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Insel meines Herzens

Insel meines Herzens

Titel: Insel meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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Labyrinth der Korridore trug. Er hatte sich nur Zeit genommen, um seinen Faltenrock anzuziehen, aber keine Schuhe. Immer noch in die Decke gewickelt, lag sie an seiner Brust.
    »Du brauchst Ruhe.«
    Vielleicht schlief sie schon, denn als Nächstes wurde ihr bewusst, dass er die Tür zu seiner Suite im Privatflügel des Palasts aufstieß. Hier herrschte Grabesstille. Castor war verschwunden, kein anderer Diener zeigte sich. Nach dem langen, rauschenden Fest schienen das ganze Gebäude und die Stadt zu schlummern.
    »In deine Gemächer darfst du mich nicht bringen«, flüsterte sie, aber Atreus beachtete ihren Einwand nicht. Er schlug sein Bett auf, wickelte Brianna aus der Decke und legte sie behutsam hin. An ihrer erhitzten Haut fühlte sich das Leinen kühl an. Sie erschauerte, dann wurde sie von starken Armen umfangen, und das Zittern verebbte.
    Seufzend entspannte sie sich und glitt ins Reich der Träume hinüber. Aber Atreus fand keinen Schlaf. Hellwach lag er neben ihr. Der Morgen ging in den Nachmittag über, der Regen versiegte. Nur sein Geruch hing immer noch in der Luft. Vereinzelte Geräusche drangen zu ihm, zumeist die Stimmen der Palastwache. So müde die Krieger auch sein mochten, niemals würden sie ihre Pflicht verletzen. Gelegentlich bellten Hunde, oder ein Hahn krähte zur Unzeit. Ansonsten lag immer noch Stille über der Stadt.
    Dafür war er dankbar, denn das Schweigen half ihm, klarer zu denken.
    Er musste Brianna die Wahrheit gestehen. Die Informationen über ihre Herkunft, von William Hollister erhalten, hatte er ihr nicht verheimlichen können. Genauso wenig durfte er sie im Glauben an ihre eigene Schuld lassen. Sie dachte, sie wäre verantwortlich für den Tod ihrer Eltern.
    Welch eine bittere Ironie... Freudlos lächelte er vor sich hin.
    Wenn sie die Wahrheit erfuhr – und das musste geschehen – was dann? Das Schicksal hatte sie zu seiner Ehefrau bestimmt. Das wusste er seit acht Jahren, und dass sie zusammengehörten, stand für ihn fest, eindeutiger denn je. Aber während ihm die Verbindung bisher unausweichlich erschienen war, fühlte er sich jetzt nicht mehr so sicher.
    Seine Schwester hieß Kassandra, nach der Prophetin von Troja, deren Warnung vor dem Unheil nicht beachtet worden war. So wie jene Seherin hatte auch Kassandra in die Zukunft geschaut. Diese »Gabe«, oft eher ein Fluch, war mittlerweile entschwunden, nachdem sie ihren Zweck erfüllt hatte. Aber der Zeit, in der Kassandra die Fähigkeit besessen hatte – oder von ihr besessen worden war, um es genauer auszudrücken –, verdankte sie eine wichtige Erkenntnis: Viele verschiedene Wege führten in die Zukunft, die entweder Wirklichkeit wurden oder auch nicht – je nachdem, wie sich die Menschen entschieden.
    War Atreus’ Leben mit Brianna ein Weg, dem er besser nicht folgen sollte?
    Sobald ihm dieser Gedanke durch den Sinn ging, nahm er sie noch fester in die Arme. Er hatte sie gesucht, um seine Pflicht als Vanax zu erfüllen. Und als ein Mann hatte er sie gefunden – ein Mann, der sie liebte.
    Liebte er sie innig genug, um sie gehen zu lassen? Wenn es sein musste? Wenn es keinen anderen Weg gab?
    Plötzlich bewegte sie sich ein wenig. Störten die Fragen, die ihn peinigten, ihre Träume? Er flüsterte ihr Koseworte zu, und sie beruhigte sich. Ohne zu erwachen, tastete sie nach seinem Handgelenk, und ihre Finger berührten den Puls seines Lebens.

Kapitel 14
    A ls der Abend dämmerte, brachte ihnen die Dienerin Sida eine Mahlzeit. Sie betrat nur das Vorzimmer. Leise rief sie ihnen einen Gruß zu und entfernte sich diskret, nachdem sie das Tablett abgestellt hatte. Atreus holte es und trug es ins Schlafgemach.
    Verwundert hob er die Brauen. »Sida glaubt anscheinend, wir hätten einen unbändigen Appetit.«
    »Da hat sie völlig Recht«, erwiderte Brianna und begutachtete das üppig beladene Tablett. »Ich sterbe vor Hunger.« Nur leicht verlegen setzte sie sich auf und zog ein Laken um ihre Schultern. Über ihr Geständnis staunte sie selber.
    Nicht nur darüber... Sie hatte Atreus die Wahrheit erzählt – jetzt kannte er ihr schreckliches Geheimnis. Trotzdem blieb er bei ihr und schaute sie an, als würde ihn ihr Anblick entzücken.
    »Atreus...«
    »Später.« Er stellte das Tablett auf das Bett und setzte sich zu ihr. »Was möchtest du essen?«
    Mochte es auch feige sein – für eine kleine Weile verdrängte sie ihre dunklen Sorgen nur zu gern. Außerdem verströmte das Tablett köstliche Düfte, die ihr in die

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