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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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war wunderbar. Sie waren gute Jungen, und jetzt waren sie seit einer Woche im Haus. Die Thunfisch-Saison war vorüber, und es waren wenige Fischerboote jetzt im Hafen. Das Leben ging wieder seinen Gang, Tag für Tag, und es herrschte Vorsommerwetter.
    Die Jungen schliefen auf Feldbetten auf der Loggia, und man ist viel weniger allein, nachts, wenn man aufwacht und das Atmen von Kindern hört. Die Brise, die von den Sänden herüberstrich, machte die Nächte frisch, und wenn keine Brise war, kam es kühl von der See herauf.
    Die Jungen waren ein bißchen schüchtern bei der Ankunft und viel ordentlicher als später. Aber die Ordnung war kein großes Problem, wenn sie sich nur den Sand von den Füßen traten, ehe sie ins Haus kamen, und ihre nassen Badehosen auf der Terrasse ließen und trockene anzogen, ehe sie hineingingen. Joseph lüftete ihre Schlafanzüge, wenn er morgens ihr Bettzeug wegräumte, und hinterher legte er die Schlafanzüge zusammen und packte sie weg. Sonst lagen nur noch ihre Hemden und Sweater herum, die sie abends trugen. Das war allerdings die Regel. Tatsächlich ließen sie alles herumliegen, überall, was sie gerade in der Hand gehabt hatten, aber Thomas Hudson sah darüber hinweg. Wenn ein Mann für sich allein lebt, legt er sich genaue Gewohnheiten zu, und am Ende machen sie ihm Freude. Auf der anderen Seite war es gut, daß sie einmal durchbrochen wurden. Er wußte schließlich, daß er seine Gewohnheiten für lange Zeit wieder haben würde, wenn er die Jungen nicht mehr bei sich hatte.
    Er sah sie, während er auf der Terrasse über dem Meer arbeitete. Er sah den Großen und den Mittleren und den Kleinen mit Roger am Strand liegen. Sie redeten und wühlten im Sand und stritten sich, aber er konnte nicht verstehen, was sie redeten.
    Der Älteste war aufgeschossen und dunkelhaarig. Er hatte Thomas Hudsons Nacken und Schultern, und er hatte die langen Beine eines Schwimmers und große Füße. In seinem Gesicht war etwas Indianisches, und er war ein heiterer Junge. Nur wenn er sich unbeobachtet glaubte, sah sein Gesicht fast tragisch aus.
    Thomas Hudson hatte ihn angesehen, als sein Gesicht diesen traurigen Ausdruck gehabt hatte, und gefragt: «Woran denkst du denn, Schatz?»
    «Ich fange Grillen», hatte der Junge geantwortet, und sein Gesicht hatte sich sofort aufgehellt. Es lag an seinen Augen und seinem Mund, daß es so tragisch aussah, wenn er nachdachte, und daß es sich so schnell wieder beleben konnte, sobald er sprach.
    Der mittlere Junge erinnerte Thomas Hudson immer an einen Fischotter. Sein Haar hatte die Farbe von Otterfell, es war auch so fein wie das eines Tiers, das unter Wasser lebt, und seine Haut nahm einen seltsamen Goldton an, wenn er braun wurde. Sein Vater mußte jedesmal, wenn er ihn ansah, an irgendwelche Tiere denken, die ein vernünftiges und drolliges Eigenleben haben. Ottern und Bären amüsieren sich leicht, und die Bären sind natürlich noch menschenähnlicher. Der Junge würde nie breit und stark wie ein Bär, nie athletisch werden, aber das wollte er auch gar nicht. Er war einfach wie ein hübsches kleines Tier, und er war aufgeweckt und führte sein eigenes Leben. Er war zutraulich, man hatte ihn gerne um sich, und er hatte einen Sinn für Gerechtigkeit. Mitunter hatte er auch seine cartesianischen Zweifel und stritt sich heftig, und er neckte gern jemanden, ohne Tücke, wenn er einen dabei auch ziemlich quälen konnte. Er besaß noch andere gute Seiten, die keiner richtig kannte, und seine beiden Brüder ließen nichts auf ihn kommen. Sie ärgerten ihn nur gern, wenn sie herausbekamen, wo er verwundbar war. Natürlich prügelten sie sich auch und zogen einander ziemlich boshaft auf, aber sie hatten gute Manieren, und Erwachsenen gegenüber waren sie höflich.
    Der Jüngste war blond und robust wie ein kleines Schlachtschiff. Er sah aus wie eine Kopie von Thomas Hudson, etwas kleiner im Format, breiter und kürzer. Wenn er braun wurde, bekam er Sommersprossen. Er hatte ein lustiges Gesicht und war erwachsen auf die Welt gekommen. Auch er konnte ein Teufel sein und seine Brüder piesacken. Er hatte seine dunklen Seiten, die niemand verstand, nur Thomas Hudson. Sie machten sich keine Gedanken darüber, nur daß sie es untereinander einkalkulierten und wußten, daß es ungut war, und der Mann respektierte es und nahm es in Kauf. Sie standen sich sehr nahe, obgleich Thomas Hudson mit ihm viel weniger zusammengewesen war als mit den anderen Jungen. Andrew, das war

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