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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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dir ganz gleichgültig. Du bist konzentriert wie ein Buchhalter, wenn du dich wäschst. Es muß sein, also duldet es keine Störung. Und ich gehe jetzt ins Bad. Ich kann hier nicht den ganzen Morgen herumsitzen und saufen, das ist der Unterschied zwischen uns. Und daß du keine achtzehn Stunden am Ruder stehen könntest, was ich fertigbringe. Zwölf halte ich jederzeit durch, achtzehn, wenn ich muß. Gestern und heute früh waren es neunzehn. Aber ich kann auf der anderen Seite nicht springen und nachts auf Jagd gehen wie du. Von der Jagd träumen, das können wir auch. Nachts. Aber du hast deine Barthaare, die sind dein Radar. Die Tauben haben das ihre wahrscheinlich in dem Höcker auf ihrem Schnabel, jedenfalls haben alle Brieftauben diesen Höcker. Und auf welcher Frequenz arbeitet dein Radar, Boy?»
    Boise lag der Länge nach da, schwer und ruhig, schnurrte leise und fühlte sich wohl.
    «Was macht dein Suchgerät, Boy? Wie viele Impulse hat es? Ich meine pro Minute? Ein S-Gerät habe ich auch an Bord, sag’s niemandem, aber mit dem Ultrakurzwellengerät sind diese feindlichen Huren genauer zu orten. Das kommt von den Mikrowellen, Boy. Du schnurrst jetzt auf derselben Frequenz.»
    Das ist der Trick, wie du dein Versprechen halten kannst, und du hast dir versprochen, nicht nachzudenken, bis ihr wieder auslauft. Es war nicht nur die See, woran du nicht denken wolltest. Schließlich liebst du die See und würdest woanders nicht sein wollen. Geh auf die Terrasse und guck sie dir an. Sie ist weder grausam noch tückisch, wie immer gequatscht wird, sie ist einfach da, und der Wind fährt darüberhin, und der Strom hält sie in Gang, und auf ihrem Spiegel kämpfen Wind und Strom miteinander, aber in der Tiefe spielen sie keine Rolle. Sei froh, daß du wieder auslaufen kannst, und bedank dich, daß du dort zu Hause bist. Sie ist dein Zuhause, also rede nicht und mach sie nicht schlecht. Die See ist nicht dein Problem. Langsam wirst du vernünftig, sagte er zu sich, wenn es auch für einen, der an Land ist, noch nicht sehr viel ist. Okay, sagte er zu sich. Du mußt auf See so wach sein, daß es an Land nicht auch noch not tut.
    Natürlich ist es schön an Land, dachte er. Heute werden wir merken, wie schön es an Land sein könnte, du mußt nur vorher den Scheiß-Colonel hinter dich bringen. Immerhin siehst du ihn ganz gerne wieder, es hält dich auf den Beinen. Aber vielleicht brauchst du nicht groß auf ihn einzugehen, dachte er. Das ist eine von den Sachen, die du vielleicht vermeiden kannst, an einem so schönen Tag. Du gehst einfach hin, aber du läßt dich nicht auf große Gespräche ein. Er hat sowieso den Kopf voll und wird nicht fertig damit, und er hat auch schon genug angedreht, was er nicht wieder zurückdrehen kann. Geh hin, mach ihm Meldung und vermeide große Gespräche. Das ist das Beste, was du machen kannst.
    Er trank sein Glas aus, hob den Kater vom Schoß, stand auf, sah die drei Bilder noch einmal an und ging dann ins Bad und duschte sich. Der Boiler war erst eingeschaltet worden, als die Hausboys heute morgen gekommen waren, und es war nicht viel heißes Wasser da, aber er seifte sich ab, schrubbte sich den Kopf und duschte dann kalt. Er zog ein weißes Flanellhemd an, band sich einen dunklen Schlips um, zog eine Flanellhose über, Wollsocken und seine festen englischen Straßenschuhe, die er jetzt zehn Jahre trug. Dann zog er einen Kaschmirpullover und eine alte Tweedjacke an und klingelte nach Mario.
    «Ist Pedro da?»
    «Ja, Señor. Der Wagen steht vor der Tür.»
    «Mach mir einen Tom Collins mit Kokosnußwasser und Angostura zum Mitnehmen. Tu das Glas in einen von den Korkbehältern.»
    «Ja, Señor. Ziehen Sie keinen Mantel an?»
    «Ich nehm ihn mit, falls es auf der Rückfahrt kalt wird.»
    «Sind Sie zum Mittagessen zurück?»
    «Nein. Zum Abendessen auch nicht.»
    «Wollen Sie die Katzen noch sehen, ehe Sie wegfahren? Sie sind alle draußen und liegen in der Sonne, wo es nicht weht.»
    «Nein, ich sehe sie heute nacht. Ich will ihnen etwas mitbringen.»
    «Ich geh jetzt den Tom Collins machen. Wegen der Kokosnuß dauert’s einen Moment.»
    Warum gehst du denn nicht hin und guckst dir die Katzen an? fragte er sich, und er antwortete sich, ich weiß es nicht. Ich versteh es selber nicht. Das war früher nicht so.
    Boise war ihm nachgelaufen, etwas besorgt, weil er weggehen wollte, aber nicht in Panik, denn es wurde nicht gepackt, und er sah auch keine Koffer. «Wahrscheinlich bin ich

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