Inselglück
war. Meredith hatte ihr erstes Semester in Princeton damit verbracht, nach den »erstaunlichen Möglichkeiten« zu suchen, die Toby ihr verheißen hatte, als er sich von ihr trennte. Sie hatte gewollt, dass Toby recht behielt. Sie hatte sich gewünscht, Princeton würde so interessant, so faszinierend sein, dass sie vergaß, jemals einen Jungen namens Toby gekannt zu haben. Und der Mensch, auf den sie ihre Aufmerksamkeit konzentrierte, war Freddy. Dann starb ihr Vater, und Toby kam nicht zur Beisetzung, und Meredith ließ sich von Dustin Leavitt aufreißen. Und als Meredith wieder ans College zurückkehrte und sich so einsam fühlte wie nie in ihrem Leben, war Freddy da. Die Lösung ihrer Probleme. Er war der Pool, und sie sprang hinein.
In seinem letzten Jahr wurde Freddy Präsident von Dial, und Meredith zog mit Gwen Marbury und den Zwillingen Hope und Faith Gleeburgen, Wiedergeborenen Christinnen, zusammen. Die beiden waren Meredith und Gwen zugeteilt worden, weil alle anderen Konstellationen nicht passten. Sie schienen nett zu sein, doch was wusste Meredith schon? Sie war nie in der Wohnung, weil sie jede Nacht mit Freddy verbrachte.
Meredith hatte außer Gwen Marbury keine Freundinnen, aber auch von ihr entfremdete sie sich allmählich. Gwen war eine Zeitlang mit Richard Cassel ausgegangen, ein Versuch, Meredith und Freddy nahe zu bleiben; vielleicht hatte sie sogar gehofft, wie Meredith und Freddy zu werden, doch Gwen und Richard waren nicht füreinander geschaffen und trennten sich irgendwann. Richard sagte später zu Freddy: »Man kriegt das Mädchen aus der Wohnwagensiedlung raus, aber nicht die Wohnwagensiedlung aus dem Mädchen« – ein grässlicher Spruch, doch Richard Cassel war nun mal ein unverfrorener Snob.
Nachdem Freddy sein Studium beendet hatte, blieb er noch ein Jahr in Princeton. Das Stellenangebot von Prudential Securities in Manhattan hatte er ausgeschlagen. Er blieb, weil Meredith ihn darum bat. Sie ertrug den Gedanken nicht, ohne Freddy zu sein; sie ertrug die Vorstellung nicht, dass Freddy nach der Arbeit in den Bars am South Street Seaport all den berufstätigen Frauen in ihren schicken Kostümen begegnete. Er würde den Blick seiner blauen Augen auf eine andere richten und sie damit so entflammen, dass sie sich ihm zu Füßen warf. Es machte Meredith körperlich krank, auch nur daran zu denken. Im Frühling ihres zweiten Studienjahres begann sie, sich nach fast jeder Mahlzeit zu erbrechen. Freddy dachte, sie sei Bulimikerin – aber nein, versicherte sie, nur krank vor Sorge, ihn zu verlieren. Sie gingen zusammen zur psychologischen Beratungsstelle, ganz wie ein Ehepaar. Der Psychologe fand, ein bisschen Trennung würde ihnen beiden, besonders aber Meredith, guttun.
»Mir scheint, Sie sind in Gefahr, sich zu verlieren« , sagte er. »Sie haben sich Freddy vollkommen untergeordnet.«
»So ein Quatsch«, konterte Freddy. Wir brauchen keine Trennung.« Falls er vorher dasselbe gedacht hatte wie der Therapeut, katapultierten ihn dessen Worte jetzt in die entgegengesetzte Richtung.
»Warum willst du dann nach New York?«, fragte Meredith.
Freddy wies darauf hin, dass er Kredite zurückzuzahlen habe, eine Menge Kredite, was Meredith mit ihrer privilegierten Herkunft gar nicht nachvollziehen könne. Der Job bei Prudential würde ihm gutes Geld einbringen; er könne ihn nicht einfach ablehnen.
»Na schön«, sagte Meredith, »dann schmeiße ich eben das College und komme mit dir nach Manhattan.«
»Sehen Sie nicht, wie selbstzerstörerisch Sie sich verhalten?«, fragte der Psychologe.
Die Lösung ergab sich in Form eines gut bezahlten Praktikums, das der Leiter des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften, der ein neues Lehrbuch schrieb und für Recherchen einen Assistenten brauchte, Freddy anbot. Freddy hatte sich im Lauf der Jahre einen Namen als Ökonomieexperte gemacht. Er verstand, wie Geld zirkulierte, was die Märkte antrieb, was sie bremste. Er beobachte die Börse, sagte er, seit er zwölf sei. Im Dial wurde er zu dem Studenten gekürt, bei dem es am wahrscheinlichsten sei, dass er eine Wall-Street-Legende wurde.
Meredith blinzelte. Sie saß auf der Kante ihres Bettes und sah zu, wie die Sonne im Meer versank. Eine Wall-Street-Legende. Nun ja, diese Prophezeiung hatte sich als wahr erwiesen, oder?
Im Sommer zwischen Merediths zweitem und drittem Collegejahr überredete sie Freddy, mit ihr eine Rucksacktour durch Europa zu machen. Sie fuhren preiswert mit der Bahn,
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