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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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verrückten Wissenschaftler her, große Biotechniker, und kreuzen sie irgendwie mit diesen alten Hexenmeistern des Kugelfischgiftes, den Herren der lebenden Toten, und was herauskommt, ist bösartiger als ein tollwütiger Hund! Wenn ich jetzt in Singapur wäre, würde ich Räucherstäbchen abbrennen!«
    Laura sah unglücklich in ihr Glas. »Oh, bei mir sind Sie gut aufgehoben«, sagte Carlotta. »Dies alles habe ich selbst auf dem Markt gekauft.«
    »Danke, das ist sehr aufmerksam«, sagte David.
    »Nun, wir Texaner müssen zusammenhalten, nicht?« Carlotta griff zum Korb. »Sie können unbesorgt von diesen kleinen Tamaledingern essen, Pasteten werden sie hier genannt. Sie sind indischen, nicht indianischen Ursprungs, werden mit Curry zubereitet. Die einheimischen Indianer wurden schon vor langer Zeit ausgerottet.«
    (»Nicht essen!«) protestierte Mrs. Rodriguez. Laura beachtete sie nicht.
    »Sie sind gut«, sagte sie kauend.
    »Ja, sie trieben die Indianer von Sauteurs Point, das heißt Springerkap«, sagte Carlotta zu David. »Die Kariben-Indianer. Sie wußten, daß die Siedler von Grenada sie massakrieren würden, und so sprangen sie alle von einem Kliff in die See und starben. Dahin fahren wir heute - Sauteurs Point. Ich habe einen Wagen draußen.«
    Nach dem Frühstück nahmen sie Carlottas Wagen. Es war eine verlängerte Version der brasilianischen Dreiräder zur Lastenbeförderung, mit einem Motorradlenker vorn. »Ich fahre gern selbst«, bekannte Carlotta, als sie einstiegen. »Schnell fahren, das ist ein großer Spaß, den sie vor der Jahrtausendwende hatten.« Sie drückte mit dem Daumen auf einen Knopf am Lenker, und das Dreirad machte fröhlich quäkende Hupgeräusche, als sie an den Wächtern am Tor vorbeirollten. Die Wächter winkten; sie schienen sie zu kennen. Carlotta gab mit dem Drehgriff Gas, daß der Kies von der gewundenen Zufahrtsstraße aufspritzte, bis sie zur Fernstraße kamen.
    »Meinst du, daß es sicher ist, unsere Sachen den Haussklaven zu überlassen?« fragte Laura.
    David zuckte die Achseln. »Ich weckte sie auf und gab ihnen Arbeit. Rita jätet zwischen den Rosensträuchern, Jimmy reinigt das Schwimmbecken, und Rajiv soll die Pumpe für den Springbrunnen zerlegen, damit wir sie instandsetzen können.«
    Laura lachte.
    David rieb sich die Hände, daß seine Knöchel knackten; Vorfreude war in seinen Augen. »Wenn wir zurückkommen, können wir selbst mit anpacken.«
    »Du willst an dem Haus arbeiten?«
    David blickte überrascht. »Ein großartiges altes Herrenhaus wie dieses? Natürlich! Man kann es nicht einfach verfallen lassen!«
    Bei Tageslicht war die Fernstraße ziemlich belebt, viele rostende alte Toyotas und Datsuns waren unterwegs. Die Wagen krochen im Schrittempo an einer Straßenbaustelle vorbei, wo ein Bautrupp mit Schaufeln und Spitzhacken im Schatten einer Straßenwalze saß und die Zeit totschlug. Grinsend sahen die Männer zu Carlotta her, als sie das Dreirad vorbeilenkte. »He, Liebling!« krähte einer von ihnen und winkte.
    Auf einmal kam von Norden her ein Militärlastwagen mit Segeltuchverdeck. Der Bautrupp griff zu Schaufeln und Spitzhacken und machte sich energisch an die Arbeit. Der Militärlastwagen rumpelte auf dem Straßenbankett vorbei - er war voll von gelangweilt aussehenden Milizionären.
    Zwei Kilometer weiter kamen sie durch eine Ortschaft namens Grand Roy. »Ich bleibe hier in der Kirche«, sagte Carlotta und nahm die Hand vom Gasdrehgriff, um die Fahrtrichtung anzuzeigen. Der Motor spuckte und knatterte. »Es ist ein hübscher kleiner Tempel, einheimische Mädchen, sie haben komische Vorstellungen von der Göttin, aber wir bringen sie schon auf den rechten Weg.«
    Zuckerrohrfelder, Pflanzungen mit Muskatnußbäumen, blaue Gebirgszüge im Westen, deren vulkanische Gipfel von Wolken umkränzt waren. Sie kamen durch zwei weitere Ortschaften, größere: Gouyave und Victoria. Überfüllte Bürgersteige mit schwarzen Frauen in grellbunt bedruckten tropischen Kleidern, ein paar Frauen in indischen Saris; die ethnischen Gruppen schienen sich kaum zu vermischen. Nicht viele Kinder, aber viel Miliz in Khakiuniformen. In Victoria kamen sie an einem Basar vorbei, wo unheimlich würgende Musik aus brusthohen Lautsprechern auf dem Gehsteig sprudelte. Die Besitzer saßen hinter Tischen aus Glasfaser, auf denen Tonbänder und Videokassetten gestapelt waren. Passanten umdrängten Kokosnußverkäufer, und alte Männer schoben Verkaufskarren mit gerösteten Maiskolben

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