Inseln im Wind
Erster das Feuer eröffnet hatte. Seither treibe ich bloß noch Handel, vornehmlich mit Barbados. Mit Gewinnspannen, die hier sicher manch einer als betrügerisch bezeichnen würde. Doch gewissenlos bin ich nicht. Manches in meinem Leben habe ich bereut, kaum dass ich es getan habe.«
» Das mit uns beiden – bereust du das auch?«, fragte sie.
» Tust du es denn?«
» Ich hab zuerst gefragt.«
» Da hast du recht.« Er sprach ohne zu zögern weiter. » Nein. Ich bereue es nicht. Obwohl ich es sollte.«
» Warum? Weil ich verheiratet bin?«
Er lachte.
» Das hat mich noch nie bei Frauen gestört.« Er schüttelte den Kopf. » Nein, es hat andere Gründe.«
Ein Frösteln überlief sie.
» Hängt es mit der Geschichte zusammen? Der von … früher?«
» Als du damals zu dem Cottage kamst, hätte ich dich wieder wegschicken sollen«, sagte er. » Ich dachte, dass du mich nur benutzen wolltest, doch dasselbe wollte ich bei dir tun.«
» Ich wollte nicht … Ich hatte vor dir nie einen anderen Mann!«
» Ja, aber das wusste ich da noch nicht.« Er zögerte und suchte nach Worten. » Dich da draußen zu nehmen, so schnell und rücksichtslos wie eine Hure – auf eine verdrehte Weise habe ich es als Gelegenheit gesehen, deinem Vater das Unrecht, das er meiner Familie angetan hat, heimzuzahlen.«
Sie wollte aufbegehren, wollte ihren Vater in Schutz nehmen. Er hatte nichts Böses getan! Er hatte gesagt, es sei ein Unfall gewesen! Doch dann wartete sie schweigend ab, was Duncan zu sagen hatte.
» Ich hatte es ihm sozusagen angekündigt, weißt du. In dem Jahr, als deine Mutter und deine Geschwister gestorben waren, ging ich zu ihm und gab mich zu erkennen. Als der kleine Junge von damals, dessen Eltern er von seinem Land verjagt hatte. Ich fragte ihn, wie es sich anfühle, so zu leiden. Er griff sich ans Herz und atmete schwer, doch dann reckte er das Kinn und bot mir Satisfaktion an.« Duncan lachte freudlos. » Ich drehte mich um und ging fort, aber vorher sagte ich zu ihm, dass das zu leicht für ihn sei, denn das, was er meiner Familie angetan habe, sei mit dem schnellen Tod eines alten Mannes nicht auszulöschen. Doch noch habe er ja eine schöne junge Tochter. Mit diesen Worten ließ ich ihn endgültig stehen.«
Elizabeth atmete scharf ein.
» Wie konntest du so grausam sein!«
» Hör mich zu Ende an, Lizzie«, bat er. » Das war nur eine Episode der Geschichte. Das wirklich Wichtige geschah viel früher, vor siebenundzwanzig Jahren. Damals war ich vier. Ich hatte dir schon erzählt, wie es anfing. Der Pachtaufseher deines Vaters hat mithilfe von ein paar Bütteln meine Eltern und meine Großmutter mit Stockschlägen von unserem Cottage vertrieben, weil wir die Pacht schuldig geblieben waren. Meine Großmutter wurde dabei so heftig getroffen, dass sie bald darauf starb.«
» Es war ein Unfall!«, sagte Elizabeth vehement. » Mein Vater hat es selbst gesagt!«
» Nein, es war kein Unfall. Ich stand dabei und sehe alles noch genau vor mir. Sie haben auf sie eingeprügelt, weil sie nicht schnell genug aus dem Haus kam. Ein Schlag traf sie am Kopf, davon verlor sie die Besinnung und wachte nicht mehr auf.« Duncan fuhr mit leiser Stimme in seinem Bericht fort.
» Wir hatten uns bei Verwandten meines Vaters im nächsten Dorf verkrochen, doch die waren genauso bitter arm wie wir und konnten uns nicht helfen. Wir alle litten Hunger. Ich erinnere mich noch an das nagende, schmerzende Gefühl in den Eingeweiden. Hunger tut weh, Lizzie. Hätten wir noch auf dem Cottage bleiben dürfen, hätten wir wenigstens das Boot weiter nutzen und fischen oder im Obstgarten die Äpfel pflücken können. Aber so … Wir aßen Stroh, Lizzie. Meine Mutter war hochschwanger.«
Schockiert blickte Elizabeth ihn von der Seite an. Sein Gesicht war im Mondlicht hart und unbewegt.
» Mein Vater hätte niemals zugelassen, dass seine Pächter solche Not leiden!«
» Nun, es hieß, er könne nicht anders, da die Gerechtigkeit es erfordere.«
Elizabeth erinnerte sich, dass ihr Vater tatsächlich so etwas erwähnt hatte. Mit einem Mal fror sie.
» Das war nicht alles«, sagte Duncan. » Meine Mutter fürchtete, dass wir alle verhungern. Sie fasste den kühnen Plan, den Viscount um Gnade anzuflehen. Also ging sie ohne Wissen meines Vaters – der das niemals geduldet hätte – nach Raleigh Manor, um sich vor deinem Vater in den Staub zu werfen. Das tat sie dann auch, als er gerade von der Jagd kam. Er ritt sie einfach nieder, ließ
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