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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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frühe Gorbatschow. Aber global.« Es war offensichtlich ihr Ernst. »Und wir können ganz oben mitmischen.«
    »Wir können zwei Meter unter der Erde liegen!« rief David. »Was habt ihr vor? Habt ihr mit diesen Knallköpfen von Kymera gesprochen?«
    Emily zuckte. »Kymera… die Weltherrschaft der Multis stößt bei uns nicht auf Gegenliebe, aber man muß die Entwicklung natürlich beobachten… Wien benimmt sich sehr aufgeregt.«
    »Wien weiß, was es tut«, sagte David.
    »Vielleicht, aber ist es das, was wir wollen?« Emily brachte Teller und Plastikbesteck zum Vorschein. »Ich glaube trotzdem, daß Wien abwarten wird. Diesmal werden sie zusehen, bis es wirklich schlimm ist - bis es einen politischen Blankoscheck bekommt. Um das Haus zu säubern, im Weltmaßstab. Eine neue Weltordnung, und eine neue internationale Armee.«
    »Das gefällt mir weniger«, sagte David.
    »Im Grunde haben wir diese Situation schon jetzt, aber dann wird es ohne die Schlupflöcher sein.«
    »Ich mag Schlupflöcher.«
    »In diesem Fall solltest du nach Singapur gehen und den Leuten vernünftig zureden.« Der Mikrowellenherd läutete. »Es ist nur für ein paar Tage, David. Und Singapur hat eine richtige Regierung, nicht so eine zwielichtige Fassade wie Grenada. Eure Zeugenaussage vor dem Parlament könnte wesentlichen Einfluß auf ihre Politik haben. Suvendra sagt…«
    Davids Gesicht wurde hart. »Wir werden umkommen«, sagte er. »Habt ihr das noch nicht verstanden? Alle die kleinen Schlupflöcher werden Kampfgebiet. Es gibt da draußen genug Leute, die uns für nichts umbringen würden, und wenn sie uns für Profit umbringen können, sind sie begeistert! Und sie wissen, wer wir sind. Das ist es, was mir Angst macht. Wir sind jetzt wertvoll…«
    Er rieb sich die stoppelige Wange. »Wir werden machen, daß wir von hier verschwinden, in ein Ferienhaus oder eine Berghütte, und wenn ihr euch um Singapur kümmern wollt, Emily, dann könnt ihr Wien anrufen und eine Panzerdivision finanzieren. Denn diese Piraten sind nicht zum Scherzen aufgelegt, und wir werden sie nie mit Schmeicheleien zu etwas überreden! Zuerst müssen wir einen Panzer an jede verdammte Straßenecke stellen! Und die Schweinekerle ausfindig machen, die in Grenada auf die Knöpfe gedrückt haben, daß diese kleinen Kinder ertranken und unschuldige Menschen dran glauben mußten. Aber nicht mein Kind! Nie wieder!«
    Laura durchstieß die Folie über ihrem dampfenden Hühnchen mit Mandeln. Sie verspürte keinen Appetit. Diese ertrunkenen Kinder… steif und tot, von dunklen Strömungen getrieben… dunklen Strömungen des Hasses. »Er hat recht«, sagte sie. »Nicht meine Loretta. Aber einer von uns muß gehen. Nach Singapur.«
    David glotzte. »Warum?«
    »Weil wir dort gebraucht werden, darum. Weil es hat, was wir wollen«, sagte sie. »Die Macht, über unser eigenes Leben zu bestimmen. Und die wirklichen Antworten. Die Wahrheit.«
    David starrte sie weiter an. »Die Wahrheit. Du glaubst du kannst sie dort finden? Hältst du dich für so wichtig?«
    »Ich bin nicht wichtig«, sagte Laura. »Ich weiß, ich bin jetzt nicht viel - eine Person, die herumgeschubst und beleidigt wird, und der man ungestraft ins Haus schießen kann. Aber ich könnte mich wichtig machen, wenn ich es richtig anfange. Es könnte möglich sein. Wenn Suvendra mich braucht, werde ich gehen.«
    »Du kennst Suvendra nicht einmal!«
    »Ich weiß, daß sie Rizome ist und für uns kämpft. Wir können einer Gesellschafterin nicht die kalte Schulter zeigen. Und wer auf unser Ferienheim geschossen hat, soll dafür bezahlen.«
    Loretta fing an zu weinen. David saß zusammengesunken auf seinem Hocker. »Was ist mit uns, Laura«, sagte er mit leiser Stimme. »Mit dir und mir und Loretta? Du könntest dabei umkommen.«
    »Ich tue das nicht bloß für das Unternehmen - auch für uns! Durch Davonlaufen können wir keine Sicherheit finden.«
    »Und was soll ich dann tun?« sagte David. »Am Ufer stehen und dir Kußhände zuwerfen? Während du ausfährst, die Welt sicher für die Demokratie zu machen?«
    »Na und? In Kriegszeiten haben Frauen das immer getan!« Laura bemühte sich, ihre Lautstärke zu mäßigen. »Du wirst sowieso hier benötigt, um den Ausschuß zu beraten. Ich werde nach Singapur gehen.«
    »Ich wünsche nicht, daß du gehst.« Er versuchte kurz und entschieden zu sein, es in Emilys Anwesenheit wie ein Ultimatum klingen zu lassen, aber es fehlte alle Kraft. Er fürchtete für sie, und es war fast

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