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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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traurig.
    Sie fuhren jetzt direkt am Hafen entlang, wo die Fähre nach Regla anlegte und die Küstenschoner festmachten. Das Hafenwasser war braun und rauh, aber die Wellen hatten keine Schaumköpfe, das Wasser war einfach zu braun. Es war ein frisches, klares Braun nach der schwarzen Fäulnis im Innern der Bucht, und dahinter, im Schutz der Hügel über Casablanca, lagen die Fischkutter und die grauen Kanonenboote der kubanischen Navy auf Reede. Dort lag auch sein eigenes Schiff, obgleich er es von hier aus nicht sehen konnte. Jenseits der Bucht war die alte gelbe Kirche zu sehen und die Häuser von Regla, die rosa, grün und gelb verstreut lagen, dahinter die Vorratstanks und die Schornsteine der Raffinerie von Belot und das Gebirge, das sich nach Cojimar hinaufzog.
    «Können Sie das Schiff sehen?» fragte der Chauffeur.
    «Von hier nicht.»
    Sie fuhren jetzt in Lee der rauchigen Schornsteine der Electric Company, und der Morgen war so hell und sauber und die Luft so klar und neugewaschen wie über den Bergen bei der Farm. Jede Bewegung im Hafen sah wie verfroren aus bei dem Nordsturm.
    «Lassen Sie uns zuerst zur Floridita fahren», sagte Thomas Hudson zum Chauffeur.
    «Es sind nur noch vier Blocks bis zur Botschaft.»
    «Ich weiß, aber ich möchte zuerst zur Floridita.»
    «Wie Sie wünschen.»
    Sie fuhren direkt in die Stadt hinein und kamen in den Windschutz der Lagerhäuser und Schuppen. Thomas Hudson roch die Mehlsäcke, die hier lagerten, den Mehlstaub und den Geruch frisch geöffneter Kisten, den Duft von den Kaffeeröstereien, der eine stärkere Sensation war als ein Drink frühmorgens, und er roch den schönen Tabaksduft, der kurz vor der Rechtskurve auf die Floridita zu am stärksten war. Das war eine von den Straßen, die er sehr mochte, obwohl er hier nie zu Fuß ging. Bei Tage waren die Trottoirs zu schmal, es herrschte zuviel Verkehr, und nachts, wenn kein Verkehr war, rösteten sie keinen Kaffee und die Luken der Lagerhäuser waren geschlossen, so daß man den Tabak nicht roch.
    «Sie haben noch nicht aufgemacht», sagte der Chauffeur. Die eisernen Rolläden auf beiden Seiten des Cafés waren noch geschlossen.
    «Ich hab mir’s gedacht», sagte Thomas Hudson. «Fahren Sie jetzt die Obispo hinunter zur Botschaft.»
    Er war die Straße Tausende von Malen hinuntergegangen, bei Tag und bei Nacht. Er fuhr hier nicht gern mit dem Wagen, weil sie dann zu schnell vorbei war, aber jetzt hatte er keinen Vorwand mehr, seine Meldung hinauszuschieben. Er trank sein Glas aus, beobachtete die Autos, die vor ihm waren, die Leute auf den Bürgersteigen und den Querverkehr an der Kreuzung der Nord-und Südstraße und hob sich die Straße für später auf, wenn er zu Fuß gehen konnte. Der Wagen fuhr vor der Botschaft und dem Konsulatsgebäude vor, und er ging hinein. Im Gebäude hatte man Namen, Adresse und den Grund des Besuchs anzugeben, und der trübselige Portier mit den ausgezupften Augenbrauen und seinem Schnurrbart, den untersten Rand der Oberlippe entlang, sah auf und schob ihm das Formular über den Tisch zu. Ohne hinzusehen ging er zum Fahrstuhl. Der Portier zuckte die Achseln und strich sich die Augenbrauen glatt. Wahrscheinlich hatte er sie ein bißchen zu sehr ausgeputzt, aber schließlich waren sie sauberer und akkurater, als wenn er sie wirr und buschig gelassen hätte, und sie paßten auch besser zum Schnurrbart, den er für den schmälsten hielt, der überhaupt denkbar und eben noch ein Schnurrbart war. Nicht einmal Errol Flynn oder Pincho Gutierrez und nicht einmal Jorge Negrete hatten einen schmaleren, und dieser Saukerl von Hudson hatte einfach kein Recht, hier hereinzukommen und ihn zu ignorieren.
    «Was habt ihr bloß für maricones im Empfang jetzt?» fragte Thomas Hudson den Fahrstuhlführer.
    «Das ist kein maricon, das ist überhaupt nichts.»
    «Wie läuft der Laden?»
    «Gut. Es ist immer dasselbe.»
    Im vierten Stock stieg er aus und ging den Korridor hinunter. Er ging durch die mittlere der drei Türen und fragte den Diensthabenden, der dort saß, ob der Colonel im Hause sei.
    «Er ist heute früh nach Guantanamo geflogen», antwortete der Offizier von den Marines.
    «Und wann ist er zurück?»
    «Er hat gesagt, daß er vielleicht noch nach Haiti muß.»
    «Liegt irgend etwas für mich vor?»
    «Bei mir nicht.»
    «Hat er irgendeine Nachricht für mich dagelassen?»
    «Er hat gesagt, ich soll Ihnen sagen, daß Sie in der Gegend bleiben sollen.»
    «Was hat er für Laune

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