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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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Geschäft einstiegen, obwohl von Anfang an offenkundig gewesen war, dass er nur Leo dazu würde bewegen können. Leo hatte sich wahnsinnig ins Zeug gelegt und im Vergleich zu den Ganoven im sechzehnten Stock sehr wenig verdient. Das war dem FBI doch wohl klar? Wäre Leo an dem Schneeballsystem beteiligt gewesen, hätte er dann nicht reich sein müssen wie die anderen auch? Warum sollte Freddy ihn in illegale Machenschaften verstrickt haben? Das wäre ja, als hätte er ihm eine Waffe gegeben und gezwungen, einen Supermarkt zu überfallen.
    Beschütze Leo, betete Meredith.
    Dann entzündete sie eine Kerze für Carver. Carver war ein Freigeist, der kein Interesse an einem Bürojob gehabt hatte, und Freddy hatte ihn widerstrebend ziehen lassen. Als Carver ihn aber um ein Darlehen gebeten hatte, um sein erstes Renovierungsprojekt zu finanzieren, hatte er abgelehnt. Keine Almosen. Also war Carver selbst zur Bank gegangen, und man hatte ihm einen Kredit bewilligt, weil er Delinn hieß, und einen Delinn wies keiner ab. Deshalb war er jetzt Gott sei Dank nicht mitbetroffen und konnte seinem Bruder als Bautischler ein Dach über dem Kopf bieten.
    Bewahre Carter seine Stärke, betete Meredith.
    Es dauerte ein Weilchen, bis sie beschloss, die letzte Kerze für Freddy anzuzünden, aber ihr fiel nichts ein, was sie Gott zu seinen Gunsten sagen konnte.
    Sie bekreuzigte sich und trat wieder hinaus in die Sonne, bereit heimzufahren. Ihre Perücke fing an zu jucken.
    Als sie in Connies Einfahrt bogen, musterte Meredith die Fassade des Hauses. Die Farbe war abgegangen, aber der Druck des Wasserstrahls hatte ein Gespenst des Wortes VERBRECHER erzeugt. Wenn man genau hinschaute, stand es da immer noch geschrieben – nur nicht in den grässlichen grünen, sondern in verblassten Buchstaben. Dan war am Vormittag noch einmal gekommen, um letzte Hand anzulegen. Sie hatten ihn verpasst, doch auf dem Rasen waren verräterische Pfützen. Er hatte versprochen, dass die gereinigten Schindeln mit der Zeit nachdunkeln würden. In einem halben Jahr, hatte er gesagt, würde der Schaden komplett behoben sein.
    Connie nahm ihre Einkäufe vom Rücksitz des Escalade. »Dan war hier«, sagte sie mit einem Blick auf die tropfende Dachtraufe. »Schade, dass wir ihn verpasst haben.«
    Meredith war als Erste an der Haustür. Im Rahmen des Fliegengitters steckte eine Visitenkarte. Sie zog sie heraus – es war Dans. Auf die Rückseite hatte er Connie, rufen Sie mich an! geschrieben. Ein Schwall jungmädchenhafter Erregung überschwemmte Meredith.
    »Guck mal!«, sagte sie. »Die hat er dagelassen!«
    Connie drehte die Karte um. Ihr Gesichtsausdruck war unergründlich. »Wahrscheinlich geht es um das Haus. Oder um die Rechnung.«
    Leichte Panik stieg in Meredith auf. Die Rechnung. Sie würde sie bezahlen, doch wie hoch würde sie sein? Vierhundert? Sechshundert?
    »Du rufst ihn doch an, oder?«, fragte sie.
    »Jetzt nicht«, sagte Connie.
    Meredith drängte sie nicht. Drinnen zog sie die Haarnadeln aus ihrer Perücke und nahm sie ab. Ahhhh. Ihre richtigen Haare, die sich nur als blondgrau beschreiben ließen, waren verfilzt. Sie versuchte, sie vor dem Spiegel zu richten. Die Brille war wirklich furchtbar. Kein Mann würde ihr je seine Visitenkarte hinterlassen. Aber das war okay; es war das Beste so.
    Meredith wäre zu gern schwimmen gegangen. Zwanzig Stufen unterhalb der besonnten Terrasse lag der Strand, warteten goldener Sand und kühles blaues Wasser. Aber im Gegensatz zu dem belebten, geschäftigen Stadtzentrum flößte Connies Grundstück ihr jetzt Angst ein.
    »Da ist Harold«, sagte Connie.
    »Wo?«
    Connie zeigte auf einen Punkt im Meer, und Meredith sah den glatten schwarzen Kopf auftauchen und wieder verschwinden. Ja, nur ein Seehund.
    »Wie lange kommt Harold schon her?«, fragte sie.
    »Das habe ich neulich auch überlegt. Ich glaube, dies ist der fünfte Sommer.«
    »Der fünfte? Wirklich?«
    »Das erste Mal hat Wolf ihn entdeckt, als er mit seinem Fernglas herumspielte. Im nächsten Sommer war Wolf schon krank, doch wir kamen trotzdem her, und er verbrachte in eine Decke gewickelt viel Zeit auf der Terrasse. Er konnte mittlerweile nicht mehr besonders gut sehen, aber ich erzählte es ihm jedes Mal, wenn ich Harold sah. Im Sommer darauf war Wolf gestorben, und wir verstreuten seine Asche hier. Dann letzten Sommer. Und jetzt diesen. Also fünf.« Connie schwieg einen Moment, dann sagte sie: »Erstaunlich, wie nach Wolfs Tod alles in zwei Kategorien

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