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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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hatte und ihm zulächelte, folgte ihr Thomas Hudson, seine Bons in der Hand. Sie hatte ein hübsches Lächeln, wunderbar dunkle Augen und schönes schwarzes Haar. Jedesmal, wenn es am Haaransatz über der Stirn und am Scheitel weiß wurde, ließ sie sich von Thomas Hudson Geld geben, um es in Ordnung bringen zu lassen, und wenn sie frisch gefärbt wiederkam, sah es glänzend und natürlich und schön aus wie das Haar eines jungen Mädchens. Ihre Haut war sanft wie olivenfarbenes Elfenbein, falls es so etwas gab, auf dem ein leichter rosa Schimmer liegt. Thomas Hudson mußte tatsächlich immer an abgelagertes Mahagoniholz denken, das eben aus der Säge kommt, geschmirgelt und leicht gewachst ist, wenn er sie ansah. Er hatte ein so hingehauchtes Olivgrün noch nie gesehen, und Mahagoniholz besaß noch nicht einmal diesen rosa Schimmer. Natürlich legte sie Rouge auf, aber sie machte es so unauffällig wie die chinesischen Mädchen. Da war also dieses schöne Gesicht, das ihm die Theke herunter entgegenschaute, und es wurde immer schöner, je näher er ihm kam. Dann war er neben ihr, und ihr plumper Körper war da, der rosa Schimmer war künstlich, und das Mysterium war verschwunden. Trotzdem war es noch immer ein schönes Gesicht.
    «Du siehst schön aus, Honest», sagte er zu ihr.
    «Ach, Tom», sagte sie, «ich schäme mich einfach, wie dick ich geworden bin.»
    Er legte die Hand auf ihre dicken Hüften und sagte: «Du bist schön dick.»
    «Ich schäme mich richtig, wenn ich durch die Bar gehe.»
    «Du machst das wunderbar, wie ein Schiff.»
    «Wie geht’s unserem Freund?»
    «Gut.»
    «Wann kriege ich ihn zu sehen?»
    «Jederzeit. Willst du ihn jetzt sehen?»
    «Nein, Tom. Wovon hat Willie geredet, ich meine das, was ich nicht verstanden habe?»
    «Er hat bloß Unsinn gemacht.»
    «Es war kein Unsinn. Er hat von irgendeinem Kummer geredet, was du hast. War’s wegen deiner Señora?»
    «Nein. Scheiß auf meine Señora.»
    «Wenn du’s nur könntest, aber solange sie nicht da ist, geht’s nicht.»
    «Das habe ich auch schon festgestellt.»
    «Also, was ist das für ein Unglück?»
    «Gar nichts. Eben ein Unglück.»
    «Sag mir’s mal, bitte.»
    «Da gibt es nichts zu erzählen.»
    «Mir kannst du’s doch erzählen. Henry sagt mir auch immer alles, und nachts heult er. Und Willie erzählt mir gräßliche Sachen. Keinen richtigen Kummer, bloß schauderhaftes Zeug. Du kannst mir’s ruhig erzählen. Alle erzählen mir ihren Kummer, nur du nicht.»
    «Erzählen hilft nichts. Erzählen ist für mich schlimmer als den Mund halten.»
    «Willie sagt so furchtbare Sachen, Tom. Ob er nicht weiß, daß mir das weh tut und daß ich so was nie sagen würde und niemals etwas Schweinisches oder Perverses gemacht habe?»
    «Deshalb heißt du Honest Lil bei uns.»
    «Wenn ich mit perversen Sachen reich werden könnte und mit den normalen arm bliebe, dann würde ich lieber arm bleiben.»
    «Das weiß ich. Willst du ein Sandwich?»
    «Ich hab keinen Hunger mehr.»
    «Willst du noch was trinken?»
    «Ja, bitte, Tom. Nur sag’s jetzt. Willie hat etwas von einem Kater gesagt, der in dich verliebt ist. Ist das wahr?»
    «Ja, es ist wahr.»
    «Das ist furchtbar.»
    «Nein. Ich hab’s ja auch mit dem Kater.»
    «Es ist furchtbar, wenn du so redest. Zieh mich nicht auf, Tom, bitte nicht. Willie hat mich schon aufgezogen, bis ich geheult habe.»
    «Ich liebe den Kater», sagte Thomas Hudson.
    «Ich kann es nicht hören, Tom. Wann nimmst du mich zu den Verrückten mit, in ihre Kneipe?»
    «Morgen oder übermorgen.»
    «Gehen die Verrückten wirklich hin, wie die Leute hierherkommen und einen trinken?»
    «Ja. Der einzige Unterschied ist, daß sie Hemden und Hosen aus alten Zuckersäcken anhaben.»
    «Und hast du wirklich mit den Verrückten gegen die Aussätzigen Faustball gespielt?»
    «Ich war der beste Faustballer, den die Verrückten je hatten.»
    «Wie bist du denn auf die gekommen?»
    «Ich kam mal aus Rancho Boyeros und hielt, und mir hat es dort gefallen.»
    «Du nimmst mich wirklich mit?»
    «Du darfst dich bloß nicht fürchten.»
    «Ich fürchte mich schon. Aber wenn du dabei bist, nicht so sehr. Das ist der Grund, weshalb ich mit will. Ich will mich fürchten.»
    «Du magst sie bestimmt. Ein paar sind herrliche Verrückte.»
    «Mein erster Mann war auch verrückt, aber anders.»
    «Glaubst du, daß Willie verrückt ist?»
    «Nein, er ist nur schwierig.»
    «Er hat viel durchgemacht.»
    «Wer nicht. Willie bildet sich nur was

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