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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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oberhalb der Stadt, und ich war einmal fischen und wollte über den Fluß hinüber und kroch über die Baumstämme. Da drehte sich einer herum, und ich fiel ins Wasser. Als ich wieder hochkam, waren lauter Baumstämme über mir, und ich konnte nicht zwischen ihnen hindurch, und es war dunkel darunter. Überall fühlte ich ihre Rinde. Es war einfach unmöglich, zwei auseinanderzubekommen, um Luft zu holen.»
    «Und was hast du gemacht?»
    «Ich bin ertrunken.»
    «Nein», sagte sie, «sag so etwas nicht. Sag schnell, was du gemacht hast.»
    «Ich hab ganz scharf nachgedacht. Ich wußte ja, daß ich schnell heraus mußte. Da habe ich um einen vorsichtig herum getastet, bis ich den Spalt fand und den nächsten Stamm fühlte. Ich habe die Hände aneinandergepreßt und dagegengestoßen, und die Baumstämme fuhren ein kleines Stück auseinander. Danach bekam ich die Hände hindurch und dann die Unterarme und die Ellbogen, und dann habe ich mit den Ellbogen die Stämme auseinandergedrückt, bis ich den Kopf hindurch bekam und meine Arme um die Baumstämme legen konnte. Ich hab sie richtig umarmt und eine ganze Weile so zwischen ihnen gelegen. Das Wasser war ganz braun von den Stämmen. Was du da trinkst, sieht genau aus wie das Wasser, das aus dem kleinen Bach in diesen Strom floß.»
    «Ich glaube nicht, daß ich zwischen den Baumstämmen durchgekommen wäre.»
    «Ich hab’s auch lange nicht geglaubt.»
    «Wie lange bist du unter Wasser gewesen?»
    «Ich weiß es nicht. Ich weiß nur noch, daß ich lange da lag auf den Baumstämmen und sie umarmt hielt, ehe ich versuchen konnte, etwas anderes zu tun.»
    «Ich mag die Geschichte, aber ich werde davon träumen. Erzähl mir etwas Lustiges, Tom.»
    «Laß mich nachdenken.»
    «Erzähl eine, ohne nachzudenken.»
    «Schön», sagte Thomas Hudson, «als Tom noch ganz klein war…»
    «Que muchacho mas guapo!» unterbrach ihn Honest Lil. «Que noticias tienes de elf.»
    «Muy buenas.»
    «Me alegro», sagte Honest Lil, und die Tränen traten ihr in die Augen, als sie versuchte, sich den jungen Tom als Flieger vorzustellen. «Siempre tengo su fotografia en uniforme con el sagrado corazon de Jesus arriba de la fotografia y la virgen del Cobre.»
    «Hast du großes Vertrauen zur Virgen del Cobre?»
    «Ich verlaß mich blind auf sie.»
    «Das mußt du auch.»
    «Sie paßt Tag und Nacht auf Tom auf.»
    «Das ist gut», sagte Thomas Hudson. «Serafin, gib mir noch so einen Großen, bitte. Soll ich dir jetzt die lustige Geschichte erzählen?»
    «Ja, bitte, erzähl mir die lustige Geschichte», sagte Honest Lil. «Ich bin ganz traurig geworden.»
    «Pues el happy story es muy sencillo», sagte Thomas Hudson. «Als wir Tom das erste Mal mit nach Europa nahmen, war er drei Monate alt, und es war ein sehr altes kleines und langsames Schiff, und die meiste Zeit war schlechtes Wetter. Das Schiff roch nach der Bilge und nach öl und dem Staufferfett an dem Messing der Bullaugen und es roch nach den Waschräumen und nach diesen großen rosa Desinfektionstafeln in den Pissoirs…»
    «Pues, das ist nicht sehr lustig.»
    «Du irrst dich gewaltig. Es wird lustig, muy lustig, laß mich nur weitermachen. Das Schiff roch auch nach den Bädern, die du pünktlich nehmen mußtest oder der Badesteward pfiff dich an, oder es roch nach dem heißen Salzwasser, das aus den Messinghähnen der Wannen floß, und nach den Holzgreatings auf dem Fußboden und nach der gestärkten Jacke des Badestewards. Es roch auch nach dem billigen englischen Essen, das einem jeden Mut nahm, und nach den Kippen von all den Woodbines, Players und Gold Flakes im Rauchsalon, und wo sie sonst überall herumlagen. Es gab keine einzige Stelle an Bord, wo es gut roch. Und wie die Engländer selber riechen, die Frauen wie die Männer, das weißt du. Sie baden überhaupt bloß soviel, weil sie es selber riechen, ungefähr so, wie wir’s den Negern anmerken. Kein Engländer riecht so gut, wie eine Kuh dich anbläst, und wenn sie Pfeife rauchen, dann geniert es sie nicht einmal. Der Pfeifengeruch kommt dann einfach dazu. Ihre Tweedjacken riechen gut und das Leder ihrer Schuhe, und überhaupt alles Lederzeug riecht gut bei ihnen. Aber auf einem Schiff gibt es ja nicht viel Lederzeug, und ihre Tweedjacken sind geradezu imprägniert mit dem Geruch nach kalten Pfeifen. Auf dem ganzen Schiff gab es nur eine Sache, die gut roch: du mußtest deine Nase tief in diesen schäumenden Cider stecken, den sie aus Devon kriegen. Der roch wunderbar, und

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