Inseln im Netz
der Mann. »Ich stamme aus Polen.« Er schaute entschuldigend auf seine schmutzigen Hände. »Ich kann Ihnen nicht die Hand geben.«
»Macht nichts«, sagte David.
»Ich soll Ihnen einiges von dem zeigen, was wir hier tun.« Er winkte zum Ende der Pier. »Ich habe ein Boot.«
Das Boot war ein vier Meter langes, flachgehendes Fahrzeug mit stumpfem Bug und einem Wasserstrahl-Außenborder. Andrej gab ihnen Schwimmwesten und eine Art Steckkissen für das Baby. Sie schnallten sich an. Loretta nahm das Geschehen erstaunlicherweise ohne Geschrei hin. Über eine kurze Leiter stiegen sie hinab ins Boot.
David setzte sich ins Heck, Laura mit dem Kind auf eine gepolsterte Bank im Bug, wo sie nach rückwärts blickte. Carlotta machte es sich auf dem Boden bequem. Andrej warf die Leine los und startete den Motor. Sie glitten über das schleimige Wasser nordwärts.
David wandte sich zu Andrej und sagte etwas über katalytische Spaltverfahren. In diesem Augenblick meldete sich eine neue Stimme am Draht. (»Hallo, Rizome-Grenada, hier ist Eric King in San Diego… Könnten Sie mir noch einmal diese Destillationsanlage zeigen… Nein, Sie, Laura, sehen Sie zu dem großen gelben Ding…«)
»Ich übernehme«, rief Laura zu David. »Eric, wohin soll ich sehen?«
(»Nach links - ja - Gott, so was habe ich seit zwanzig Jahren nicht gesehen… Könnten Sie mir einfach einen langsamen Überblick von rechts nach links geben?… Ja, so ist es gut.«) Er verstummte, als Laura den Blick langsam über den Horizont gleiten ließ.
Andrej und David stritten bereits. »Ja, aber Sie bezahlen für alles«, sagte Andrej leidenschaftlich. »Hier erzeugen wir Energie aus Ozeanwasser…« - er deutete auf die großen runden Schwimmkörper der Energieerzeugungsanlage -, »die kostenlos ist. Ähnlich verhält es sich mit der Düngemittelerzeugung. Ammoniak ist NH. Stickstoff aus der Luft ist kostenlos. Wasserstoff aus dem Meerwasser, das kostenlos ist. Der einzige Kostenaufwand ist die Kapitalinvestition.«
(»Ja, und Wartung und Instandsetzung«,) sagte Eric King in verdrießlichem Ton. »Ja, und Wartung und Instandsetzung«, sagte Laura laut.
»Ist kein Problem, mit den modernen Polymeren«, erwiderte Andrej. »Kunstharze… wir streichen sie auf, und sie reduzieren die Korrosion beinahe auf Null. Sie müssen damit vertraut sein.«
»Kostspielig«, sagte David.
»Nicht für uns«, sagte Andrej. »Wir stellen sie her.«
Er kurvte um die Beine einer Bohrinsel. Als sie die scharfe Begrenzung ihres Schattens durchfuhren, schaltete Andrej den Motor aus. Sie trieben weiter; die flache, zwei Morgen große Plattform der Bohrinsel, durchzogen von barock anmutenden Rohrleitungen und Ventilen, erhob sich acht Meter über dem schattigen Wasser. Auf einer schwimmenden Anlegebrücke saß ein Hafenarbeiter mit Rattenschwanzzöpfen, das Gesicht eingerahmt von Kopfhörern, und musterte sie.
Andrej lenkte das Boot zu einem der vier Beine der Bohrinsel. Laura sah den dick aufgetragenen Glanz der Polymere an den tragenden Rohren und Verstrebungen. Unter der Wasserlinie war kein Muschelbesatz. Kein Seegras, kein Schleim. Nichts wuchs an dieser Konstruktion. Sie war glatt wie Eis.
David wandte sich zu Andrej und gestikulierte lebhaft mit beiden Händen. Carlotta lag am Boden und ließ ihre Füße über die Bordwand hängen, lächelte hinauf zur Unterseite der Plattform.
(»Ich wollte noch erwähnen, daß mein Bruder, Michael King, letztes Jahr in Ihrem Ferienheim war«,) sagte King. (»Er lobte es in den höchsten Tönen.«)
»Danke, das ist gut zu wissen«, sagte Laura in die Luft. David redete auf Andrej ein, etwas über Kupfervergiftung und eingebettete Biozide. Er ignorierte King und verringerte die Lautstärke seines Ohrhörers.
(»Ich habe diese Grenada-Angelegenheit verfolgt. Zieht man die fatalen Umstände in Betracht, haben Sie vernünftig gehandelt.«)
»Wir anerkennen diese Unterstützung und Solidarität, Eric.«
(»Meine Frau stimmt mit mir darin überein - obwohl sie meint, daß der Ausschuß die Sache besser hätte machen können… Sie unterstützen den Indonesier, richtig? Suvendra?«)
Laura überlegte. Sie hatte seit Tagen nicht mehr an die Ausschußwahlen gedacht. Emily unterstützte Suvendra. »Ja, das stimmt.«
(»Was halten Sie von Pereira?«)
»Ich mag ihn, bin aber nicht sicher, daß er das Zeug dazu hat«, sagte Laura. Carlotta grinste, als sie sah, wie Laura in die Luft hineinredete. Wie eine Idiotin, schizoid. Laura runzelte
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