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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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sagte Laura zu der Fernsehjournalistin. Sie schüttelte Arbright die kühle, sehnige Hand. »Ich nehme an, dies hat zu bedeuten, daß wir berühmt sind.«
    »Ja, in dieser Menge wimmelt es von Journalisten«, sagte Arbright. Sie klappte das Revers ihrer safrangelben Seidenjacke um. »Unser Gespräch wird aufgenommen.«
    »Wir sind auch verdrahtet«, sagte Laura. »Ich habe eine Videobrille in der Handtasche.«
    »Ich werde meine Daten mit den anderen Korrespondenten in einen Topf tun«, sagte Arbright. Unter der Vollkommenheit ihres Video-Make-ups war ein dünner Hauch von Schweißperlen auf ihrer Oberlippe. »Nicht, daß wir es ausstrahlen könnten, aber wir… verbreiten es hinter den Kulissen.« Sie blickte zu Emily. »Sie wissen alle, wie es ist.«
    Laura sah Arbright mit einem Gefühl von Verwirrung. Dianne Arbright persönlich zu begegnen, hatte etwas Unwirkliches - zu viele Reproduktionen hatten die eigentliche Realität dieser Person ausgebleicht. »Ist es Wien?« fragte sie.
    Arbright erlaubte sich eine Grimasse. »Vor zwei Tagen sendeten wir eine Zusammenfassung von Rizomes Katastrophenaufzeichnung. Wir wissen, wie schlimm es gewesen ist - die Zahl der Todesopfer, die Formen des Angriffs. Aber Grenada hat inzwischen seine Grenzen geschlossen. Und Wien zensiert alles, was wir ausstrahlen.«
    »Aber dies ist zu groß, um es unter der Decke zu halten«, sagte Emily. »Und jeder weiß es. Es geht weit über die erträglichen Grenzen hinaus - jemand überfiel und verwüstete einfach ein ganzes Land, das läßt sich nicht vertuschen.«
    »Es ist die größte terroristische Operation seit Vicenza«, sagte Arbright.
    »Was geschah dort?« fragte David unschuldig.
    Arbright warf David den verständnislosen Blick zu, der für hoffnungslos Uninformierte bereitgehalten wird. Endlich sagte sie, ohne auf seine Frage einzugehen: »Vielleicht können Sie mir genau berichten, was in Ihrem Ferienheim in Galveston geschehen ist.«
    »Ach, das«, sagte David. »Ich dachte, es sei längst allgemein bekannt.«
    »Schadensbegrenzung«, sagte Laura. »Das ist in Galveston geschehen.«
    »Und an vielen anderen Orten - seit Jahren«, sagte Arbright. »Also sind Sie beide Unpersonen, Hintergrundfiguren, nicht für die Öffentlichkeit…« Sie riß den Arm hoch und machte ein Zeichen zu einem Fremden in braunem Anzug, der zurückgrinste und ihr zunickte. »Aber Wien kann uns nicht daran hindern, die Wahrheit aufzudecken - nur an Ihrer V eröffentlichung.«
    Sie schoben sich mit der Menge zu einem der Ausgänge. Arbright sah auf ihre Platinuhr. »Ich habe draußen einen Wagen…«
    »Die Wiener Hitze ist da!« sagte David.
    Arbright blickte gelassen auf. »Nein. Das ist bloß jemand, der eine Videobrille trägt.«
    »Woran können Sie das erkennen?« fragte David.
    »Er hat die falsche Ausstrahlung«, erläuterte Arbright geduldig. »Videobrillen haben nicht viel zu sagen - ich trage sie manchmal selbst.«
    »Wir haben seit Tagen welche getragen«, sagte Laura.
    Arbright merkte auf. »Ja, richtig. Das heißt, Sie haben alles aufgezeichnet? Ihren ganzen Aufenthalt in Grenada? Auf Band?«
    »Jede Minute«, sagte David. »Annähernd.«
    »Das ist viel wert«, sagte Arbright.
    »Sollte es auch«, brummte David. »Es war die Hölle.«
    »Emily«, sagte Arbright, »wem gehören die Rechte, und was verlangen Sie dafür?«
    »Rizome verkauft Nachrichten nicht für Geld«, sagte Emily tugendhaft. »Das geht die ganze Gesellschaft an… Außerdem wäre zu erklären, was Rizome-Personal in einer Hochburg von Datenpiraten zu suchen hatten.«
    »Mmm«, sagte Arbright. »Ja, das ist ein schwieriger Gesichtspunkt.«
    Glasschiebetüren zischten für sie auf und schoben sich hinter ihnen wieder zu, und Arbrights Wagen stand inmitten einer Reihe von Taxis am Straßenrand. Die Fenster der Limousine waren aus verspiegeltem Glas, und auf dem Dach war ein Satz Mikrowellen-Sendeantennen, die an wassergekühlte Schnellfeuerkanonen erinnerten. Sie stiegen mit Arbright ein, der Wagen setzte sich in Bewegung.
    »Jetzt sind wir unter uns«, erklärte Arbright. Sie klappte einen Spiegel aus und überprüfte ihr Make-up. »Meine Leute haben den Wagen untersucht - er ist abhörsicher.«
    Sie fuhren eine gebogene Zufahrtsrampe hinunter. Es war ein schöner Tag; eine graue Wolkendecke lastete schwer über der Silhouette Atlantas. Ein Gebirge von Wolkenkratzern: postmodern, organischer Barock, neoklassizistisch, sogar ein paar kastenförmige Relikte aus den Jahrzehnten

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