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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Einfahrt ist er auch sauber. Drüben, auf der Casablanca-Seite, ist es überhaupt nicht so schlecht. Dort hast du schon hübsche Nächte verbracht, und du weißt’s.
    «Sehen Sie mal, da», sagte er. Der Chauffeur, der merkte, daß Thomas Hudson hinübersah, wollte das Auto anhalten, aber er sagte ihm, daß er weiterfahren solle. «Wir müssen zur Botschaft», sagte er.
    Er hatte das alte Ehepaar entdeckt, das in einem Verschlag aus Palmholz und Brettern lebte, unterhalb der Mauer, die den Eisenbahnkörper von dem Kohlenlager des Elektrizitätswerks trennte. Hier löschten die Schiffe ihre Kohlen. Die Mauer war schwarz von Kohlenstaub von den Kipploren, die drüberhin fuhren, und zwischen ihr und dem Eisenbahndamm waren keine vier Fuß Raum. Der Verschlag lehnte dagegen und war kaum so groß, daß sich zwei Menschen darin niederlegen konnten, und die beiden Leute, die darin wohnten, saßen vor der Tür und kochten in einer Blechdose Kaffee. Es waren Neger, schmutzig, vergrätzt von Alter und Schmutz. Sie trugen Kleider, die sie sich aus alten Zuckersäcken gemacht hatten, und sie waren sehr alt. Den Hund konnte er nicht entdecken.
    «Yelperro?» fragte er den Chauffeur.
    «Ich habe ihn lange nicht gesehen.»
    Seit mehreren Jahren fuhr er jetzt schon an den alten Leuten vorbei, und die Frau, deren Briefe er in der letzten Nacht gelesen hatte, als sie an dem Verschlag vorübergekommen waren, hatte etwas von Elend gesagt und daß es eine Schande sei.
    «Dann tu etwas dagegen», hatte er erwidert. «Warum redest du dauernd über schreckliche Sachen und schreibst so fabelhaft, wie schrecklich alles ist, und tust nichts dagegen?»
    Die Frau war wütend geworden. Sie hatte den Wagen angehalten, war ausgestiegen, zu dem Schuppen hinübergegangen und hatte der alten Frau 20 Dollar gegeben. Außerdem hatte sie ihr gesagt, daß ihr das helfen solle, eine bessere Unterkunft für sich zu finden, und sie sollten sich etwas zu essen dafür kaufen. Die alte Frau hatte gesagt: «Si, Señorita. Sie sind sehr gut zu uns.»
    Als sie das nächste Mal vorbeigekommen waren, lebten die Leute an derselben Stelle und winkten glücklich herüber. Sie hatten sich einen Hund angeschafft. Es war ein weißer kleiner Hund mit Locken und für das Kohlendreckgeschäft wahrscheinlich nicht besonders geeignet, wie Thomas Hudson gedacht hatte.
    «Was, glauben Sie, ist aus dem Hund geworden?» fragte Thomas Hudson den Fahrer.
    «Wahrscheinlich ist er tot. Sie haben nichts zu essen.»
    «Wir müssen einen neuen Hund für sie besorgen», sagte Thomas Hudson.
    Hinter dem Verschlag, der jetzt ein gutes Stück zurücklag, fuhren sie auf der linken Seite an den schlammgrau verputzten Mauern des Hauptquartiers der kubanischen Armee entlang. Ein kubanischer Soldat, der einen weißen Großvater gehabt haben mußte, stand unbeteiligt, aber stolz in seiner Khakiuniform da, die ausgebleicht war, weil seine Frau sie so oft gewaschen hatte. Seine Feldmütze war ordentlicher als die General Stillwells, und die Springfield hing im bequemsten Winkel von seinen hervorstechenden Schulterknochen herab. Er sah den Wagen an, ohne ihn zu sehen. Thomas Hudson sah, daß er fror. Wahrscheinlich würde ihm wärmer, wenn er auf und ab ginge, dachte Thomas Hudson, aber er bleibt genau auf dem Punkt stehen, um keine Kraft zu vergeuden. Bald hat er Sonne, dann wird er warm werden. Er war zu mager, um schon lange in der Armee gedient zu haben, und Thomas Hudson dachte, im Frühling werde ich ihn wahrscheinlich nicht wiedererkennen, falls ich im Frühling hier wieder vorbeikomme. Die Springfield muß ihn elend drücken. Es ist ein Jammer, daß sie ihn nicht mit einem leichten Plastikgewehr Posten stehen lassen. Die Stierkämpfer benutzen jetzt auch Holzschwerter, solange sie mit der muleta arbeiten, um ihre Handgelenke nicht zu ermüden.
    «Wollte General Benitez nicht nach Europa und in die Kämpfe eingreifen?» fragte er den Chauffeur. «Ist die Division schon fort?»
    «Todavia no», sagte der Chauffeur, «bis jetzt nicht. Der General lernt gerade Motorradfahren. Er übt jeden Morgen auf dem Malecon.»
    «Dann ist es wahrscheinlich eine motorisierte Division», sagte Thomas Hudson. «Was haben die Soldaten und Offiziere in diesen großen Paketen, wenn sie vom Estado Mayor herauskommen?»
    «Reis», sagte der Chauffeur. «Sie haben eine Ladung Reis gekriegt.»
    «Reis ist jetzt schwer zu beschaffen?»
    «Unmöglich. Die Preise sind unmöglich.»
    «Ihr habt nichts zu essen,

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