Inselglück
ehelichte und kurz darauf wieder verließ.)
Es war etwas unvergleichlich Romantisches, fand Meredith, an einer Verlobung, die nicht in eine Ehe mündete.
Sie und Freddy hatten in jenem Jahr jede Menge wilden Sex auf den makellos weißen Laken des dänischen Bettes gehabt. Meredith hatte darauf geschlafen und konnte sich trotzdem nicht an den Namen des Traders erinnern.
Thorlo. Nein, das war der Markenname der dicken Socken gewesen, die sie und Freddy beim Wandern in den Alpen getragen hatte. Sie war schon ganz konfus.
Der Abendhimmel färbte sich lila. Meredith hörte Wasser in den Rohren gurgeln; Connie ließ die Geschirrspülmaschine laufen. Merediths schmutziger Teller stand noch auf ihrem Nachttisch. Sie würde ihn morgen früh hinunterbringen und selbst abwaschen. Sie putzte sich die Zähne, zog ihr Nachthemd an und lauschte den Wellen. Sie hatte so viel nachgedacht, dass ihr Amy Rivers jetzt weit entfernt zu sein schien. Amy Rivers lag Jahrzehnte hinter ihr.
Meredith machte ihren Abschluss in Princeton cum laude, aber es reichte nicht für die Aufnahme bei Phi Beta Kappa, wie sie gehofft hatte. Sie hatte im Zug zwischen New York und Princeton gelernt sowie donnerstags und freitags, während Freddy arbeitete – doch die wertvolle Quelle Universitätsbibliothek fehlte, und es gab Zeiten, in denen sie sich nur flüchtig und mit wenig Fleiß einem Referat widmete, weil sie mit Freddy zusammen sein wollte oder verkatert war vom Ausgehen in der City. Trotzdem strahlte ihre Mutter vor Stolz und ließ die Nachricht von Merediths Abschluss in der Main Line Times und im Newsletter des Aronimink Country Club veröffentlichen. Sie lud Meredith zum Essen ins Old Nassau Inn ein und schenkte ihr eine Perlenkette und einen Scheck über fünftausend Dollar. Eine Woche später fand Meredith heraus, dass sie für ein Unterrichtsprogramm ausgewählt worden war, das Collegeabsolventen mit sehr guten Abschlüssen als Lehrer für Problemschulen vorsah, und dass es freie Stellen in Appalachia, Brownsville, Texas, und New York City gab. Meredith würde nach New York gehen, keine Frage. Hätte sie dort nicht arbeiten können, hätte sie die Idee, Lehrerin zu werden, ganz aufgegeben, obwohl sie sich nichts sehnlicher wünschte, als zu unterrichten.
Aber Gott sei Dank brauchte sie sich keine Sorgen zu machen. Sie hatte ihren akdemischen Grad und einen Job in New York City. Sie würde mit Freddy zusammen sein!
Wieder raschelte es im Flur. Meredith hörte Connie über ihre Dankesworte seufzen. En weiterer Zettel glitt unter der Tür hindurch. Wieder wartete Meredith, bis Connie sich zurückgezogen hatte. Auf dem Zettel stand: Ihr Dessert, Madame. Süße Träume!
Meredith öffnete die Tür. Etwas Cremiges auf einem knusprigen Teigboden. Käsekuchen? Sie nahm den Teller mit ins Bett, kuschelte sich unter die leichte Decke und kostete eine Gabel voll. Es war Key Lime Pie, eine Limettentarte. Sie erinnerte Meredith an Palm Beach und damit wieder an Amy Rivers, aber nein, diese Reise in die Vergangenheit würde sie nicht mehr machen. In der Gegenwart bleiben, die Antwort finden: Wie hatte dieser Wertpapierhändler geheißen?
Meredith wollte, dass Freddy ihr einen Antrag machte. Das war alles, woran sie dachte. Warum?, fragte sie sich jetzt. Was an ihm war so unwiderstehlich gewesen? So hinreißend? Seine blauen Augen? Sein scharfer Verstand? Seine natürliche, unbeschwerte Selbstsicherheit trotz der Tatsache, dass er aus dem Nichts kam? Seine Brillanz in Wirtschaftsfragen? Sein früher Erfolg in der Finanzwelt? Seine angeborene Großzügigkeit? Sein brennender Wunsch, derjenige zu sein, der sich um Dinge kümmerte, Probleme löste, der Menschen glücklich machte? Die Art und Weise, wie er Meredith umarmte, sie berührte, mit ihr redete? Ja, jetzt kam sie der Sache näher. Es war die Art, wie er sie behandelte, wie einen kostbaren Schatz, nicht weniger wertvoll als die Kronjuwelen, die sie im Tower von London gesehen hatten. Freddy war ihr treu ergeben. Seine Liebe war anders als die von Toby. Er würde nicht auf der Suche nach Freiheit in den Sonnenuntergang segeln. Jede Nacht eine andere Frau, das reizte ihn nicht. Sein Verlangen galt nur ihr, Meredith. Es war berauschend.
Und dann, als Meredith sich ob Freddys Beständigkeit gerade sicher zu fühlen begann, schickte Prudential ihn auf eine zweiwöchige Reise nach Hongkong, und es entschlüpfte ihm, dass die Rede davon war, ihn ganz nach Hongkong zu versetzen. Meredith wäre fast
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