Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
drauf ein.»
    «Das glaube ich nicht, bestimmt nicht. Ich weiß einiges darüber.»
    «Dann laß uns von was anderem reden. Siehst du den Mann unten an der Theke, der mit Henry spricht?»
    «Ja.»
    «Alles, was er im Bett mag, sind Schweinereien.»
    «Armer Kerl.»
    «Der und arm? Reich ist er. Aber er will immer nur seine porquerias.»

«Hast du nie was für porquerias übrig gehabt?»
    «Nie. Da kannst du jeden fragen. Ich habe auch nie was mit einem Mädchen gemacht, mein ganzes Leben nicht.»
    «Honest Lil», sagte Thomas Hudson.
    «Wär dir’s lieber, wenn es anders wäre? Du magst keine porquerias. Du willst bloß Liebe machen, und dann bist du froh und schläfst. Ich kenn dich.»
    «Todo el mundo me conoce.»
    «Das ist nicht wahr. Sie denken ganz verschieden über dich. Aber ich kenn dich.»
    Er trank noch einen gefrorenen Daiquiri ohne Zucker, und als er das schwere, frostbeschlagene Glas hob, sah er die klare Schicht unter dem geraspelten Eis, und sie erinnerte ihn ans Meer. Das geraspelte Eis sah aus wie das Kielwasser eines Schiffs, und das Klare darunter sah wie das Bugwasser aus, wenn der Steven es zerschnitt und das Schiff in flachem Wasser war, über sandigem Grund. Es war fast genau dieselbe Farbe.
    «Ich wünschte, es gäbe einen Drink, der die Farbe der See hätte, wenn sie achthundert Faden tief ist und es ist Flaute und die Sonne steht hoch und das Wasser ist voll Plankton», sagte er.
    «Was sagst du?»
    «Nichts. Laß uns unser flaches Wasser trinken.»
    «Was ist los, Tom? Du hast etwas.»
    «Nein.»
    «Du bist furchtbar traurig und ein bißchen alt heute.»
    «Das macht der Wind.»
    «Du hast immer gesagt, daß dich der Nordwind wach macht und aufheitert. Wie oft haben wir miteinander geschlafen, weil Nordwind war?»
    «Ziemlich oft.»
    «Du hast es immer gemocht, wenn Sturm war, und du hast mir den Mantel gekauft, ich sollte ihn dann anziehen.»
    «Er steht dir gut.»
    «Ich hätte ihn schon ein halbes dutzendmal verkaufen können», sagte Honest Lil. «Du kannst dir nicht vorstellen, wie verrückt die Leute danach waren.»
    «Heute ist der richtige Tag für deinen Mantel.»
    «Trink mal, Tom. Trinken hat dir immer gute Laune gemacht. Trink aus und bestell dir noch einen.»
    «Wenn ich zu schnell trinke, tut mir der Schädel weh.»
    «Dann trink langsam und ruhig. Ich bestell mir noch einen highbalito.»
    Sie machte ihn sich selbst zurecht, aus der Flasche, die Seraffn vor ihr stehen gelassen hatte, und Thomas Hudson sah ihr zu und sagte: «Du trinkst bloßes Wasser. Es sieht genau aus wie das Wasser im Firehole River, ehe er mit dem Gibbon zusammenfließt und der Madison draus wird. Wenn du noch ein bißchen Whisky dazu tust, bekommst du die Farbe von dem Bach, der aus einem Zedernsumpf kommt und in den Bear River mündet. Das Dorf an der Mündung heißt Wab-Me-Me.»
    «Wab-Me-Me ist komisch», sagte sie. «Was heißt das?»
    «Ich weiß nicht», sagte er. «Es ist ein indianischer Ortsname, es ist ein Wort aus der Ojibway-Sprache. Ich müßte es eigentlich wissen, aber ich habe es vergessen.»
    «Erzähl mir von den Indianern», sagte Honest Lil. «Ich mag lieber was über die Indianer als über die Verrückten hören.»
    «Es gibt nur ganz wenige Indianer hier, unten an der Küste. Sie fischen, trocknen die Fische und brennen Kohle.»
    «Kubanische Indianer interessieren mich nicht, das sind alles bloß mulatos.»
    «Nein, sind sie nicht. Es gibt richtige Indianer darunter. Vielleicht sind sie früher mal gefangengenommen und von Yucatan herübergebracht worden.»
    «Ich mag keine yucatecos.»
    «Ich mag sie sehr.»
    «Erzähl lieber was von Wabmimi. Liegt das weit im Westen?»
    «Nein, im Norden, an der kanadischen Grenze.»
    «Kanada kenne ich. Ich bin einmal mit einem Princess-Liner bis Montreal hinaufgefahren, aber es hat geregnet, und wir konnten nichts sehen, und am selben Abend sind wir schon nach New York weitergefahren, mit dem Zug.»
    «Hat es den ganzen Strom hinauf geregnet?»
    «Die ganze Zeit. Schon ehe wir auf dem Strom waren, war Nebel, und eine Zeitlang hat’s geschneit. Kanada kann mir gestohlen bleiben, erzähl mir lieber von Wabmimi.»
    «Es war bloß ein Dorf mit einer Sägemühle, die am Fluß lag, und der Zug fuhr durch. Neben dem Bahnkörper waren immer große Haufen Sägemehl. Sie hatten Bäume über den Fluß gelegt, um die Baumstämme aufzustauen, die dicht an dicht lagen, über den ganzen Fluß hinweg. Der Fluß war mit Baumstämmen bedeckt, bis weit

Weitere Kostenlose Bücher