Inselglück
womöglich doch, ein klein wenig nur. Und nun wurde Connie bestraft. Sie wurde bestraft, weil sie nicht darüber gejubelt hatte, dass ihre Tochter in eine Frau verliebt war.
Sie hatte ihre Lektion gelernt. Connie würde alles – ihr Haus, ihr Geld, ihren rechten Arm – dafür geben, nur Ashlyns Stimme zu hören.
Dan räusperte sich. »Schwierige Sache«, sagte er.
»Die schwierigste Sache, mit der ich dienen kann.« Connie lachte ein wenig. »Denk dran, du hast mich gefragt.«
»Ich weiß nicht so recht, was ich sagen soll, außer dass mir klar ist, wie du dich fühlst. Irgendwie. Ich habe eine dunkle Ahnung.«
Ein paar Sekunden lang saßen sie schweigend da. Connies Gedanken rasten; sie spürte, dass ihre Zeit hier dem Ende zuging. Sie war nicht sicher, ob sie einfach in ihr Auto würde steigen und wegfahren können, nachdem sie diesem Mann ihre intimsten Geheimnisse anvertraut hatte. Die Sonne stand hoch am Himmel, es war heiß, Connie brauchte Wasser, Schatten, wollte schwimmen. Aber sie würde hier sitzen bleiben und Sommersprossen bekommen und sich die Haut verbrennen, solange sie nur an Dans Seite sein konnte.
»Du kommst zu spät zur Arbeit«, sagte sie.
»Das stimmt«, entgegnete Dan fröhlich, stand auf und zog sie hoch. »Los, wir gehen mittagessen.«
Es war erst halb zehn, ein bisschen früh fürs Mittagessen, fanden sie beide, doch Connie war seit fünf Uhr auf, so dass es ihr vorkam wie mitten am Tage. Sie ließ ihren Wagen auf dem Parkplatz von Monomoy stehen und kletterte in Dans Jeep. Sie zitterte, entweder von einem Hitzschlag oder aus Erleichterung. Sie hatte ihm das Schlimmste erzählt, und er wollte trotzdem mit ihr zusammen sein.
»Ich muss die Lebensmittel hier nach Hause bringen«, sagte er. »Fahren wir bei mir vorbei, okay?«
»Okay.«
Sie fuhren zurück zur Milestone Road und von dort in die Sheep Commons Lane und bogen dann in eine kreisförmige Einfahrt ab. Das Haus war mit grauen Holzschindeln und weißen Zierleisten verkleidet, genau wie Connies, und hatte einen Ziegelschornstein und vorn eine Veranda mit einer hübschen Schaukel; am Geländer lehnte ein Sportrad. An der Seite sah Connie einen üppigen, fachkundig angelegten Garten mit einer steinernen Bank zwischen den Funkien.
»Ich laufe schnell rein«, sagte Dan und hievte seine Einkäufe aus dem Kofferraum.
»Gut.« Innerlich sang Connie: Er will mit mir zusammen sein! Wenn sie heute früh schon gewusst hätte, wie ihr Ausflug in den Supermarkt ausgehen würde, wäre sie nicht in Panik geraten. Hätte sie es doch schon in den letzten Wochen gewusst, als sie zu Hause Trübsal geblasen hatte! Sie konnte es gar nicht abwarten, Meredith davon zu erzählen. An diesem Punkt fiel ihr ein, dass Meredith seit Stunden allein war und keine Ahnung hatte, wo Connie war. Sollte Connie sie anrufen? Sie kramte in ihrer Tasche. Ihr Handy war nicht darin; es lag in der Küche und lud sich auf.
Meredith würde klarkommen, befand Connie. Schließlich war sie kein Kind mehr.
Als Dan wieder auftauchte, sagte er: »Gut, dass du nicht mit reingekommen bist. Mein Sohn Donovan saß in Unterwäsche auf dem Sofa und sah sich zum Frühstück ›Motz meine Karre auf‹ an. Den Anblick hätte ich dir nicht gewünscht.«
Dan fuhr die Polpis Road entlang nach Sconset, und zwar auf langen Umwegen über das Land, das seiner Familie gehörte. Es waren insgesamt vierzehn große Grundstücke in Squam und Quidnet, mit Häusern, für deren Vermietung und Instandhaltung Dan zuständig war. Außerdem erzählte er Connie von den Wampanoag-Indianern, die Nantucket bevölkert hatten, bevor im 17. Jahrhundert die Coffins und Starbucks eintrafen.
»Und die Flynns«, warf Connie ein.
»Erst 1805. Wir waren Spätankömmlinge.«
Kurz vor Mittag machten sie zum Lunch im Summer House halt. Dan hatte Carte blanche in dem Restaurant am Pool, weil er hier jeden Frühling die Hochdruckreinigung erledigte. Er und Connie setzten sich auf Liegestühle in der Sonne, und ein Kellner kam, um ihre Getränkebestellung aufzunehmen. Dan orderte ein Bier, und Connie hätte sich Wein bestellen können, den sie sehr gern getrunken hätte, aber nein, beschloss sie, das würde sie nicht tun. Sie hatte ihn nicht nötig. Sie entschied sich für einen Eistee.
Um halb drei lieferte Dan Connie bei ihr zu Hause ab. Er hatte seine Morgentermine abgeblasen, doch um drei Uhr warteten Verpflichtungen, die er nicht ignorieren konnte. Connie war schwindelig vor Glück. Sie hatten am Pool des
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