Insel meines Herzens
ein. Dabei stellte sich nichts heraus. Offenbar suchte niemand nach einem vermissten Ehepaar namens Wilcox oder dem Kind der beiden.«
Auf seinem Stuhl zurückgelehnt, schaute er Hollister eindringlich an.
»Vielleicht würden Sie jetzt eine Erklärung abgeben. Wie konnte Ihre Familie eine Tochter und eine Enkelin verlieren und diese Tatsache so wirkungsvoll geheim halten, dass unsere Agenten nichts herausfanden?«
»Hoheit...«
»Rechtfertigen Sie sich!«, fiel Atreus dem Earl ins Wort. »Oder die Angelegenheit ist hiermit abgeschlossen. Als Vanax bin ich für das Wohl aller Akoraner verantwortlich, und das gilt auch für Brianna. Niemals werde ich sie über die Existenz einer Familie informieren, die mir nicht die ganze Wahrheit über gewisse Hintergründe anvertraut.«
Obwohl Hollister erblasste, nahm sein Gesicht einen energischen Ausdruck an. »Nun, das alles ist sehr bedauerlich. Mein Onkel, von dem ich den Titel geerbt habe, missbilligte die Heirat meiner Kusine. Deshalb kam es zu einer Entfremdung. Der verstorbene Earl, ein sehr willensstarker Mann, ertrug es nicht, wenn sich irgendjemand seinen Wünschen widersetzte. Und weil er dem jungen Ehepaar das Leben in England zur Hölle machte, flüchteten die beiden auf den Kontinent. Nie wieder wurde Delphine erwähnt. Viele Jahre später, nach dem Tod meines Onkels, fand ich interessante Unterlagen in seinen Papieren. Daraus ging hervor, dass er vom Verschwinden seiner Tochter wusste und Nachforschungen anstellen ließ, um herauszufinden, was geschehen war. Doch das hatte er uns verschwiegen. Nachdem er uns befohlen hatte, Delphine einfach zu vergessen, war in unserer Familie nie mehr über sie gesprochen worden. Das muss der Grund gewesen sein, warum Ihre Agenten nichts in Erfahrung brachten, Hoheit.«
»Welch eine schreckliche Zeitverschwendung«, murmelte Alex.
»In der Tat«, stimmte Hollister zu. »Und jetzt möchte ich einiges wiedergutmachen.« Er wandte sich erneut an Atreus. »Seien Sie versichert, Hoheit, meine Familie wird Brianna freudig und liebevoll aufnehmen – und stets für ihr Wohl sorgen. England ist ihre Heimat. Und wie ich betonen möchte – hier hat sie die allerbesten Zukunftsaussichten.«
»Sie erfreut sich bereits einer Heimat und einer Familie«, erwiderte Atreus in ruhigem Ton. »Und was ihre Aussichten betrifft...« Abrupt verstummte er. Dieser Engländer warf ein Problem auf. Wenn Brianna nicht erfuhr, woher sie stammte, würde sie niemals wahren inneren Frieden finden. Und das musste ihre Seele zutiefst verletzen. Auf Akora, wo angeblich die Krieger herrschten und die Frauen dienten, wuchs jeder Junge mit dem strengen Gebot auf, niemals einer Frau zu schaden. Dies hatte Atreus ebenso akzeptiert wie eine andere Verantwortung, die ihn möglicherweise in ernsthafte Konflikte mit seinem Gewissen stürzen würde.
Wenn er Brianna von ihrer englischen Verwandtschaft erzählte, würde sie sich vielleicht ein Leben wünschen, das er ihr nicht gestatten durfte. Sonst würde er seine vorrangigen Pflichten gegenüber Akora vernachlässigen.
»Darüber muss ich nachdenken«, entschied er und stand auf. »Bevor ich eine Entscheidung treffe, werden Sie nicht an Brianna herantreten. Ist das klar?«
Auch Hollister erhob sich. »Gewiss, Hoheit«, willigte er ein und verbeugte sich steif. »Aber ich hoffe inständig, Sie werden den richtigen Entschluss fassen. Niemandem wäre gedient, sollten Sie das Unrecht, das mein Onkel beging, auf sich beruhen lassen.«
Nachdem Hollister die Tür hinter sich geschlossen hatte, seufzte Alex tief auf. »Was für eine verdammte Situation!«
»Ja, äußerst problematisch... Könntest du möglichst viele Informationen über die Familie Hollister sammeln? Ich möchte alles wissen – die Geschichte, den Ruf, das Vermögen.«
»Wirst du Brianna einweihen?«
Atreus zögerte. »Das weiß ich noch nicht. Wäre es denkbar, dass Hollister meine Anweisung missachtet und ein Gespräch mit Brianna sucht?«
»Wohl kaum... Zumindest nicht während der nächsten Tage«, schränkte Alex nach einer kurzen Pause ein. »Doch er wird sich nicht allzu lange gedulden. Offensichtlich ist er von seiner Mission überzeugt, jenes alte Unrecht aus der Welt zu schaffen.«
»Und vielleicht wird er ein neues Unrecht gegen mein Land begehen, über das er nichts weiß. Er hat auch gar keinen Grund, Rücksicht auf Akora zu nehmen.«
»Ziemlich delikat, dieses Dilemma. Nun möchte ich dir zweierlei vorschlagen: Informieren wir
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