Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
und er mochte den Prinz jetzt mehr als früher und fühlte sich ihm sehr verwandt.
    In Marseille waren er und der Baron von Bord gegangen. Die meisten anderen blieben für den Rest der Reise an Bord, die in Southampton zu Ende war, und in Marseille saßen er und der Baron vor einem Restaurant im Vieux-Port und aßen moules marines und tranken eine Karaffe Rose dazu. Thomas Hudson hatte großen Hunger. Es fiel ihm ein, daß er überhaupt die meiste Zeit, seit sie aus Haifa ausgelaufen waren, Hunger gehabt hatte.
    Jetzt war er auch verdammt hungrig, dachte er. Wo waren nur die Boys? Wenigstens einer sollte doch da sein, dachte er. Es war noch nie so kalt draußen gewesen, und der kalte Wind erinnerte ihn an jenen Tag, an dem sie in Marseille in der steilen Straße, die zum Hafen hinunterführte, an dem Tisch des Cafés gesessen hatten, die Mantelkragen hochgeschlagen, und sie hatten die moules gegessen, direkt aus der dünnen schwarzen Schale, die man aus der heißen, gepfefferten und mit ausgelassener Butter übergossenen Milchbrühe fischte, und Tavel getrunken. Der Wein hatte genauso geschmeckt, wie die Provence aussah, und sie hatten zugesehen, wie sich der Wind in den Röcken der Fischweiber, der Luxuspassagiere und der schlecht angezogenen Hafenhuren zu schaffen gemacht hatte, die das steile Katzenkopfpflaster vom Hafen heraufkamen, den Mistral im Rücken.
    «Sie waren sehr unartig», hatte der Baron gesagt, «tatsächlich, äußerst unartig.»
    «Wollen Sie noch ein paar Muscheln?»
    «Nein, ich muß etwas Richtiges haben.»
    «Wollen wir uns eine Bouillabaisse bestellen?»
    «Zweimal Suppe?»
    «Ich habe Hunger, und wir werden nicht gleich wieder herkommen.»
    «Schön.»
    «Ich kann mir vorstellen, daß Sie ausgehungert sind. Also gut, wir möchten zweimal Bouillabaisse haben und danach ein anständiges Chateaubriand, sehr blutig, bitte. Sie müssen wieder etwas auf die Knochen kriegen, alter Schuft.»
    «Was werden Sie jetzt tun?»
    «Die Frage ist viel eher, was Sie unternehmen werden. Lieben Sie sie?»
    «Nein.»
    «Das ist gut. Dann ist es besser für Sie, Sie verschwinden jetzt. Viel besser.»
    «Ich habe ihnen versprochen, eine Weile mit ihnen fischen zu gehen.»
    «Wenn Sie mit ihnen jagen gingen, würde es sich eher lohnen», hatte der Baron gesagt. «Fischen ist ein kaltes und unbequemes Geschäft, und sie hat dabei keine Chance, ihren Mann zum Narren zu halten.»
    «Er muß es doch wissen.»
    «Nein, er weiß nur, daß sie sich in Sie verliebt hat, mehr nicht. Immerhin, Sie sind ein Gentleman und können tun, was Sie wollen, während sie kein Recht hat, ihren Mann zum Narren zu halten. Würden Sie sie heiraten?»
    «Nein.»
    «Sie könnte Sie sowieso nicht heiraten. Also ist es auch nicht nötig, daß man ihn unglücklich macht, es sei denn, Sie liebten sie.»
    «Ich liebe sie nicht, das ist mir jetzt klar.»
    «Dann sollten Sie verschwinden.»
    «Auch darüber bin ich mir im klaren.»
    «Gut, daß Sie derselben Meinung sind wie ich. Aber sagen Sie mir: wie ist sie eigentlich?»
    «Sie ist sehr gut.»
    «Reden Sie keinen Unsinn, ich habe ihre Mutter gekannt. Die Mutter hätten Sie kennen sollen.»
    «Ich habe sie verpaßt. Tut mir leid.»
    «Dazu haben Sie alle Veranlassung. Ich verstehe nicht, warum Sie sich mit diesen netten, langweiligen Leuten abgeben. Sie brauchen sie doch schließlich nicht für Ihre Malerei oder sonst etwas… oder?»
    «Nein. So wird nicht gemalt. Ich mag sie einfach, ich mag sie immer noch, aber ich bin nicht in sie verliebt, und es fängt an, ziemlich kompliziert zu werden.»
    «Ich bin froh, daß Sie mir zustimmen. Und wo wollen Sie jetzt hin?»
    «Wir kommen gerade aus Afrika.»
    «Stimmt. Wollen Sie nicht eine Zeitlang nach Kuba gehen oder auf die Bahamas? Wenn ich zu Hause etwas Geld auftreiben kann, könnte ich mitkommen.»
    «Glauben Sie, daß Sie zu Hause Geld auftreiben können?»
    «Nein.»
    «Ich glaube, ich werde eine Weile in Paris bleiben. Ich bin lange nicht in der Stadt gewesen.»
    «Paris ist nicht ‹Stadt›, London ist ‹Stadt›.»
    «Ich möchte gern wissen, was in Paris los ist.»
    «Das kann ich Ihnen erzählen.»
    «Nein, ich meine, ich will mir ein paar Bilder ansehen und ein paar Leute sehen und zum Sechs-Tage-Rennen gehen und nach Auteuil und Enghien und Le Tremblay. Warum bleiben Sie nicht?»
    «Ich mache mir nichts aus Pferderennen, und Spielen kann ich mir nicht leisten.»

    Laß es sein, dachte er. Der Baron war tot, und die Krauts waren in

Weitere Kostenlose Bücher