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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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dafür, dachte Thomas Hudson. Es gibt auch keinen Ersatz für Begabung. Man hat nicht einfach einen Topf voll zur Verfügung. Die eine, die man hat, hat man hier drinnen, im Herzen oder im Schädel, in allem, was ein Teil von dir ist. Das gilt auch für das Handwerk. Mit einem Satz Werkzeug, und daß man damit umgehen kann, ist nichts getan.
    Es ist besser, Maler zu sein, weil wir mehr Sachen haben, mit denen wir arbeiten können. Wir arbeiten mit den Händen, und wir beherrschen ein handfestes métier, das wir greifbar vor Augen haben. Das sind Vorteile. Aber Roger muß jetzt mit etwas zu arbeiten anfangen, das er ausgeplündert und auf den Kopf gestellt und billig gemacht hat, und alles ist in seinem Gehirn. Im Grunde steckt etwas Feines, Gesundes und Schönes in ihm, auch wenn das ein Wort ist, mit dem ich sehr vorsichtig umginge, wenn ich ein Schriftsteller wäre, dachte er. Aber was ihm bleibt ist die Art, wie er ist, und wenn er genausogut schreiben könnte, wie er sich auf der Pier geschlagen hat, so käme etwas Grausames dabei heraus, aber etwas sehr Gutes. Und wenn er so gut denken könnte, wie er nach der Schlägerei nachgedacht hat, könnte es sogar ausgezeichnet werden.
    Der Mondschein war weitergewandert, und Thomas Hudson lag jetzt im Dunkeln, und allmählich hörte er auf, über Roger nachzudenken. Es nützte nichts, an ihn zu denken. Entweder schafft er’s, oder er schafft es nicht. Aber es wäre wunderbar, wenn er es schaffte. Ich wünschte, ich könnte ihm helfen. Vielleicht kann ich’s, dachte er und schlief ein.

9
    Als die Sonne ihn weckte, ging Thomas Hudson zum Strand hinunter und schwamm, dann frühstückte er, ehe die anderen aufgestanden waren. Eddy sagte, er glaube nicht, daß sie viel Wind bekämen, und es würde eher still bleiben. Er sagte, das Fischgerät sei an Bord und in gutem Zustand und er habe einen Jungen losgeschickt, um Köder zu holen. Thomas Hudson fragte Eddy, ob er die Angelleinen nachgesehen hätte, denn der Kutter war eine ganze Weile nicht auf Großfischfang gewesen, und Eddy sagte, er habe alles geprüft und alle Leinen, die verrottet gewesen seien, weggenommen. Er sagte, sie brauchten bald mehr von der Sechsunddreißiger-Leine und eine ganze Menge Vierundzwanziger, und Thomas Hudson versprach ihm, eine Bestellung aufzugeben. Inzwischen hatte Eddy so viel Leine zurechtgemacht, daß die alten ersetzt und die beiden großen Kurrtrommeln voll waren. Er hatte sämtliche große Haken saubergemacht und neu geschliffen und alle Vorfächer und Wirbel kontrolliert.
    «Wann haben Sie das alles gemacht?»
    «Die Spleiße hab ich heut nacht gemacht», sagte er. «Dann hab ich das Wurfnetz erneuert. Hab nicht schlafen können bei dem verdammten Vollmond.»
    «Läßt Sie der Mond auch nicht schlafen?»
    «Macht mich verrückt», sagte Eddy.
    «Eddy, glauben Sie, daß es schädlich ist, wenn einem der Mond beim Schlafen ins Gesicht scheint?»
    «Die alten Leute behauptend. Ich weiß nicht, was dran ist. Ich fühl mich nur jedesmal mies.»
    «Meinen Sie, daß wir heute was fangen?»
    «Weiß man nie, aber es sind große Fische unterwegs, um diese Jahreszeit. Wollen Sie ganz zu den Isaacs hinaus?»
    «Die Jungen möchten es gerne.»
    «Dann sollten wir gleich nach dem Frühstück los. Ich hab nicht vor, Mittag zu kochen. Ich hab Muschelsalat und Kartoffelsalat und Bier und werd ein paar Sandwiches machen. Wir haben den Schinken, der mit dem Wochenboot gekommen ist, und ich hab ein bißchen Salat, und wir können Senf drauftun und was von dem Chutney. Senf schadet den Jungen doch nicht, oder?»
    «Glaub ich nicht.»
    «Ich hab nie welchen bekommen, als ich klein war. Aber das Chutney ist gut, was? Haben Sie’s schon mal auf Ihr Sandwich getan?»
    «Nein.»
    «Als Sie es kriegten, wußt ich zuerst gar nicht, was das ist, und ich dachte erst, es wäre Marmelade. Ist verdammt gut. Ich tu es mir manchmal auf die Maiskuchen.»
    «Warum gibt’s eigentlich nicht bald mal Curry?»
    «Ich krieg eine Hammelkeule mit dem nächsten Wochenboot. Warten Sie nur, bis wir ein paarmal davon gegessen haben – vielleicht auch nur einmal, wenn ich daran denke, was Tom und Andrew verdrücken –, dann gibt’s Curry.»
    «Schön. Und was soll ich klarmachen fürs Auslaufen?»
    «Nichts, Tom. Bringen Sie sie nur erst mal in Gang. Soll ich Ihnen was zu trinken machen? Heute arbeiten Sie ja nicht. Ich könnte selber einen brauchen.»
    «Ich trinke eine kalte Flasche Bier zum Frühstück.»
    «Gute Idee.

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