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Inselglück

Inselglück

Titel: Inselglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hilderbrand
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wollte Macht über sie. Er wollte sich als großer Mann aufspielen.
    Als Meredith ihr letztes Collegejahr begann, verließ Freddy Princeton. Er hatte sich ein Jahr Zeit genommen, bei ihr zu bleiben, aber zwei Jahre konnte er sich nicht leisten. Prudential war erneut mit einem Stellenangebot an ihn herangetreten, diesmal mit noch höherem Gehalt. Anscheinend hatten seine Absage und die Arbeit mit einem berühmten Wirtschaftswissenschaftler seinen Marktwert gesteigert, und Freddy konnte nicht wieder ablehnen. Seine Kredite winkten.
    Meredith war nicht erfreut darüber, fand aber auch, er solle akzeptieren. Es war nur ein Jahr. Das würde sie schaffen.
    Sie legte all ihre Kurse auf Montag, Dienstag und Mittwoch, damit sie sich am Mittwochabend in den Zug Richtung New York City setzen konnte. Freddy stand als zusätzlicher Anreiz, den Prudential ihm geboten hatte, ein Apartment in der East 71st Street zur Verfügung, das er sich nie hätte leisten können; der Hauptmieter war ein anderer Prudential-Wertpapierhändler, der ein Jahr bei einer Bank in Zürich verbrachte, und Freddy durfte die Wohnung umsonst nutzen.
    Meredith riss den Kopf hoch. Dieser Trader war in Zürich geblieben, fiel ihr ein, und ein hohes Tier bei einer Schweizer Bank geworden. Einer Schweizer Bank, bei der Freddy womöglich Geld gebunkert hatte. Welche Bank war das? Sie hatte gefragt, doch hatte Freddy es ihr je erzählt? Sie musste sich daran erinnern und dann Dev informieren. Und wie hatte dieser Wertpapierhändler geheißen? Thorlo war der Name, der Meredith als Erster in den Sinn kam, aber irgendwie klang er nicht ganz richtig. Ortho? Nein. Meredith hatte einen Großteil ihres letzten Collegejahres mit den Besitztümern dieses Mannes verbracht. Sie entsann sich, dass seine Mutter Dänin gewesen war und sein Apartment mit eleganten modernen Möbeln eingerichtet hatte. Sie entsann sich einer hochgewachsenen Araukarie, für deren Bewässerung sie zuständig gewesen war, eines Schaukelstuhls aus glattem, hellem Holz, der Figur eines kleinen Mannes mit einem komischen Tirolerhut und Haaren aus grauer Wolle. Sie hatte Otto geheißen – war das der Name, an den sie sich erinnerte? Aber wie war der des Traders gewesen? Sie zermarterte sich das Gehirn. Vielleicht würde dieser Name sie retten. Thoro, Ortho. Sie hatte in seinem Apartment gewohnt, hatte mit seinen scharfen Spezialmessern Sellerie gehackt und sie in die Bloody Marys gegeben, die sie jeden Sonntagmorgen für sich und Freddy machte. In jenen Tagen waren sie und Freddy noch an den Wochenenden ausgegangen. Sie gingen in Bars, gingen tanzen. Freddy hatte sich einmal so betrunken, dass er auf den Tresen geklettert war und seine Hüften zu »I Love the Nightlife« geschwungen hatte. Es war lustig gewesen, Merediths letztes Collegejahr, obwohl das nicht am College gelegen hatte, sondern an ihrem Leben mit Freddy in der City. Die Hälfte der Zeit verbrachten sie wie Erwachsene: Jeden Sonntagmorgen machte Meredith Bloody Marys, und dann holten sie sich Bagels mit Lachs und lasen die Times. Und die andere Hälfte der Zeit betranken sie sich im Mill an der 85th Street. Meredith gab »Cocktailpartys« für die Jungs von Dial, die mit Freddy studiert hatten und jetzt mit ihren Freundinnen in Manhattan wohnten. Sie servierte Krabbencocktails und Käse und Würstchen im Schlafrock mit scharfem braunem Senf, genau wie ihre Mutter.
    Sie erinnerte sich daran, wie sie Richard Cassel und seine neue Freundin Astrid bewirtet hatte, die als Redaktionsassistentin bei Harper’s Bazaar arbeitete. Astrid kreuzte in einem Designer-Wickelkleid und Stilettos von Oleg Cassini auf, und eine vertraute Unsicherheit überfiel Meredith, die ein Khakihemd und eine Strickjacke mit Zopfmuster trug. Astrid wies wie Trina eine weltgewandte Eleganz auf, die Meredith selbst, so fürchtete sie, nie erreichen würde. Und obendrein war dies der Abend, an dem Richard Astrid einen Heiratsantrag machen wollte. Er hatte einen Ring von Tiffany in der Jackentasche, den er ihr nach ihrem Essen im Lutece präsentieren würde. Es entsprach alles so genau dem, was Meredith sich für sich selbst wünschte, dass ihr vor Neid ganz übel wurde. (Die Pointe dieser Geschichte war, dass Richard und Astrid tatsächlich heirateten, fünf Kinder bekamen, von denen das zweite mit Gehirnlähmung geboren wurde, dass Richard sich von Astrid trennte und eine lange Affäre mit einer unglücklich verheirateten Dame der Gesellschaft begann, die er dann selbst

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