Inselglück
Freddy.
»Trina?«
Freddy schaute Meredith an, um zu sehen, ob irgendwelche lästigen Zusatzfragen folgen würden. Sie hatten natürlich schon zu Beginn ihrer Beziehung über Trina gesprochen, und Freddy hatte Trinas Aussage bekräftigt – und es war Meredith genau wie die Bekräftigung einer Aussage vorgekommen – , dass Trina seine Nachhilfeschülerin sei und nicht viel mehr. Das waren exakt Freddys Worte gewesen: nicht viel mehr. Und jetzt fand Meredith heraus, dass er sie im letzten Jahr zum Festball mitgenommen hatte! Lästige Zusatzfragen brauchte sie da wohl nicht mehr zu stellen.
»Ich hatte sonst niemanden, und für sowas eignet sie sich eben«, erklärte Freddy. »Sie kann gut repräsentieren.«
Meredith wusste, dass sie etwas so Frivoles wie der Dial-Festball eigentlich kalt lassen müsste, aber das tat es nicht. Die Festbälle der Eating Clubs waren glamouröse Veranstaltungen mit funkelnden Lichtern und Champagner und sechzehnköpfigen Orchestern, die Frank Sinatra spielten. Die Aussicht, den Festball zu versäumen und Freddy stattdessen mit Trina hingehen zu lassen, reichte, um die Sache zu besiegeln: Meredith traf sich mit Trainer Dempsey und sprach ihm ihr Bedauern aus. Er bat sie, es sich zu überlegen, Princeton brauche sie. Meredith wäre fast eingeknickt. Sie liebte ihre Universität mit nahezu militantem Ungestüm; wenn Princeton sie brauchte, würde sie springen. Doch Freddy lachte und meinte, Dempsey wolle sie nur einwickeln. Er, Freddy, sei derjenige, der sie brauche. Dies sei sein letztes Jahr am College, und er wolle jede Sekunde davon mit Meredith verbringen.
Meredith gab das Wasserspringen auf. Ihre Mutter war, wie sich herausstellte, froh darüber. Sie hatte befürchtet, dass der Sport Meredith vom Studium ablenken würde.
Danach war sie nie wieder systematisch oder ernsthaft gesprungen. Freddy war dagegen. Es gefiel ihm nicht, wenn sie sich in etwas hervortat, das nichts mit ihm zu tun hatte. Er wollte, dass Meredith sich auf Sportarten konzentrierte, die sie gemeinsam betreiben konnten – Schwimmen, Joggen, Tennis.
Und so verlagerte Meredith ihre Interessen. Sie und Freddy schwammen in den Hamptons, in Palm Beach, in Südfrankreich – was in Wahrheit bedeutete, dass Meredith im Meer badete oder in riesengroßen saphirblauen Pools ihre Bahnen zog, während Freddy über sein Handy mit London telefonierte. Eine Zeitlang spielten sie regelmäßig miteinander Tennis, aber nach zehn Jahren Ehe war Freddy viel zu beschäftigt, um jemals einen Platztermin einzuhalten, und Meredith blieb nichts anderes übrig, als mit Frauen wie Amy Rivers zu spielen.
Das Springen von Dans Boot am Tag zuvor war ein längst überfälliges Vergnügen gewesen. Wie viele 49-jährige Frauen außer ihr brachten wohl einen zweieinhalbfachen Vorwärtssalto zustande? Meredith hätte sogar noch weiter gehen können; sie war in Versuchung gewesen, ihren anderthalbfachen mit einer anderthalbfachen Schraube zu kombinieren, doch sie hatte nicht wie eine Angeberin wirken und sich außerdem nicht verletzen wollen. Dan Flynn war beeindruckt gewesen, was sie gefreut hatte, und Connie, wieder ganz à la Highschool, stolz und besitzergreifend. Ich bin bei allen Wettkämpfen von Meredith dabei gewesen. Es war lustig, sich an diese Wettkämpfe zu erinnern, besonders an die Heimturniere, bei denen Connie immer denselben Platz auf der Tribüne des Schwimmbads eingenommen und per Handzeichen Merediths Eintauchen ins Wasser bewertet hatte. Ein bisschen schief. Ein bisschen kurz. Zwei erhobene Hände bedeuteten: Perfekt! Bei einem Wettkampf war ein Schiedsrichter ausgefallen, und nach langen Debatten hatte Meredith beide Mannschaftstrainer überredet, Connie in die Jury aufzunehmen. Connie kannte alle Sprünge in- und auswendig, und Meredith wusste, dass sie fair sein würde. Wie sich herausstellte, urteilte Connie strenger über Meredith als die beiden anderen Schiedsrichter, doch Meredith gewann trotzdem.
Wieder zu springen, war eine Rückkehr zu ihrem eigentlichen, wahren Vor-Freddy-Ich gewesen. Aber auch andere Aspekte des gestrigen Tages hatte sie genossen – die Sonne, das Wasser, das Boot, das Picknick. Es hatte ihr gefallen, das Tempo und die Kraft des Bootes und den salzigen Dunst auf ihrem Gesicht zu spüren. Zum ersten Mal, seit das alles geschehen war, fühlte sie sich geschützt vor der Außenwelt. Sie unterhielt sich gern mit Dan über den Hummerfang, und er fragte sie, ob sie Lust hätte, mit ihm fischen zu
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