Inseln im Strom
Roger», sagte Fred Wilson und kletterte auf die Pier. «Gedanken sind was für Anfänger.»
Sie gingen die Pier entlang und nahmen das Banjo und die Gitarre mit. Sie hielten auf das Ponce de León zu, dessen Tür offenstand und wo das Singen herkam und der Lichtschein.
John sagte zu Thomas Hudson: «Freddy ist ein prima Kerl.»
«Das war er immer», antwortete Thomas Hudson, «aber er und Frank sind kein gutes Gespann.»
Roger schwieg, und Thomas Hudson machte sich Sorgen um ihn. Um ihn und ein paar andere Dinge. Er sagte zu ihm: «Wollen wir nicht mitgehen?»
«Ich bin noch immer bei dem Saukerl», sagte Roger.
Er blickte finster vor sich hin, hielt mit der linken seine rechte Hand fest und hatte der fremden Yacht den Rücken zugekehrt.
«Das kannst du dir schenken», sagte John ganz ruhig, «er ist schon wieder auf den Beinen.»
«Tatsächlich?»
«Er kommt gerade zum Vorschein. Mit der Flinte.» „«Ich glaub, ich werde verrückt», sagte Roger, aber es klang wie erleichtert. Er saß mit dem Rücken zum Heck und sah sich nicht einmal um.
Der Mann trat ans Heck seines Schiffs. Jetzt hatte er beides an, Pyjamajacke und -hose, aber was man sah war die Schrotflinte. Thomas Hudson sah hoch und sah ihm ins Gesicht. Irgendwer hatte sich damit befaßt. Es war mit Salbe beschmiert und die Backen waren mit Mull und Pflaster verpappt. An dem Ohr hatten sie nichts machen können. Es hing nur da, prall geschwollen, und Thomas Hudson malte sich aus, wie weh es getan haben mußte, wenn jemand es berührt hatte. Das Ohr beherrschte das ganze Gesicht.
Niemand sagte etwas, und der Mann stand da mit der Flinte und seiner ruinierten Visage. Wahrscheinlich konnte er mit seinen verschwollenen Augen kaum jemanden deutlich erkennen. Er stand da und sagte nichts, und die anderen sagten auch nichts.
Jetzt drehte Roger sehr langsam den Kopf, sah ihn an und sagte über die Schulter:
«Gehen Sie. Legen Sie die Flinte weg, und gehen Sie zu Bett.»
Der Mann mit der Flinte stand da. Seine verschwollenen Lippen bewegten sich, aber er sagte nichts.
«Sie sind gemein genug, einen Mann in den Rücken zu schießen, aber Sie haben nicht die Courage», sagte Roger ruhig über die Schulter. «Legen Sie die Flinte weg und gehen Sie ins Bett.»
Er saß immer noch da und kehrte dem Mann den Rücken zu. Und dann tat er etwas, was Thomas Hudson verdammt riskant vorkam. Roger sagte zu den drei Männern im Cockpit:
«Mich erinnert er ein bißchen an Lady Macbeth, wie sie im Nachthemd auftritt. Stimmt’s?»
Thomas Hudson war auf dem Sprung, aber es geschah nichts. Nach einer Weile drehte sich der Mann um und verschwand mit seiner Flinte im Niedergang.
«Mir ist wohler. Sehr viel wohler», sagte Roger, «ich habe richtig gemerkt, wie mir der Schweiß aus den Achselhöhlen lief und das Bein hinunter. Laß uns nach Hause gehen, Tom. Der Kerl ist okay.»
«Nicht allzu okay», sagte John.
«Okay genug!» sagte Roger. «Was ist das bloß für ein Mensch?»
Thomas Hudson sagte: «Komm, Roger. Komm für ein paar Tage zu mir.»
«Mach ich.»
Sie verabschiedeten sich von John und gingen King’s Highway hinauf und auf Thomas Hudsons Haus zu. Überall wurde noch gefeiert.
«Wollen wir nicht doch bei Bobby hineinsehen?» fragte Thomas Hudson.
«Bestimmt nicht.»
«Ich finde, wir sollten Freddy sagen, daß der Kerl okay ist.»
«Sag du’s ihm. Ich geh schon voraus.»
Als Thomas Hudson nach Hause kam, fand er Roger auf der Liege, die auf der Landseite der Loggia stand. Er lag auf dem Bauch, und es war dunkel, und der Lärm der Feiernden war kaum zu hören.
«Schläfst du?» fragte Thomas Hudson.
«Nein.»
«Willst du etwas trinken?»
«Ich glaube nicht. Danke.»
«Was macht die Hand?»
«Sie ist bloß geschwollen und tut weh, aber es ist nichts.»
«Hat’s dich sehr mitgenommen?»
«Ja. Ziemlich.»
«Morgen früh kommen die Jungen.»
«Ich freu mich drauf.»
«Du trinkst wirklich nichts mehr?»
«Nein, mein Alter. Aber trink du was.»
«Ich werde mir einen Whisky-Soda machen. Schläft sich besser.»
Thomas Hudson ging zum Eisschrank, machte sich seinen Drink und ging wieder auf die dunkle Terrasse, wo Roger lag. Er setzte sich zu ihm.
Roger sagte: «Es gibt jetzt eine Menge von diesen Lumpen. Richtige Lumpen, Tom. Der Kerl war schlimm.»
«Heute abend hat er was dazugelernt.»
«Das glaub ich nicht. Ich hab ihn bloß untergekriegt und ein bißchen kaputtgemacht. Er wird es an einem anderen auslassen.»
«Er hat
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