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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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er spielt,
    Und die Hände über die Schleier legen,
    Gefühle zu verbergen.
    Die Sorgen des Lebens stießen mich ins Grab,
    Doch mit dem Klangerzeuger
    Hat Allah mir das Leben zurückgegeben.
     
    Die Musik endete. Die Besucher aus dem Flüchtlingslager applaudierten ein wenig, dann rüsteten sie zum Aufbruch. Gresham blickte auf seine Uhr, stand auf und nahm die Videokamera an sich. »Das war nur ein Vorgeschmack«, sagte er zu Laura. »Später wird es weitergehen, und die Leute aus dem Lager werden ihre Familien mitbringen, hoffe ich…«
    »Dann laß uns das Interview machen.«
    Er zögerte. »Bist du sicher, daß du der Sache gewachsen bist?«
    Sie nickte, folgte ihm zu einem anderen Zelt. Es wurde bewacht von zwei Inadin und enthielt ihr Gepäck. Am Boden lagen Teppiche und eine Batterie, ein Ersatzgerät von einem der Geländewagen. An diese angeschlossen, stand ein transportables kleines Bildschirmgerät, ein gewöhnlicher PC, aber mit einer niedrigen Konsoleneinfassung aus handgeschnitztem rotem Holz.
    Gresham setzte sich im Schneidersitz davor. »Ich hasse dieses verdammte Gerät«, und fuhr mit der Hand über die elegante Linienführung; es sah eher zärtlich als haßerfüllt aus. Er schloß die Videokamera an das Eingabegerät an.
    »Wo ist das Make-up?«
    Er gab es ihr. Laura klappte den Handspiegel aus. Sie war so abgehärmt und dünn, wie ein Fall von Magersucht. Egal. Jemand würde dafür bezahlen. Sie steckte die Fingerspitzen in den Puder, trug ihn auf ihre hohlen Wangen auf.
    Sie legte Rouge auf. »Gresham, wir müssen überlegen, wie wir die Südafrikaner zur Zusammenarbeit bewegen können. Sie sind altmodisch, eigen, wenn es um Informationen geht. Sie wollten mich nicht an ihren verdammten Fernschreiber heranlassen, und alles soll nur über Pretoria geleitet werden.«
    »Wir brauchen sie nicht«, sagte er.
    »Gewiß brauchen wir sie, wenn wir das Netz erreichen wollen! Und sie werden zuerst die Aufzeichnung sehen wollen und dabei alles erfahren.«
    Er schüttelte den Kopf. »Laura, sieh dich um!«
    Sie ließ den Spiegel sinken und tat ihm den Gefallen. Sie waren in einem Kuppelzelt. Stoff in Wüstentarnfarben über Metallrippen und Drahtgeflecht.
    »Du sitzt unter einer Satellitenantenne«, sagte er.
    Sie war verblüfft. »Du hast Zugang zu Nachrichtensatelliten?«
    »Wie soll ich sonst mitten in der Sahara das Netz erreichen? Die Abdeckung ist lückenhaft, aber während der richtigen Überflugzeiten können wir eine Aufzeichnung überspielen.«
    »Wie kannst du das tun? Woher kommt das Geld?« Ein schrecklicher Gedanke schoß ihr durch den Sinn. »Gresham, bist du ein Datenpirat?«
    »Nein. Aber ich hatte mit ihnen zu tun. Die ganze Zeit.« Er schwieg für einen Augenblick. »Vielleicht sollte ich jetzt ernstlich damit anfangen. Die Konkurrenz ist ausgeschaltet, und ich könnte die Einnahmen gebrauchen.«
    »Tu's nicht! Denk nicht einmal daran.«
    »Du mußt dich in diesem Geschäft ziemlich gut auskennen. Könntest meine Beraterin sein.« Der Scherz fand keinerlei Anklang. Er schaute sie nachdenklich an. »Du würdest dich wie eine Harpyie auf mich stürzen, was? Du und deine Freunde von Rizome und den anderen Multis. Die das große Geschäft unter sich abmachen wollen.«
    Sie sagte nichts.
    »Im Augenblick spielt es kaum eine Rolle«, meinte er einlenkend. »Ich würde diese Aufzeichnung nicht über ein Piratennest an die Öffentlichkeit bringen.«
    »Wie meinst du das? Wo würdest du sie hinschicken?«
    »Nach Wien, natürlich. Die sollen sehen, daß ich Bescheid weiß - daß ich sie an den Pranger stellen kann. FAKT hat die Bombe und hat Wien erpreßt. Also hat Wien ein Abkommen mit ihr getroffen - gab den Nuklearterroristen Rückendeckung, während sie in Wiens mittelbarem Auftrag die Piratennester heimsuchten. Eine bedenkliche Strategie, die gescheitert ist. Um mich zum Schweigen zu bringen, könnten sie versuchen, mich zu jagen und umzubringen, aber ich habe Übung darin, solchen Gefahren auszuweichen. Mit etwas Glück könnten sie mich statt dessen kaufen. Und mich dann in Ruhe lassen - wie sie Mali in Ruhe gelassen haben.«
    »Das ist nicht genug! Alle müssen davon erfahren. Die ganze Welt.«
    Gresham schüttelte den Kopf. »Ich denke, wir könnten Wien überzeugen, wenn wir es richtig anfangen. Es macht denen nichts aus, Leute zu kaufen, wenn sie müssen. Sie werden für unser Stillschweigen bezahlen. Mehr als du denkst.«
    Sie hielt sich den Spiegel vors Gesicht. »Tut mir leid,

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