Joanna wollte sich schon vorher in Gedanken auf ihn konzentrieren, denn sie hoffte, sie würde Royce mit der Hilfe ihrer ungewöhnlichen Begabung aufstöbern. Zunächst zögernd, dann immer entschlossener, versuchte sie, Verbindung mit ihm aufzunehmen. Stunde um Stunde beschwor sie ihn mittels ihrer Einbildungskraft herauf und suchte nach Hinweisen auf seinen Verbleib.
    Und was fand sie? Nur reale Dinge: einen kleinen Hammer, der zwischen zwei Wandtäfelungen steckte - einen vergessenen silbernen Griffel unter dem Bett - ein gefaltetes, aber leeres Blatt Papier hinter dem Kästchen, das die Land-und Seekarten enthielt. Und einmal sah sie die winzige Spitze einer Insel aus dem Meer ragen, die allmählich in voller Größe auftauchte.
    Aber von Royce erschien keine einzige Spur vor ihrem geistigen Auge, und sie versank immer wieder in tiefer Verzweiflung.
    Am vierten Tag der Reise musterte Alex ihr bleiches, trauriges Gesicht und zeigte auf eine Truhe neben dem Schreibtisch. »Da finden Sie Bücher - die können Sie lesen, wenn Sie wollen.«
    Wie oft hatte sie sich gewünscht, Zeit für die Lektüre fesselnder Bücher zu finden? Jetzt öffnete sie die Truhe nur, um dem Fegefeuer der scheinbar endlosen, unnützen Wartezeit zu entrinnen.
    Sie fand dicke Fachbücher über Berg- und Schiffbau, militärische Strategien, zudem mehrere Bände über moderne landwirtschaftliche Methoden, die sie unter anderen Umständen interessiert hätten. Aber im Augenblick war ihr nach leichterer Kost zumute. Und so las sie Gedichte von Coleridge, in einem Buch mit frisch aufgeschnittenen Seiten.
    Danach blätterte sie in Werken von Keats und Wordsworth. Ein Roman, den sie im Vorjahr verschlungen hatte, lag ebenfalls in der Truhe, Sir Walter Scotts »Das Fräulein vom See«. Erfreut beschloss sie, ihn ein zweites Mal zu lesen. Doch da entdeckte sie - Wunder über Wunder - eine literarische Sensation, über die jedermann sprach, sogar im dörflichen Hawkforte. Angeblich aus der Feder einer Lady geflossen, die dem Landadel entstammte, hatte »Vernunft und Gefühl« großes Aufsehen erregt.
    Joanna erkannte bald, warum. Von den Abenteuern der Familie Dashwood gefesselt, blieb sie an diesem Abend viel länger wach als normalerweise und schlief nicht ein, bevor die romantischen Probleme der Schwestern gelöst waren.
    Erst am späten Morgen öffnete sie die Augen. Auf dem Tisch stand ein Tablett mit ihrem Frühstück. Also musste Alex zu ihr gekommen sein, während sie tief und fest geschlummert hatte. Verlegen seufzte sie, dann ermahnte sie sich: Sei nicht albern! Hatte er ihre Wunde nicht behutsam verarztet, ihr seine Kabine überlassen und sie stets äußerst rücksichtsvoll behandelt? Er benahm sich genauso, wie sie es von einem englischen Gentleman erwarten würde - obwohl er ein halber Akoraner war.
    Nachdem sie gegessen und geduscht hatte, kehrte sie zu der Büchertruhe zurück, wühlte darin und schrie entzückt auf. Unter englischen Romanen und Gedichtbänden lagen mehrere alte Handschriften.
    Neugierig nahm sie eine heraus und schlug sie vorsichtig auf. Die Schrift bestand aus schwerem Pergament, so wie einige alte Bücher in der Hawkforte-Bibliothek. Zu ihrer Überraschung konnte Joanna das Werk trotz der altertümlichen, mit sorgfältiger, gleichmäßiger Hand gemalten Buchstaben lesen, allerdings etwas mühsam. Die ersten Zeilen raubten ihr den Atem.
    »Sage mir, Muse, die Taten des viel gewanderten Mannes, welcher so weit geirrt nach der heiligen Troja Zerstörung.«
    Die Odyssee! Homers grandioses Epos über Odysseus, das Joanna sehr gut kannte... Dem Alphabet nach glich es dem Griechisch, das sie beherrschte, wenn es auch wesentliche Unterschiede gab. So wie sie das Akoranisch, das an Deck gesprochen wurde, teilweise verstand, konnte sie nun einzelne Zeilen der alten Handschrift lesen, aber nicht den gesamten Text.
    Im Nu verging der restliche Vormittag. Sie sah kaum von ihrer Lektüre auf. Allmählich entschlüsselte sie die Bedeutung von Wörtern, die ihr

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