Inseln im Netz
Tasse Tee von Baptiste und trank. Er war lauwarm und süß. Vergiftete man sie? Es spielte keine Rolle. Sie war ihnen auf Gedeih oder Verderb ausgeliefert.
»Mein Name ist Laura Day Webster«, sagte sie. »Ich bin eine Gesellschafterin der Rizome Industries. Ich lebe in Galveston, Texas.« Es hörte sich alles so mitleiderregend spröde und unwirklich an.
»Sie frieren«, bemerkte Baptiste. Er lehnte sich zurück und drehte an einem Thermostaten an der Wand. Selbst hier, in einer Art Aufenthaltsraum, waren die Wände größtenteils mit Apparaten und Instrumenten bedeckt: einer Lautsprecheranlage, einem Ionisiergerät für die Atemluft, den Öffnungen der Ventilationsanlage, einem achtfachen, überschlaggeschützten Kraftstromstecker, einer Wanduhr, die 12:17 Uhr Greenwichzeit anzeigte.
»Willkommen an Bord des SSBN Themopylae«, sagte Baptiste.
Laura sagte nichts.
»Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?« sagte Hesseltine. Baptiste lachte.
»Kommen Sie schon!« sagte Hesseltine. »Als Sie dachten, ich sei ein verdammter Datenpirat, schwatzten Sie wie eine Elster.«
»Wir sind keine Piraten, Mrs. Webster«, sagte Baptiste. »Wir sind die Weltpolizei.«
»Sie sind nicht Wien«, sagte Laura.
»Er meint die wirkliche Polizei«, sagte Hesseltine mit einem Anflug von Ungeduld. »Nicht diese Bande von lahmarschigen bürokratischen Sesselfurzern.«
Laura rieb sich ein gerötetes Auge. »Wenn Sie Polizei sind, dann bin ich unter Arrest?«
Hesseltine und Baptiste gönnten sich angesichts ihrer Naivität ein männliches Schmunzeln. »Wir sind keine bourgeoisen Legalisten«, sagte Baptiste. »Wir verhängen keine Arreststrafen.«
»Ich sah Ihren Auftritt am Fernsehen von Singapur«, sagte Hesseltine plötzlich. »Sie sagten, Sie seien Gegner der Steueroasen, die den Datenpiraten Unterschlupf gewähren, und wollten sie schließen. Aber Sie fingen das in einer verdrehten Art und Weise an. Die Bankleute - meine früheren Kollegen, wissen Sie - lachten sich bucklig, als sie sahen, wie Sie dem Parlamentsausschuß diesen demokratischen Schmus auftischten.«
Er schenkte sich Tee ein. »Natürlich, jetzt sind die meisten von ihnen Flüchtlinge, und nicht wenige von den Lumpen liegen inzwischen auf dem Meeresgrund. Aber nicht dank Ihrer Bemühungen - Sie wollten diese hartgesottenen Halunken mit Küssen zur Unterwerfung bewegen. Und ausgerechnet Sie, eine Texanerin aus dem Land der rauhbeinigen Cowboys. Ein Glück, daß Ihre Vorfahren, als sie Alamo verteidigten, es nicht mit der gleichen Methode versuchten.«
Ein anderer Matrose machte einen Zug im Damespiel, und der dritte fluchte. Laura zuckte zusammen.
»Kümmern Sie sich nicht um die Männer«, sagte Baptiste. »Sie haben Freiwache.«
»Was?« fragte Laura verständnislos.
»Freiwache«, wiederholte er ungeduldig. »Sie haben dienstfrei. Sie gehören zur Blauen Mannschaft. Wir sind die Rote Mannschaft.«
»Oh… was spielen sie?«
Er zuckte die Achseln'. »Uckers.«
»Uckers? Was ist das?«
»Eine Art Würfelspiel.« Hesseltine lächelte. »U-Boot-Besatzungen sind ein ganz besonderer Schlag«, sagte er. »Hochqualifiziert, sorgfältig ausgebildet. Eine disziplinierte Elite.«
Die vier Matrosen beugten sich über ihr Spielbrett. Sie sahen nicht zu ihm hin.
»Es ist eine sonderbare Situation«, sagte Baptiste. »Wir wissen nicht recht, was wir mit Ihnen tun sollen. Sehen Sie, wir existieren, um Leute wie Sie zu schützen.«
»Das tun Sie?«
»Wir sind die scharfe Schneide der heraufkommenden weltweiten Ordnung.«
»Warum haben Sie mich hergebracht?« fragte Laura. »Sie hätten mich erschießen können. Oder ertrinken lassen.«
»Aber, wo denken Sie hin?« sagte Hesseltine.
»Er ist einer unserer besten Spezialisten«, erläuterte Baptiste. »Ein wirklicher Künstler.«
»Danke.«
»Es ist selbstverständlich, daß er am Ende seines Auftrags eine hübsche Frau aus Seenot rettete - er konnte nicht widerstehen, das Unternehmen mit einer Geste dramatischer Ritterlichkeit zu beenden!«
»So bin ich nun mal«, gab Hesseltine zu.
»Das war es?« sagte Laura. »Sie retteten mich, weil Ihnen gerade danach war? Nachdem Sie all diese Menschen getötet hatten?«
Hesseltine starrte sie an. »Allmählich gehen Sie mir auf den Geist, Gnädigste… Meinen Sie nicht, diese Leute hätten mich umgebracht, wenn sie geahnt hätten, wer ich bin? Das war nicht bloß Ihre Mickymaus-Industriespionage, wissen Sie. Ich habe Monate und Monate in einer tödlichen Tarnoperation
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