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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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noch durch Regierungen arbeiten? Lassen Sie uns den Zwischenhandel ausschalten.«
    »Aber Wien würde dem niemals zustimmen.«
    »Warum nicht? Ohne uns bringen sie es nicht zu einer wirklich einsatzfähigen internationalen Streitmacht.«
    »Damit wir uns recht verstehen«, sagte Laura. »Sie reden einer Armee der multinationalen Unternehmen das Wort, ohne irgendeine legale staatliche Unterstützung, die souveräne Nationen angreifen soll?«
    »Eine Revolution ist keine Abendgesellschaft«, sagte Mika. Sie erhob sich anmutig und begann das Geschirr abzuräumen.
    Yoshio lächelte. »Die modernen Regierungen sind schwach. Wir haben sie schwach gemacht. Warum so tun, als ob es anders wäre? Wir können sie gegeneinander ausspielen. Sie benötigen uns dringender als wir sie.«
    »Traicion«, sagte David. »Verrat.«
    »Nennen Sie es einen Streik«, schlug Yoshio vor.
    »Bis Sie alle Unternehmen unter einem Dach hätten«, sagte Laura, »würde die Polizei Sie und Ihre Mitverschwörer rechts und links verhaften.«
    »Es ist ein kleiner Wettlauf, nicht wahr?« bemerkte Yoshio ungerührt. »Aber lassen Sie uns sehen, wer die Wiener Internationale Polizei beherrscht. Sie werden noch viele Verhaftungen vornehmen müssen, bevor dies ausgestanden sein wird. Die Bürokraten nennen uns Verräter? Wir können sie Sympathisanten des Terrorismus nennen.«
    »Aber Sie reden einem weltweiten Umsturz das Wort, einer Machtverschiebung von den nationalen Regierungen zu den wirtschaftlichen Multis.«
    »Nennen Sie es Rationalisierung«, sagte Yoshio. »Es hört sich hübscher an. Wir entfernen unnötige Hindernisse auf dem Weg zu einer integrierten Weltwirtschaft. Barrieren, die zufällig Regierungen sind.«
    »Haben Sie einmal überlegt, was für eine Welt uns das bescheren würde?«
    »Es würde davon abhängen, wer die neuen Gesetze macht«, sagte Yoshio. »Wer sich der Gewinnerseite anschließt, wird ein Stimmrecht bekommen. Wer nicht, nun…« Er zuckte die Achseln.
    »Ja? Und wenn Ihre Seite verliert?«
    »Dann werden die Nationen sich darum schlagen, wer uns wegen Verrats vor Gericht stellen darf«, sagte Mika. »Die Gerichte könnten das Problem zur allseitigen Zufriedenheit lösen. Vielleicht in fünfzig Jahren.«
    »Ich glaube, ich werde meinen japanischen Paß verbrennen und mexikanischer Staatsbürger werden«, überlegte Yoshio. »Vielleicht könnten wir alle mexikanische Staatsbürger werden. Mexiko würde keine Einwände erheben. Oder wir könnten es mit Grenada versuchen! Jedes Jahr ein neues Land versuchen.«
    »Wir dürfen unsere eigene Regierung nicht verraten«, meinte Mika, »nur alle anderen. Das hat noch nie jemand Verrat genannt.«
    »Bei Rizome stehen Wahlen vor der Tür«, sagte Yoshio. »Sie sagen, Sie seien Wirtschaftsdemokraten. Wenn Sie an das Netz glauben - wenn Sie an Ihre eigene Unternehmensdoktrin glauben -, können Sie dieser Entscheidung nicht ausweichen. Sie sollten die Frage zur Abstimmung stellen.«
     
    Schon auf dem Flughafen von Atlanta hatte Laura dieses beengte, nervenaufreibende Gefühl, daß diese Stadt ihr immer verschaffte. Diese Megalopolis, dieses gereizte Tempo… So viele Amerikaner, mit ihren sauberen, teuren Kleidern, ihrem vollgestopften Gepäck. Ein wimmelnder Ameisenhaufen unter den gigantischen Verstrebungen einer Kuppelhalle, deren glatte, geometrische Architektur von Raum und Licht viele Millionen gekostet hatte. Rosarote abstrakte Mobiles drehten sich langsam über der Menge, von ihren Strömungen bewegt, wie explodierte cybernetische Flamingoschwärme…
    »Huh«, sagte David und stieß sie mit der Tragtasche an. »Wo ist Emily?«
    Zwei Frauen bahnten sich den Weg zu ihnen. Eine, klein und rundgesichtig, mit langem Rock und Rüschenbluse: Emily Donato. Freude und Erleichterung erfüllten Laura. Emily war da, Rizomes Kavallerie. Laura winkte ihr zu.
    Emily war in Begleitung einer hochgewachsenen Schwarzen mit einer kunstvoll maschinengelockten Mähne kastanienbraun gefärbten Haares. Die Frau bewegte sich wie ein Mannequin, dünn und elegant, mit kaffeefarbener Haut und Backenknochen, um die sie viele Geschlechtsgenossinnen beneideten. »Brr«, sagte Laura. »Das ist - wie heißt sie noch gleich? - Arbright Soundso.«
    »Dianne Arbright vom Kabelfernsehen«, sagte David. »Die Nachrichtensprecherin. Schau an, sie hat Beine wie ein richtiger Mensch!«
    David schloß Emily fest in die Arme und hob sie dabei vom Boden. Emily lachte ihn an und küßte ihn auf die Wangen. »Hallo«,

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