Inselsommer
die begeisterte Gastgeberin.
»Dann nehme ich gern die Suppe und den Kuchen als Nachtisch«, antwortete Ineke lächelnd, und ich folgte den dreien ins Haus. Während Vero in der Küche wirbelte, schaute Ineke Alwart aus dem Fenster auf den prachtvollen Garten. »Gärtnern ist leider das Einzige, was ich in meinem Wäldchen nicht kann. Ich träume schon so lange davon, in Beeten zu wühlen und den Pflanzen beim Wachsen zuzusehen.« Sie schnupperte. »Mhm, das duftet ja köstlich. Natürlich haben sich Veros Kochkünste und die tolle Küche im Büchernest längst bis zu mir herumgesprochen. Aber ich bin immer so mit meiner Malerei beschäftigt, dass ich mich manchmal einfach nicht aufraffen kann. Aber ich muss unbedingt mal im Buchcafé vorbeischauen. Vor allem da ich auch bald neuen Lesestoff brauche.«
Hinrich schmunzelte vergnügt und führte Ineke an ihren Platz. »So, nun lassen Sie es sich erst einmal bei uns schmecken. Alles andere hat Zeit.«
Nachdem wir zwei Stunden gemütlich beisammen gesessen, geplaudert und Pläne für die Vernissage geschmiedet hatten, fuhr ich nach Hause und traf auf Bea. Sie jätete Unkraut und war so sehr in Gedanken, dass sie mich zunächst nicht bemerkte.
»Oh, mein Gott, Paula, hast du mich erschreckt«, rief sie aus, als ich direkt vor ihr stand, und griff sich ans Herz.
»Tut mir leid, aber ich habe ein paarmal gerufen.«
Bea rappelte sich mühsam auf und stöhnte.
»Scheint, dass nicht nur meine Ohren schlappmachen, sondern auch meine Knie. Momentan fühle ich mich so steif wie das Brett, das ich wohl vor dem Kopf habe. Aber wie verlief denn euer Treffen?«
Wir setzten uns nebeneinander in den Strandkorb und wickelten uns in Decken, weil es mittlerweile recht frisch war. Ich brachte Bea auf den neuesten Stand. Doch das Wichtigste – Patricks Mail – ließ ich aus.
»Das klingt vielversprechend«, bemerkte Bea und schaute lächelnd in den Abendhimmel, über den der sanfte Sommerwind die Wolkenberge trieb. Um uns herum zwitscherten munter die Vögel. Ein frecher Spatz hüpfte vor unseren Füßen auf und ab und hoffte offensichtlich auf ein Stückchen Brot.
»Jetzt müssen wir nur noch eine Lösung fürs Büchernest finden und den Hotelbau verhindern, dann ist alles im Lot«, seufzte Bea. »Das Dumme ist nur, dass mir momentan nichts einfallen will. Ich hätte mich schon viel früher damit beschäftigen sollen. Offenbar habe ich den Gedanken, dass Lissy wirklich ernst macht, komplett verdrängt.«
»Nun mach dir deshalb keine Vorwürfe«, beschwichtigte ich sie. »Noch ist Zeit genug. Larissa wird sowieso erst aufbrechen, wenn alles geregelt ist. Sie weiß doch, wie sehr dir das Büchernest am Herzen liegt.«
Bea seufzte erneut.
»Am meisten ärgert mich, dass ich im Laufe der Jahre immer gefühlsduseliger statt gelassener geworden bin. Keine Ahnung, woher der Begriff der Altersweisheit stammt oder ob man dafür einfach
noch
älter werden muss. Und daran ändern auch meine Meditations- und Yogastunden nichts.«
»Aber wer weiß, wie du dich ohne sie fühlen würdest«, hielt ich dagegen. »Apropos Yoga: Ich bin ja sehr gespannt, wie Ina es verkraftet, dass du bald mit Adalbert zusammenwohnst.«
Bea grinste.
»Meinst du, ich sollte sie zu unserer Einweihungsparty einladen?«
Wie auf Kommando brachen wir beide in schallendes Gelächter aus. Der Spatz zu unseren Füßen erschrak und flüchtete auf den nächstgelegenen Baum.
61 . Kapitel
A ls ich am frühen Samstagnachmittag mit Helen am Strand spazieren ging, begleitet von einem Schwarm Seeschwalben und dem rauschenden Wind, sah die Welt schon freundlicher aus. Der erste Schock, ausgelöst durch das Wort
Scheidung,
hatte sich ein wenig gelegt. Der erwachsene Teil in mir sagte: Hey, wieso wunderst du dich? Ihr lebt getrennt voneinander, Patrick ist jetzt Vater. Natürlich beginnt er sein Leben neu zu ordnen und du deins.
Die andere Paula war immer noch verletzt, wehmütig und rebellierte. Ich war wirklich froh, dass Helen übers Wochenende hier war!
Wir hatten die sonnenhungrigen Urlauber am Strand von Kampen hinter uns gelassen und erfreuten uns nun am grandiosen Naturschauspiel der Wellen und Wolken.
»So etwas fehlt natürlich in Hamburg«, sagte Helen und blickte fasziniert zum Horizont, wo sich malerisch zwei Segelschiffe abzeichneten. Mit etwas Fantasie kam man sich wie in einem maritimen Schifffahrtsgemälde vor. Ohne uns groß zu unterhalten, gingen wir weiter und stemmten uns gegen den kräftigen Wind.
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