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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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paar Bananen.»
    «Bitte, Señor…»
    «Glaubst du wirklich an diesen Unsinn?»
    «Es ist kein Unsinn, Señor.»
    «Dann bring mir noch einen Whisky-Soda.»
    «Wenn Sie’s befehlen.»
    «Ich bitte dich nur.»
    «Das ist genauso wie ein Befehl.»
    «Dann bring ihn her.»
    Der Boy brachte den Whisky herein, dazu Eis und ein kaltes Mineralwasser, und Thomas Hudson nahm es und sagte: «Du mußt aufpassen, wenn es bei mir losgeht.» Aber als er den besorgten Blick im dunklen Gesicht des Jungen sah, ließ er das Necken sein und sagte: «Ich weiß bestimmt, daß ich davon nicht krank werde.»
    «Der Señor muß wissen, was er macht, aber es war meine Pflicht, ihn zu warnen.»
    «Das ist in Ordnung, du hast mich gewarnt. Ist Pedro schon da?»
    «Nein, Señor.»
    «Sag ihm, wenn er kommt, daß er den Cadillac klarmachen soll. Ich muß sofort in die Stadt.»
    So, jetzt gehst du ins Bad, sagte Thomas Hudson zu sich, und dann ziehst du dich an für Havanna und fährst in die Stadt und meldest dich beim Colonel. Was ist denn los mit dir? Eine ganze Menge ist mit dir los, dachte er. Eine Menge. Das Land ist los. Die See ist los. Die Luft ist los.
    Er saß im Rohrlehnstuhl, die Füße auf dem Fußteil, das Mario unter dem Sitz hervorgezogen hatte, und betrachtete die Bilder an den Wänden seines Schlafzimmers. Am Kopfende des Betts, des billigen Betts mit der billigen Matratze, an der er gespart hatte, weil er in diesem Bett nur schlief, wenn es Streit gegeben hatte, hing der Gitarrenspieler von Juan Gris. Nostalgia hecha hombre, dachte er auf spanisch. Die Leute wissen nicht, daß es das ist, woran du gestorben bist. Über dem Bücherregal auf der anderen Seite des Zimmers hing Paul Klees Monument in Arbeit. Er mochte den Gitarrenspieler lieber, aber er sah das Bild gerne an, und er erinnerte sich, wie lasziv es ihm vorgekommen war, als er es in Berlin gekauft hatte. Die Farben waren genauso obszön wie auf den Illustrationen in den medizinischen Büchern seines Vaters, auf denen man die verschiedenen Arten von Schankern und venerischen Geschwüren hatte studieren können, und wie entsetzt seine Frau gewesen war, bis sie dazu übergegangen war, das Dekadente daran zu akzeptieren und es nur als ein Gemälde anzusehen. Er selber hielt noch genausoviel davon wie damals, als er es in der Galerie Flechtheim in dem Haus am Fluß zum erstenmal gesehen hatte, in jenem kalten, wunderschönen Herbst, den sie in Berlin verbracht hatten, wo sie so glücklich gewesen waren. Aber es war ein gutes Bild, und er betrachtete es gern.
    Über dem anderen Bücherregal hing eines der Waldbilder von Masson. Es war der Wald von Ville d’Avray, und er liebte das Bild, genauso wie er den Gitarrenspieler liebte. Das war das Wunderbare an Bildern, daß man sie lieben konnte, ohne enttäuscht zu werden. Man konnte sie ohne Gram lieben, und die guten machten einen glücklich, weil in ihnen erreicht war, was man selber immer zu erreichen versucht hatte. Es war erreicht, und darauf kam es an, auch wenn man selber es nicht erreicht hatte.
    Boise kam herein und sprang ihm auf den Schoß. Er konnte wunderbar und ohne jede Anstrengung springen, bis hinauf auf die hohe Kommode in dem großen Schlafzimmer. Jetzt, nach dem kleinen, genauen Sprung, machte er sich’s auf Thomas Hudsons Schoß bequem und stupste ihn zärtlich mit den Vorderpfoten.
    «Ich guck mir die Bilder an, Boy. Es wäre gut für dich, wenn du dir auch etwas daraus machtest.»
    Aber vielleicht hat er von seiner Springerei und seinen nächtlichen Jagden genausoviel wie ich von den Bildern, dachte Thomas Hudson. Trotzdem ist es schade, daß er sie nicht sehen kann. Aber wer konnte sagen, ob er nicht vielleicht einen schauderhaften Geschmack gehabt hätte, was Bilder betraf. «Ich möchte wissen, was für Bilder dir gefallen würden, Boy. Wahrscheinlich würden dir die alten Holländer gefallen, die diese wunderbaren Stilleben mit Fischen, Austern und Wildbret gemalt haben. He, laß mich da in Ruhe, es ist heller, lichter Tag. Bei Tag macht man so was nicht.»
    Boise fuhr fort mit seinen Zärtlichkeiten, und Thomas Hudson schob ihn beiseite, um ihn zu beruhigen.
    «Benimm dich, Boy», sagte er. «Ich hab die anderen Katzen noch nicht einmal begrüßt, dir zuliebe.»
    Boise aalte sich, und Thomas Hudson konnte das Schnurren fühlen, wenn er ihm den Finger an die Kehle legte.
    «Ich muß jetzt ins Bad, Boy. Du verbringst den halben Tag damit, aber natürlich wäschst du dich mit der Zunge. Dann bin ich

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