Inselglück
Tag.«
Das konnte sie nicht abstreiten. »Möchten Sie die Pie mitnehmen, oder … «
»Nein, nein«, wehrte er ab. »Die lassen Sie beide sich mal schmecken.«
Irgendetwas an seinem Tonfall ließ Meredith befürchten, dass sie ihn nie wiedersehen würden. Sie geriet in Panik. »Ich weiß, dass Connie Sie wirklich gern hat. Sie macht nur gerade … so einiges durch. Ihre Trauer, wissen Sie … und dann, als ob das noch nicht reicht, kreuze ich auf. Und all das, was passiert ist, seit wir hier sind … Sie steht schwer unter Druck.«
Er hob die Hände. »Verstehe«, sagte er. »Ich kenne das.«
Oh nein, dachte Meredith. Er wollte sich verdrücken, wie schade! Meredith wünschte sich, dass er blieb – und wenn er schon gehen musste, wollte sie, dass er wiederkam. Um Connies willlen, klar, aber auch um ihrer selbst willen. Er war ihr eine Art Freund geworden.
Meredith öffnete ihm die Tür und sagte: »Also, vielen Dank noch mal. Für alles. Es war der schönste Tag, den ich seit langem erlebt habe.«
Diese Worte taten ihre Wirkung. Dan lächelte. »Gern geschehen, Meredith. Sehr gern.« Er nahm sie in die Arme, und als er sich wieder von ihr löste, sagte er: »Halten Sie die Ohren steif.«
Oh nein! Das klang nach einem endgültigen Abschied. Dan trat ins Freie. Meredith wusste nicht, was sie sagen sollte außer »Okay, mache ich.« Sobald er in seinem Jeep saß, schloss sie die Tür.
Jetzt berührte Meredith die schmerzenden Muskeln zwischen ihren Rippen und befand, dass sie Ibuprofen brauchte. Aber Connie würde es heute Morgen noch viel schlechter gehen als ihr. Meredith schob sich aus dem Bett und stand auf, um nach ihrer Freundin zu sehen.
Dan rief drei Tage lang nicht an und auch am vierten nicht. Connie tat so, als ob ihr das nichts ausmachte, doch Meredith wusste, dass das nicht zutraf. Sie fragte Meredith, wie abstoßend ihr Benehmen beim Abendessen gewesen sei. Das Letzte, an das sie sich erinnere, sei ein Happen Salat. »Und es war viel zu viel Sauce dran!«
Als ob matschiger Salat das Problem gewesen wäre.
Meredith riss sich zusammen, obwohl Zorn in ihr aufwallte. Dan Flynn war ein wertvoller Mensch, der ihnen beiden wahrscheinlich sehr gut hätte tun können, und Connie hatte ihn verscheucht.
»Gar nicht abstoßend«, sagte sie. »Du warst müde.«
»Ich war betrunken.«
»Du hast eine Menge zu bewältigen. Emotional, meine ich.«
»Stimmt. Glaubst du, dass Dan das klar ist? Glaubst du, er kann über einen verkorksten Abend hinwegsehen?«
»Natürlich«, sagte Meredith.
Doch das Telefon klingelte nicht. Meredith und Connie verbrachten ruhige Tage. Meredith wurde ein wenig mutiger. Sie wagte sich halbstundenweise auf die Terrasse und unternahm mit Connie kurze Spaziergänge. Sie nutzte zum ersten Mal – ein herrliches Erlebnis – die Außendusche und blieb dort, bis das warme Wasser aufgebraucht war. Am Samstagmorgen fuhren sie beide in die Stadt, und Meredith merkte, dass Connie hoffte, sie würden Dan begegnen. Sie selbst hoffte es auch. Man stelle sich vor! Statt sich vor einem zufälligen Treffen zu fürchten, sehnte sie sich danach. Sie und Connie hielten die Augen offen. Als sie am 21 Federal vorbeikamen, verfielen sie in ein bedrücktes, andächtiges Schweigen, als trauerten sie um einen kürzlich Verstorbenen.
Dann sagte Connie: »Weißt du, ich glaube, Dan stand auf dich.«
»Was?«
»Ich glaube, er stand auf dich.«
»Connie«, erwiderte Meredith. »Ich bin die am wenigsten begehrenswerte Frau auf der ganzen Welt.« Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Erstens bin ich mit Freddy Delinn verheiratet. Zweitens: Sieh mich doch an.« Ihr Argument wurde untermauert durch die Tatsache, dass sie ihre Trödelladenperücke trug, die allmählich schäbig wirkte. »Niemand steht auf mich. Niemand wird je wieder auf mich stehen.«
»Ich glaube, Dan mochte dich«, insistierte Connie. »Als Mensch. Er mochte deine Art.«
»Ich glaube, er mochte deine Art«, widersprach Meredith.
»Und warum ruft er dann nicht an?«, fragte Connie.
Am fünften Tag fiel Connie die Antwort darauf ein. Dan rief nicht an, weil sie, Connie, eine Schlampe war. Seit Wolfs Tod hatte sie sich gehen lassen. Ihre Nägel und Augenbrauen mussten gemacht, ihre Bikinizone gewachst werden.
»Wir gehen in den Salon«, sagte sie.
»Ich kann nicht«, entgegnete Meredith.
»Natürlich kannst du. Setz deine Perücke auf.«
»So einfach ist das nicht.«
»Natürlich ist es so einfach. Wir sind schon an viel
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