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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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gab, bei dem jemand aus besagter Familie ums Leben kam.«
    » Ein Unfall?«
    » Ja, ein unseliges Missgeschick, so viel weiß ich noch. Aber frag mich nicht nach den Einzelheiten, denn sie sind mir entfallen. Sicher ist das schon fünfundzwanzig Jahre her, vielleicht sogar länger.«
    » Das ist alles? An mehr erinnerst du dich nicht?«
    Der Viscount zuckte nur die Achseln, dann nahm er ein Journal von einem Stapel Papiere und blätterte es auf. Elizabeth hatte den deutlichen Eindruck, dass er sich sehr wohl erinnerte, aber nicht darüber sprechen wollte – vielleicht deshalb, weil das, was er hätte erzählen können, kein gutes Licht auf ihn geworfen hätte.
    Sie brannte förmlich darauf, mehr zu erfahren, doch sie wusste nicht, wen sie sonst noch hätte fragen können. Die alten Dienstboten mochten es wissen, doch sie waren allesamt dem Viscount treu ergeben und würden nie etwas ausplaudern, von dem ihr Herr wünschte, dass man nicht darüber sprach. Dass es bei besagtem Vorfall um eine solche Angelegenheit ging, lag auf der Hand.
    Später am Abend saß sie mit Felicity in ihrem Gemach vor dem Kamin. Die Flammen waren beinahe heruntergebrannt. Eines der Dienstmädchen hatte bereits einen angewärmten Backstein ins Bett gelegt. Es war fast Schlafenszeit. Felicity hatte den ganzen Tag nichts anderes getan, als die Kisten mit den Habseligkeiten durchzusehen, die sie mit auf die Reise nehmen würden. Sie war davon überzeugt, dass sie noch viel mehr hineinbekommen könnte, wenn sie nur oft genug alles neu ordnete und umschichtete.
    » Wie sollen wir mit nur einer Kiste auskommen?«, beschwerte sie sich.
    » Es sind zwei«, sagte Elizabeth zerstreut. Auf keinen Fall würde sie morgen wieder zu dem alten Cottage hinausreiten!
    » Zwei für uns beide«, verbesserte ihre Cousine sie. » Das ist nur eine pro Nase! Allein für deine gesamte Aussteuer und die vielen Brautgaben müssten wir aber vier haben. Oder fünf!«
    » Ja.«
    » Ja, was? Soll das heißen, du stimmst mir zu?«
    » Nein«, sagte Elizabeth geistesabwesend. Ihre Neugier war keine Rechtfertigung dafür, die Gesellschaft dieses Mannes zu suchen. Er hatte sie geküsst. Ihre Wangen wurden immer noch heiß, wenn sie nur daran dachte.
    » Warum nicht?«, wollte Felicity wissen.
    » Warum was?«
    » Wieso glaubst du, dass zwei Kisten uns reichen?«
    » Weil sie riesig sind. Außerdem nehmen wir noch das Virginal mit, das ist so groß wie eine weitere Kiste.«
    » Aber unsere ganze gute Bettwäsche! Und das Tafelsilber!«
    » Die Dunmores besitzen Wäsche in Hülle und Fülle. Und Tafelsilber haben sie auch. Wozu sollen wir also mehr mitschleppen als nötig? Jedes zusätzliche Gepäckstück nimmt uns Platz in der Kabine weg.« So hatte Robert es ihr erklärt. Es sei furchtbar eng an Bord, man könne sich kaum drehen, daher sei es wichtig, sich auf das Unverzichtbare zu beschränken. Für ihre Mitgift war auch ohne Tafelsilber und Wäschestücke gesorgt, sie bestand aus Goldmünzen, die nicht viel Platz wegnahmen.
    Nein, sie würde jetzt nicht mehr über diesen Kapitän nachdenken. Sie hatte ohnehin nicht vorgehabt, noch einmal auszureiten, schon heute hatte sie gedanklich von Raleigh Manor Abschied genommen. Selbst wenn Duncan Haynes ihr erzählte, was der Viscount seiner Familie angetan hatte – wen kümmerte es nach so vielen Jahren noch? Ändern konnte man ohnehin nichts mehr daran. Und falls ihr Vater sich wirklich etwas vorzuwerfen hatte, sollte sie es besser gar nicht erst erfahren, denn womöglich würde es ihr Vertrauen in ihn erschüttern. Um keinen Preis wollte sie, dass etwas zwischen ihnen beiden stand. Sie würde Duncan Haynes keine Gelegenheit geben, Zwietracht zwischen ihr und ihrem Vater zu säen!
    » Wir könnten das Virginal hierlassen und stattdessen das Silber und die Wäsche mitnehmen«, schlug Felicity vor.
    » Hm«, machte Elizabeth. Andererseits – was konnte es schaden, wenn sie noch einmal hinausritt? Sie könnte sich anhören, was er zu sagen hatte. Alle bisher unausgesprochenen Vorwürfe kämen auf den Tisch, dann würde sie sich selbst ein Urteil bilden können. Vielleicht war alles viel harmloser, als Duncan Haynes sie glauben machen wollte.
    » Bist du sicher?«, fragte Felicity zweifelnd.
    Elizabeth nickte, zuerst zögernd, dann jedoch entschlossen. Sie würde ihn anhören!
    In der Nacht träumte sie davon, Duncan Haynes wiederzusehen. Sie forderte ihn auf, ihr alles über seine Vergangenheit zu erzählen, doch mit unverfrorener

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