Insel meines Herzens
in allen Belangen akzeptieren. Diese Erkenntnis irritierte ihn.
Allem Anschein nach akzeptierte Brianna nichts dergleichen.
Nun wählte er seine Worte sehr sorgfältig. »Nachdem ich dem Earl zugehört hatte, beschloss ich, mich über die Familie Hollister zu informieren. Ich wollte feststellen, was auf Sie zukommen würde, wenn diese Menschen Kontakt mit Ihnen aufnehmen.«
»Also versuchen Sie, mich zu beschützen?« Nur zu deutlich verriet ihr Tonfall, was sie davon hielt.
»Fällt es Ihnen so schwer, das hinzunehmen?«
»Ich will nicht beschützt werden, ich will die Wahrheit erfahren!« Allmählich verflog ihr Unmut, und ihre Stimme klang etwas sanfter. »Wie wichtig mir das alles ist, können Sie sich wohl kaum vorstellen, Sire. Ihr Leben lang haben Sie der Atreiden-Familie angehört. Wer Sie sind und woher Sie stammen, stand niemals infrage. Aber ich wurde stets von dieser schrecklichen Ungewissheit verfolgt, seit ich mich zurückerinnern kann.« Beschwörend schaute sie ihn an. »Natürlich liebe ich die Familie, in deren Obhut ich gegeben wurde. Meine Eltern sind wundervolle Menschen, ebenso meine Brüder, meine Tante, sie alle. Und ich liebe Akora. Ich bin zutiefst dankbar, nachdem ich in einem so schönen Paradies aufwachsen durfte. Trotzdem genügt mir das nicht, ich brauche Klarheit. «
Noch länger durfte er ihr nicht verschweigen, was Hollister ihm anvertraut hatte. Das erkannte er, noch während sie sprach. Deshalb verwarf er seinen Entschluss, sie erst auf Hawkforte einzuweihen. Nicht zuletzt, weil sie ohnehin fähig schien, alle Geheimnisse aus eigener Kraft zu enthüllen...Außerdem durfte er ihren Seelenschmerz und ihre Sehnsucht nicht ignorieren. Das würde er sich niemals erlauben.
»Setzen Sie sich«, bat er wieder.
Diesmal gehorchte sie, denn sie spürte, dass sie die Oberhand gewonnen hatte.
»Weil Ihr Großvater die Ehe missbilligte«, beendete Atreus etwas später seinen Bericht, »verstieß er Ihre Mutter. Soweit der jetzige Earl Bescheid weiß, nahm sein Onkel nie mehr Verbindung mit seiner Tochter auf.«
Brianna nippte an ihrem Brandy, den Atreus ihr aufgedrängt hatte, und die feurige Flüssigkeit bekämpfte die Kälte, die ihr Herz erfüllte, seit sie der Geschichte ihrer Mutter lauschte. »Da irrt sich William Hollister. Wenigstens einmal muss ein Treffen zwischen meiner Mutter und ihrem Vater stattgefunden haben, und zwar in Holyhood. Sonst würde ich mich nicht an das Haus erinnern.«
»Allem Anschein nach«, stimmte Atreus zu, die Augen von Sorge überschattet, mit ernster Miene, die Stirn gerunzelt.
Trotzdem sah er umwerfend attraktiv aus – und so männlich. Mit seinen breiten Schultern, der stolzen Neigung des Kopfes, zog er ihren Blick immer wieder auf sich. Über seine Brauen fiel eine ebenholzschwarze Locke. Um den fast unbezähmbaren Drang zu unterdrücken, die schimmernde Haarsträhne beiseite zu streichen, ballte sie ihre Hand.
Sie kannte seinen Körper, denn sie hatte geholfen, ihn zu pflegen, während er hilflos ans Krankenlager gefesselt gewesen war. Doch nun glaubte sie beinahe, dies wäre in einem anderen Leben geschehen, und jener Patient hätte nichts mit dem Mann gemein, der jetzt neben ihr saß. Sie kannte den Schatten seiner Wimpern auf schmalen Wangen, die Kontur seines Kinns, die zahlreichen Narben, die seine Schönheit eher hervorhoben als beeinträchtigten. Oh ja, er war schön, obwohl er ein solches Kompliment sicher weit von sich weisen würde. Vielleicht würde er sogar erröten, wie in jenem Moment, in dem sie seine Weste bewundert hatte. Nach einem solchen Mann drehten sich alle Frauen um. Doch darauf achtete er nicht – vielleicht wurde ihm seine Anziehungskraft nicht einmal bewusst.
Was für unwillkommene Gedanken... Trotzdem war sie unfähig, dagegen anzukämpfen. Ebenso wenig konnte sie glauben, wie kühn sie ihn herausgefordert hatte. Den ganzen Tag lang war sie so fest entschlossen gewesen, ihn zur Rede zu stellen. Sie würde ihn auffordern, ihr alles mitzuteilen, was er wusste, ohne sich von seiner Macht, seiner starken Persönlichkeit einschüchtern zu lassen... Oh, diese überwältigende Ausstrahlung...
Doch es war ihr gelungen, sich dagegen zu wappnen. Und Wunder über Wunder – er hatte ihr erzählt, was sie wissen wollte. Und jetzt saß er ganz dicht neben ihr. Tröstend hielt er ihre Hand fest.
»Meine Eltern sind gestorben«, sagte sie leise und scheute zurück vor diesem brennenden Schmerz – plötzlich neu und real,
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