Inselglück
Auf der Schweizer Bank, wo Thad Orlo zuletzt angestellt war, gab es vier Nummernkonten, die aussahen, als könnten sie mit Delinn Enterprises in Verbindung stehen. Jedes dieser Konten weist dieselben Ziffern und Buchstaben auf wie Ihr angebliches NASA -Zertifikat, nur in unterschiedlicher Reihenfolge, und sie wurden alle von Thad Orlo ›verwaltet‹ und beliefen sich jeweils auf etwas weniger oder etwas mehr als eine Milliarde Dollar. Aber es fand keine Bewegung auf ihnen statt.«
Meredith sagte nichts. So ungern sie es zugab, Thad Orlo und das fehlende Geld interessierten sie nicht mehr. Trotzdem fragte sie: »Und wessen Konten waren das?«
»Alle vier wurden unter dem Namen Kirby Delarest geführt.«
Meredith rang nach Luft.
»Warten Sie, es wird noch besser«, sagte Dev.
»Sie wissen doch, wer Kirby Delarest ist, oder?«, warf Meredith ein. »Er wohnte in Palm Beach in unserer Nähe. Er war ein Investor von Freddy.«
»Kein Investor. Er war Freddys Handlanger, derjenige, der das Geld bunkerte und hin und her schob.«
»Er ist tot«, sagte Meredith. Sie dachte an Amy Rivers und den Ekel in ihrer Miene. »Er hat sich umgebracht.«
»Er hat sich umgebracht, weil er so tief mit drinsteckte. Weil er Angst hatte, erwischt zu werden. Aber, Meredith … « Hier hielt Dev inne. Meredith stellte sich vor, wie er seinen fransigen Pony beiseitestrich oder seine Brille zurechtrückte. »Er hat nicht nur bei Thad Orlo investiert. Er war Thad Orlo.«
»Was?«
»Kirby Delarest und Thad Orlo waren ein und dieselbe Person. Er hatte zwei Pässe – einen amerikanischen als Kirby Delarest und einen dänischen als Thad Orlo. Thad Orlo hatte ein Apartment in der Schweiz, wo er für die Schweizer Bank arbeitete und vier Konten mit insgesamt vier Milliarden Dollar verwaltete. Kirby Delarest, Bürger von Palm Beach, Florida, besaß drei große Apartmentanlagen in West Palm sowie ein chinesisches Restaurant und ein paar Billigeinkaufszentren. Sein wahres Tätigkeitsfeld lag jedoch im Ausland. Da brachte er das Geld von Freddys Klienten unter. Vier Milliarden Dollar. Können Sie sich das vorstellen?«
Meredith durfte nicht vergessen zu atmen. Sie sah, dass Connie die Treppe vom Strand heraufkam und sich dabei die nassen Haare mit einem Handtuch abrubbelte, und betete, sie möge nicht hereinkommen und fragen, ob Meredith zum Mittagessen ein Truthahnsandwich wolle. Meredith musste verarbeiten, was sie gerade gehört hatte; sie fühlte sich zwischen zwei Welten hin- und hergerissen. Da war diese Welt, Nantucket, mit dem Meer und der Außendusche und Lunch auf der Terrasse, und dann gab es die Welt der internationalen Banken und doppelten Identitäten und Lügen. Kirby Delarest war Thad Orlo. Kirby war groß und blond und schlank gewesen und hatte einen Akzent gehabt, der seiner Behauptung nach auf seine Herkunft aus Wisconsin zurückzuführen war. Meredith hatte gewusst, dass an dieser Antwort etwas nicht stimmte, doch sie hatte nicht nachgefragt. Was hatte Freddy immer gesagt? Leute aus dem Mittleren Westen seien die ehrlichsten Menschen auf Erden. Ha! Kirby Delarest hatte mit Freddy unter einer Decke gesteckt. Seine Töchter trugen stets diese wunderhübschen aufeinander abgestimmten Designerkleider. Meredith dachte an den Tag, an dem sie Freddy und Kirby Delarest am Pool entdeckt hatte, an den teuren Wein, konsumiert von zwei Männern, die die Tatsache feiern wollten, dass sie die halbe Welt beraubten. Kirby Delarest hatte sich lieber in den Kopf geschossen, als Freddys Schicksal zu teilen.
Merediths Augen brannten, als wäre sie in der Wüste. Die Kontonummern waren also Variationen des erfundenen NASA -Sterns. Die Konten waren Silver-Girl-Konten. Belastete sie das irgendwie? Bitte nicht, betete sie.
»Sie haben das Geld also?«, fragte sie. »Vier Milliarden? Das ist viel Geld.«
»Nein, nein«, sagte Dev. »Es wurde letzten Oktober abgehoben. Alles – es ist weg, verschwunden. Höchstwahrscheinlich in bar woanders hingeschafft.«
»Wann im Oktober?« Meredith hatte Angst vor der Antwort.
»Am 17.«
Sie schloss die Augen. Connie klopfte an die Glastür. Meredith öffnete die Augen. Connie formte mit dem Mund die Worte Alles okay?
»Das ist … «, sagte Meredith.
»Was?«, fragte Dev.
»Sind Sie sicher, dass es der 17. war? Der 17. Oktober?«
»Was ist denn damit?«, wollte Dev wissen. »Was ist am 17. Oktober?«
»Samantha Deuces Geburtstag.«
»Okay«, sagte Dev. »Okay, okay, okay. Könnte Zufall sein. Ist es
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