Insel meiner Traeume
denken.
Wohlwollend lächelte Sida. Bevor sie sich entfernte, füllte sie einen Kelch mit strohfarbenem Wein. »Bald komme ich wieder, Lady.«
Joanna nickte geistesabwesend, viel zu sehr mit den schmackhaften, gebratenen Fischen beschäftigt, um irgendetwas anderes wahrzunehmen. Da sie den ganzen Tag nichts gegessen hatte, hätte sie sich auch mit schlichteren Speisen zufrieden gegeben. Aber was Sida aufgetischt hatte, wäre eines Königs würdig gewesen.
Oder eines Prinzen... Beklommen entsann sie sich, wie die Haushälterin Darcourt genannt hatte - Prinz Alexandros.
Natürlich war sie über seine königliche Herkunft informiert gewesen. Doch ihr wurde erst jetzt so richtig bewusst, was das bedeutete. Seine Männer sprachen ihn mit »Archos« an. Offenbar ein militärischer Titel, vermutete sie. Und » Kreon « - daran würde sie sich gewöhnen. Aber ein Prinz! Oh Gott, und sie hatte ihn so dreist belästigt, schon in London. Dann war sie ihm heimlich auf sein Schiff gefolgt und hatte verlangt, er müsse ihr bei der Suche nach ihrem Bruder helfen. Von jenem Kuss ganz zu schweigen...
Nein, daran wollte sie jetzt nicht denken. Darüber hatte sie sich lange genug den Kopf zerbrochen. Jetzt war es an der Zeit, besonnen zu handeln, vor allem wenn sie Alex dazu bringen wollte, ihr Problem zu lösen. Sie überlegte gerade, wie sie anfangen sollte, als sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm.
In einem kleinen Torbogen, den sie zuvor nicht bemerkt hatte, flatterte ein Vorhang. Nur ganz leicht - doch das genügte, um ihr zu verraten, dass sie beobachtet wurde. Dieses unangenehme Gefühl wurde noch verstärkt, weil sie sich an Alex’ Warnung erinnerte. Unmissverständlich hatte er verkündet, es sei erforderlich, dass sie einen gewissen Schein wahrte.
Ein erster Impuls drängte sie, aufzuspringen und den Vorhang beiseite zu reißen. Glücklicherweise besann sie sich eines Besseren. So würde sich eine »Konkubine« nicht benehmen. Waren diese Geschöpfe nicht viel zu gelassen und weltgewandt für solche Temperamentsausbrüche? Eine Konkubine wäre es gewöhnt, angestarrt zu werden, und es würde sie nicht im Mindesten stören.
Im Gegenteil, sie wäre sogar amüsiert. Joanna versuchte, leise zu lachen, aber das klang in ihren eigenen Ohren hohl und unecht. Schließlich begnügte sie sich mit einem Seufzer und hoffte, er würde gelangweilt klingen. Um ihre Nonchalance sicherheitshalber zu unterstreichen, nippte sie an ihrem Weinglas und drehte den Stiel hin und her, bis es ihr aus der Hand zu fallen drohte. Etwas zu abrupt stellte sie es auf den Tisch und schaute zu dem Vorhang hinüber, der sich inzwischen ein wenig weiter geöffnet hatte. Jetzt sah sie ein Auge - ganz eindeutig.
»Kommen Sie nur hervor!«, rief sie. »Ich weiß, dass Sie da sind!«
Nach kurzem Zaudern trat eine bildschöne Frau ins Zimmer, kleiner als Joanna und ein paar Jahre jünger. In dichten, glänzenden Locken fiel ihr tiefschwarzes Haar auf die Schultern. Ihre schlichte, knöchellange weiße Tunika ließ die Arme frei. Unter dem dünnen Stoff zeichneten sich wohl gerundete Brüste und eine schmale Taille ab. Von langen Wimpern umrahmt, beherrschten dunkle Augen fein gezeichnete Züge, und ihr Teint erinnerte an Milch mit einem Tropfen Honig.
Aufmerksam musterte Joanna das Mädchen. Irgendetwas an dieser geraden Nase und den vollen Lippen kam ihr bekannt vor. Aber im Augenblick war sie zu sehr mit anderen Gedanken beschäftigt, um herauszufinden, woran das liegen mochte.
Eine schöne Frau in Darcourts Suite... Heiliger Himmel, das hätte sie sich denken können! Nur weil er unverheiratet war, musste es ihm nicht an weiblicher Gesellschaft mangeln.
Und wie soll ich meine Anwesenheit erklären, fragte sich Joanna. Schlimmer noch - wie sollte sie das verwirrende Feuer der Eifersucht ignorieren, das plötzlich in ihr loderte? Sie räusperte sich und stand auf. Erbost über das formlose Gewand, das sie tragen musste, wünschte sie, es hätte wenigstens Taschen, in denen sie ihre geballten Hände vergraben könnte.
Als sie zu sprechen beginnen wollte, lächelte das Mädchen zu ihrer Überraschung und errötete - natürlich auf ganz reizende Weise. »Tut mir so Leid. Sicher halten Sie mich für die unhöflichste Person auf Erden. Wie ich gestehen muss - vorhin hörte ich die Dienstboten über Sie reden. Und da wurde ich von meiner Neugier überwältigt. Bitte, verzeihen Sie mir.«
Englisch. Diese wunderschöne Akoranerin sprach fließend
Weitere Kostenlose Bücher