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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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weiter.
    Im Gehen berührte Laura die kalte Latexoberfläche einer Röhre. Jemand hatte sie in präziser Kleinarbeit mit fünfzackigen Sternen, Kometen mit Comicheft-Schwänzen und kleinen, gelb umringten Saturnen bemalt. Wie Surfbrettkunst. Verträumt und billig.
    Einige Silos waren aufgeschweißt und behängt mit geheimnisvollen Reparaturwerkzeugen - sie waren für den Start von Drohnen ausgerüstet. Die anderen waren älter und sahen intakt aus. Dienten offenbar noch immer ihrer ursprünglichen Funktion, von welcher Art diese auch sein mochte.
    Henderson drehte das Handrad in der Mitte eines wasserdichten Schotts. Die Türversiegelung öffnete sich mit einem Geräusch wie eine Thermosflasche, und sie stiegen gebückt durch. In einen sargähnlichen Raum, der mit schalldämpfenden Oberflächen, die an Eierkartons erinnerten, ausgekleidet war.
    Laura fühlte, wie der Boden sich unter ihren Füßen neigte. Ein flußartiges Rauschen von Ballasttanks und entferntes Summen von Motoren. Das U-Boot tauchte. Bald darauf begann ein beängstigender Schrottplatzchor aus rauhem Knirschen, Knacken, einem Klingen von Glasflaschen und dem hohlen Ächzen von Metall, als der Wasserdruck auf die Außenhaut zu wirken begann.
    Durch den Raum in einen weiteren, der von reinweißem Licht durchflutet war. Überscharfe Leuchtstoffröhren waren über ihnen, das seltsam laserähnliche Licht von DreibandenQuecksilberdampflampen, das allen Gegenständen einen scharfen Überrealismus verlieh. Eine Art Kontrollraum, mit einer Überfülle von Maschinerien und Instrumenten. Breite, geneigte Konsolen mit Reihen von Schaltern, blinkenden Ablesungen, verglasten Skalen mit zuckenden Anzeigenadeln. Vor ihnen saßen Seeleute mit kurzem, ordentlichem Haarschnitt in üppig gepolsterten Drehsesseln.
    Der Raum war voll von Besatzungsmitgliedern - Laura sah immer mehr, je länger sie umherblickte: Ihre Köpfe schauten aus dichten Bündeln von Rohrleitungen und Monitoren hervor. Der Raum war vom Boden bis zur Decke mit Geräten und Instrumenten vollgestopft, und sie konnte die Wände nicht finden. Die Männer darin saßen Ellbogen an Ellbogen, eingepaßt in geheimnisvolle ergonomische Nischen.
    Die Beschleunigung setzte ein; Laura wankte ein wenig. Irgendwo war ein schwaches, hohes Winseln und ein flüssiges Erzittern, als die gewaltige Stahlmasse Geschwindigkeit aufnahm.
    Vor ihr war eine vertiefte Fläche von der Größe einer Badewanne. Darin saß ein Mann, der dicke, gepolsterte Kopfhörer trug und eine Art Steuerrad mit knopfartigen Verdickungen hielt. Er glich einer Kinderpuppe, die umringt war von kostspieligen Stereoausrüstungen. Über seinem Kopf war eine graue Gummifassung mit einer beulenartigen Verdickung und der Aufschrift KOLLISIONSSCHUTZLAMPE AUF BLINKLICHT SCHALTEN. Der Mann starrte angespannt auf ein halbes Dutzend runder Anzeigeskalen.
    Das mußte der Steuermann sein, dachte Laura. Aus einem getauchten U-Boot konnte man nicht hinausschauen. Er hatte nur seine Instrumente.
    Sie hörte Schritte auf einer gebogenen Treppe im Hintergrund - jemand kam vom Oberdeck herunter. »Hesseltine?«
    »Yo!« sagte Henderson munter. Er zog Laura am Handgelenk mit sich, und sie stieß mit dem Ellbogen schmerzhaft an eine vertikale Säule. »Los, kommen Sie«, sagte er, ohne ihre Hand loszulassen.
    Sie wanden sich durch das Labyrinth, um ihren Vernehmer zu treffen. Der Mann war beleibt, mit schwarzem Lockenhaar, einem Schmollmund und schweren Lidern, die in seine Augen hingen. Er trug Achselstücke, goldene Streifen an den Ärmeln und eine Schirmmütze mit der goldenen Beschriftung REPUBLIQUE DE MALI. Er schüttelte Henderson/Hesseltine die Hand. Zu Lauras Verdruß begannen die beiden in fließendem Französisch miteinander zu sprechen.
    Gemeinsam erstiegen sie die Wendeltreppe und gingen einen langen, trübe erhellten, stickigen Korridor entlang. Hesseltines durchnäßte Schuhe quietschten bei jedem Schritt. Die beiden Männer schwatzten französisch miteinander, mit Begeisterung, wie es schien.
    Der Offizier führte sie zu einer Reihe enger Duschkabinen. »Großartig«, sagte Hesseltine, trat in eine und zog Laura nach. Zum ersten Mal ließ er ihr Handgelenk los. »Sind Sie imstande, selbst eine Dusche zu nehmen, Mädchen? Oder muß ich helfen?«
    Laura starrte ihn stumm an.
    »Entspannen Sie sich«, sagte Hesseltine und öffnete den Reißverschluß seiner Arbeitsweste. »Sie sind jetzt nicht mehr bei den bösen Buben, sondern bei den guten. Sie werden uns

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